Samstag, 29. November 2025

Samstagsplausch KW 47/25 und 48/25: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXCVII und CCXVIII

Es gibt dieses Jahr dann
doch noch ein bisschen
Adventsstimmung.
Die letzten beiden Wochen waren ziemlich anstrengend. Eigentlich wollte ich mir nach der Woche mit Trauerfeier und Beisetzung eine ruhige Woche gönnen, bevor diese Woche die Räumung des Lagers auf dem Plan stand, aber das ging sich nicht aus. Es war einfach zu viel zu erledigen, und dazu kamen noch ziemlich viele "Mal-Ebens". Ich bin unwahrscheinlich erschöpft und müsste eigentlich einiges an Papierkram abarbeiten, Rechnungen bezahlen, Wäsche machen undundund, aber mir fehlen die Kraft und die Konzentration.

Die Lagerräumung war zum Glück weniger aufwändig als befürchtet, denn überraschenderweise war das Lager fast leer! Ich frage mich seit einer Woche, ob der Gatte zwischendrin mal da war und ein paar Dinge mitnahm oder entsorgte, aber eigentlich fuhr er seit Sommer 2024 nicht mehr selbst Auto. Jedenfalls war es eine unwahrscheinliche Erleichterung, nicht bis zur Erschöpfung arbeiten zu müssen. Ich nahm ein paar Erinnerungen, zwei Möbel, die der Gatte baute, meine Sachen und ein paar Dinge, die ich hoffentlich verkaufen kann, mit. Um den Rest wird sich ein Entrümpler kümmern. Morgen auf dem Rückweg von Schwiegermutter gucke ich nochmal kurz im Lager vorbei, um sicherzugehen, dass ich nichts übersah, was mir wichtig ist. 

So blieb dann diese Woche auch Zeit für Schönes wie Wolle kaufen. Frühstück im Hofladen-Café und Besuch des Kunsthandwerkermarkts im Freilichtmuseum. 

Hier galt 293 Wochen: Der Gatte und ich waren coronabedingt weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall, im sechsten steckte er sich bei einem neunwöchigen Krankenhausaufenthalt mit Candidozyma auris an. An der Pilz-Infektion starb er im Oktober 2025 im Alter von 64 Jahren. Seit Woche 294 versuche ich mich, im Alleinleben zurechtzufinden. Jetzt ist Woche 298.

Ich hatte gehofft, dass jetzt Ruhe einkehrt, aber das Leben sieht es leider anders und wirft mir immer wieder Steine vor die Füße. Mein kleines Auto, das Karlchen, ist nicht mehr fahrtüchtig und muss in eine Werkstatt geschleppt werden. Der Schrauber, bei dem ich sonst immer war, sagte schon im Frühjahr, ich solle besser mal direkt zu Opel fahren, weil er den Fehler in der Zentralverriegelung nicht beheben kann. Jetzt ist die gesamte Elektrik außer Gefecht gesetzt. 

Hier gibt es drei Opel-Werkstätten, die allesamt nur mit dem Auto zu erreichen sind, weswegen ich die Werkstattsuche erstmal aufschob, weil der Gatte wichtiger war und wir ja zum Glück zwei Autos haben. Jetzt half es nichts. Ich klapperte alle drei Werkstätten ab. Opel 1 beschied mir, bei einem acht Jahre alten Auto lohne sich keine Reparatur mehr, weil die Garantie ja abgelaufen sei, gab mir aber großzügiger Weise einen Termin im März. Opel 2 beschied, ja, ich hätte das Auto zwar in einer Filiale der Kette gekauft, aber die Filiale sei ja inzwischen geschlossen, weswegen man keine Unterlagen mehr habe. Man müsse gucken, ob eine andere Filiale den Wagen nehmen würde. Da die Filialen nicht direkt anrufbar sind, sondern zurückrufen, kamen wir nicht zusammen. Bei Opel 3 hörte sich die Kundendienstmitarbeiterin an, was Sache ist, meinte: "Warten Sie mal, ich rufe mal direkt den Chef ans Telefon - oh, er hört sogar!" Der Chef befand, ich solle den Wagen mal dorthin schleppen lassen und dann gucke man ihn sich an, wenn eine Lücke sei. 

