Mittwoch kam der Gatte wieder ins Krankenhaus. Donnerstag gab's die erste OP, die erfolgreich verlief. Danach prallte er dann hart mit der Wirklichkeit zusammen: Ihm wurde klar, dass als nächstes amputiert wird. Das ist schon seit Wochen im Gespräch, aber bei jedem Arztgespräch machte der Gatte einen abwesenden Eindruck, blendete diese Tatsache komplett aus. Noch vor zwei Wochen meinte der Chirurg, er habe den Eindruck, der Gatte nähme das nicht wahr, und vorgestern bat er mich, bei dem Gespräch mit dem Gatten dabei zu sein. Für den Gatten brach eine Welt zusammen.
Die OP war gestern, und als ich nachmittags zum Gatten kam, ging's ihm psychisch schon wesentlich besser, war er dabei, das Geschehen zu verarbeiten. Er hat jetzt drei Stents mehr und einen Zeh weniger. Die Stents zeigten übrigens sofort Wirkung: Das linke Bein ist plötzlich warm, wird durchblutet. Das rechte Bein ist weiterhin eiskalt. Das kommt bei den Stents aber auch noch zeitnah an die Reihe.
Der Gatte muss noch bis kommende Woche im Krankenhaus bleiben, muss strikte Bettruhe halten, damit die Wunde heilen kann. Sich nicht bewegen zu dürfen, ist die Hölle für ihn, und sein Bettnachbar ist zudem recht unausstehlich.
Zu Hause müssen wir dann gucken, wie es mit dem Laufen wird, und dann haben wir ja ein Haus voller Treppen. Laut Arzt braucht der Gatte weder Physio (Gehtraining) noch Reha. Wir sind gespannt. Wir hätten gerne einen Pflegedienst für den Verbandswechsel, denn wir können nicht beurteilen, ob die Wunde gut heilt, aber es gibt keinen Pflegedienst. Der Aufwand für Verbandswechsel ist im Vergleich zu den erstatteten Kosten zu hoch, selbst, wenn wir das privat zahlten. Ich muss schauen, dass ich eine Lösung finde, denn wir hätten schon gerne jemand, der weiß, was er tut, im Gegensatz zu mir.
Gestern telefonierte der Gatte mit seiner Mutter, die überglücklich war, seine Stimme zu hören, denn seit Mittwoch musste sie mit mir Vorlieb nehmen. Wir waren Dienstag noch bei ihr, und sie merkte, wie angespannt der Gatte wegen der OP war (da dachte er ja auch noch, es wird nur eine). Er war so angespannt, dass er den Rosenkranz annahm, den seine Mutter ihm gab, und den sogar mit ins Krankenhaus nahm. Die Erleichterung, dass der Gatte alles gut überstand, ist auch bei ihr groß!
Aktuell bin ich zwei Mal am Tag für je zwei, drei Stunden im Krankenhaus beim Gatten. Zwischendrin arbeite ich, versuche mich am Haushalt und suche fehlende Steuerunterlagen zusammen ... Es ist mal wieder einfach zu viel, wie ich an nächtlichen Panikattacken merke. Nur: Nützt ja nichts.
Ohne den Gatten ist das Haus so leer. Wir haben außerdem in diesen Tagen Silberjubiläum, das wir getrennt voneinander feiern müssen. Aber das können wir nachholen, also ist alles gut, wie es ist. Der Gatte überlegt, unseren Hochzeitstagsurlaub zu stornieren, beschloss aber, abzuwarten. Seeluft würde ihm auf jeden Fall gut tun, und ein barrierefreier Strandzugang mit einem Bänkchen wird sich finden.
Als ich Freitag Abend aus dem Krankenhaus kam, dankbar und glücklich, dass der Gatte auch die zweite OP gut überstand, blickte ich in einen zauberhaften Sternenhimmel. Es ist so schön, dass wir hier einen Sternenhimmel sehen können! Das war in Hamburg höchstselten möglich.
Diese Woche war ich in meiner ehemaligen Frauenarztpraxis, nachdem es in der lindgrünen Hölle ja keine Alternative zu der Ärztin gab, mit der ich nicht zurecht kam. Die bisherige Praxis ist eine Gemeinschaftspraxis, und so landete ich bei dem Arzt, bei dem ich schon mal, der der Meinung war, der Horror-Hormon-Tante gehöre die Approbation entzogen. Er findet die Hormon-Ersatztherapie zwar nicht optimal, weil es bei dem gewählten Präparat das Risiko einen Hirn-Tumors gibt, verschreibt sie mir aber weiterhin, weil meine Blutwerte vierteljährlich überwacht werden, man eine Krebserkrankung also rechtzeitig erkennen könnte. Wobei: Angeblich habe ich ja ohnehin seit Jahren Krebs ... Ich übe mich einmal mehr in dem Versuch, gelassen zu bleiben. Die große Hoffnung ist, dass ich zeitnah in die Wechseljahre komme und keine Hormone mehr brauche. Wenn ich allerdings nach meiner Mutter komme, wird das noch einige Jahre dauern.
Mittwoch war der Tag, an dem die Demokratie zerbrach. Morgens beging der Bundestag eine Feierstunde zur Erinnerung an den 80. Jahrestag der Befreiung des KZ-Auschwitz, ließen sich CDU-Politiker mit #weremember-Schildern vor dem Bundestag fotografieren, und nachmittags bejubelten sie mit Nazis einen im Prinzip völlig irrelevanten Entschließungsantrag (irrelevant, weil nicht umsetzbar). Heuchler galore. Vorgestern scheiterte zwar das CDU-Vorhaben, ein in großen Teilen rechtswidriges Gesetz mithilfe der Nazis durchzubringen, aber die Weichen für eine blau-schwarze oder schwarz-blaue Regierung sind gestellt (und die Gelben würden sich nur zu gerne beteiligen, wenn sie denn wieder in den Bundestag kommen). Es ist erschreckend, wie CDU und FDP eins zu eins AfD-Sprech übernehmen und schamlos lügen, Verbrechen wie Gruppenvergewaltigungen erfinden, um Stimmung zu machen. Die kommenden tausend Jahre werden grauenvoll.
Dass jetzt wieder so viele Menschen auf die Straße gehen, ist schön. Ich bezweifle allerdings, dass es etwas bringt. Der Wille der Politik, die Sorgen der Zivilgesellschaft ernst zunehmen, fehlt. Der Zeitpunkt für ein AfD-Verbot ist vorbei.
Diese Woche wurden elf Geiseln der Hamas freigelassen, nach 15 Monaten. Die Inszenierungen rund um die Übergabe waren teilweise an Grausamkeit nicht zu überbieten und erinnern an einen Lynchmob. Grausam ist auch, dass das Schicksal von Shiri Bibas und ihren Söhnen Kfir und Ariel weiterhin unklar ist. Absprache war, dass die noch lebenden Frauen und Kinder zuerst freikommen, und dass die Bibas' nicht darunter sind, lässt befürchten, dass sie ermordet wurden. Was für eine Folter für Yarden Bibas, der gestern freigelassen wurde und nicht weiß, was mit Frau und Kindern ist! Bring them home now gilt weiterhin, bis die letzte Geisel befreit ist!
Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.
Gut, dass der Gatte die OP so gut überstanden hat. Weiterhin gute Besserung. Ihr schafft das, ihr habt schon schwierigeres gemeistert.
AntwortenLöschenAndrea
Ich wünsche gute Besserung und viel Kraft! LG, Silke
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