Ich hoffe also, dass der ADAC Montag das Auto zu Opel schleppt, dass das Karlchen irgendwann im Laufe der kommenden Wochen wiederbelebt werden kann, und dass der Opel des Gatten mich solange zuverlässig fährt. Ich habe nämlich beschlossen, Weihnachten nicht mit dem Zug zur Tante zu fahren, sondern wie sonst auch mit dem Auto und mit Stopp in Hammelburg. So bin ich vor Ort unabhängiger. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Mittwoch, 19. November 2025

#12von12 im November 2025

Caro von "Draußen nur Kännchen" sammelt jeden Monat am 12. des Monats 12 Impressionen des Tages - vielen Dank dafür! 

#1: Schnuffi ist der Meinung, ich muss aufstehen.

#2: Durch den Besuch von Schwiegermutter und Tante ist die Spülmaschine endlich mal wieder ausgelastet und wird gleich morgens angestellt. So kann ich sie nachmittags schon wieder ausräumen.

#3: Dem Gatten "Guten Morgen" sagen.

#4: Doch, doch, Milchkaffee und Kekse sind ein vollwertiges Frühstück.

Dies ist mein erster #12von12-Beitrag als Witwe. Im letzten Monat lebte der Gatte noch, konnten wir ein letztes Mal zusammen in der Stube frühstücken. Drei Tage später wich der Esstisch dem Pflegebett des Gatten. Keine zehn Tage später starb der Gatte zu Hause und in meinen Armen - wie er es sich am 28. August wünschte, nur halt wenigstens 20 Jahre zu früh. 

#5: Sonnenaufgang. Auf der Bank saß ich mit dem Gatten händchenhaltend am 12. Juni. Das dürfte einer seiner letzten Spaziergänge gewesen sein.

#6: Warten auf Schwiegermutter und Tante, dabei lesen*.

#7: Grab gucken. Schwiegermutter ist mit meiner Wahl einverstanden (und wenn nicht, wäre jetzt eh keine Änderung mehr möglich, denn der Gatte wird morgen beigesetzt).

#8: Eine Kerze für den Gatten anzünden. 

Gestern war die Trauerfeier, morgen ist die Beisetzung. Heute ist frei, damit Schwiegermutter, Tante und ich uns ausruhen können. 

#9: Teezeit mit Frankfurter Kranz, dem Lieblingskuchen des Gatten.

#10: Reicht dann auch für heute. Erstaunlich, wie viel zusammenkam, obwohl wir wegen Tante so viele Strecken wie möglich mit dem Auto fuhren.

#11: Füße hoch und stricken. Das wird die letzte Spendensocke für dieses Jahr. Nach dem Tode des Gatten mag ich irgendwie nicht mehr stricken.

#12: Der Sofa-Schlafhase zog zu mir ins Bett, denn der Bett-Schlafhase ist beim Gatten. Vorm Einschlafen wird noch etwas gelesen*.

Der Blick zurück in die ersten fünf Corona-Jahre: Am 12. November 2020 dachten wir noch, mit der Behandlung der Augenerkrankung des Gatten wäre das schlimmste ausgestanden, ahnten nicht, was noch kommen sollte, schrieb ich wöchentliche Postkarten an Tante, damit sie nicht so alleine ist, weil sie uns nicht besuchen konnte. Am 12. November 2021 fand eine Tagung noch als Videokonferenz statt, hatte ich die Hoffnung, dass sich Corona irgendwann erledigt. Am 12. November 2022 hatten wir noch die Hoffnung, spätestens im April umziehen zu können. Am 12. November 2023 pendelten wir noch immer zwischen Wohnung und Baustelle, hatten aber immerhin schon mal den Umzug terminiert. Am 12. November 2024 hatte der Gatte schon Probleme mit seinen Füßen, nahm darauf aber entgegen ärztlichen Rats leider keine Rücksicht. / *Affiliate links  

Samstag, 15. November 2025

Samstagsplausch KW 46/25: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXCVI

Was für eine Woche!

Sonntag war ich im Klezmer-Konzert in der Kirche. Bei Klezmer, den Nicht-Juden interpretieren, bin ich immer skeptisch, umso mehr, wenn es ein Konzert zur Erinnerung an die Novemberpogrome ist. Mischpoke aber ist echt gut und machte das Genre zu ihrem Ding. Das Konzert machte echt Spaß! Damit ich nicht wieder das heulende Elend bekomme, wenn ich in ein leeres, dunkles Zuhause zurückkomme, habe ich eine Stehlampe in der Stube an eine Zeitschaltuhr angeschlossen. Die schaltet die Lampe zum Einbruch der Dunkelheit ein, egal, ob ich zu Hause bin oder nicht. So vermeide ich es auch, nach einem Tag im Arbeitszimmer in eine dunkle Stube zu kommen. Selbstfürsorge halt. Nachmittags brachte die rechte Nachbarin Kuchen und eine Flaschen Stärkungssaft vorbei - so lieb!

Diese Woche war ich in einem Kirchenkonzert.

Dienstag war die Trauerfeier für den Gatten, und sie war überwältigend! Wir gingen bei der Planung davon aus, dass nur Schwiegermutter, Tante und ich da sein würden, entschieden uns dann aber doch für den großen Trauersaal. Der kleine mit sieben Plätze sagte mir nicht zu, und ich dachte, wir sitzen ja eh in der ersten Reihe, da ist es egal, wenn die Reihen hinter uns leer sind. Kaffee und Kuchen bestellten wir für zehn, die Mindestzahl, denn ich hatte keine Lust, nach der Trauerfeier mit Schwiegermutter und Tante irgendwo beim Bäcker zu sitzen. Stattdessen nutzten wir das Trauercafé des Bestatters, und notfalls hätten wir in den kommenden Tagen reichlich Kuchen gehabt. 

Montag Abend wusste ich, wir werden neun sein, kündigte sich die 90jährige Ostsee-Tante an, gefahren von meinem 72jährigen Cousin.

Dienstag waren wir dann plötzlich mehr als doppelt so viele! Die Sandkastenfreundin des Gatten sagte zum ersten Mal in 40 Jahren eine Trainingsstunde ab und kam, obwohl die beiden seit Jahrenden keinen Kontakt mehr hatten. Schwiegermutter wollte nicht, dass ich ihr Bescheid gebe, aber gerade weil ich um ihre enge Beziehung zum Gatten wusste, wäre mir alles andere falsch vorgekommen. Meine Chefin und meine Kollegin kamen, obwohl sie alles für eine große Tagung am kommenden Tag vorbereiten mussten. Zwei von Schwiegermutters ebenfalls 90jährigen Freundinnen kamen trotz langer Anreise. Ich kam aus dem "Was machst du denn hier?!" bzw. einem "Und Sie sind bitte wer?!" gar nicht mehr heraus. Die rechten und überrechten Nachbarn kamen, und der überrechte Nachbar betonte beim Abschied nochmal, dass er es ernst meinte, als er sagte, er helfe mir beim Andübeln und Zusammenbauen von Regalen, beim Sichten der Werkstatt etc. 

Der Bestatter rotierte angesichts des unerwarteten Ansturms. Damit der Kuchen für die doppelte Menge Trauergäste reichte, wurden die Stücke kurzerhand halbiert (Getränke waren genug da). Schwiegermutter lobte hinterher die kleinen mundgerechten Kuchenstücke, die genau die richtige Häppchengröße gehabt hätten ... 

Wenn ich nochmal eine Beerdigung organisieren muss, setze ich in die Traueranzeige ein "uAwg bis". Diesmal verzichtete ich aus Pietät und Takt darauf, weil man das einfach nicht macht, aber es erleichtert die Organisation ungemein.

Am sonnigen Donnerstag war dann die Beisetzung, und ich war heilfroh über meine Entscheidung, sie getrennt von der Trauerfeier zu terminieren, denn so sehr ich mich zwei Tage vorher über die vielen Trauergäste freute, so froh war ich jetzt, mich in Ruhe vom Gatten verabschieden zu können. So folgten dann nur Schwiegermutter, Tante und ich dem Sarg. Ich hatte mir keine Gedanken gemacht, wie die Sargträger wohl aussehen, war ewig bei keiner Erdbestattung mehr, und war erstaunt, dass sie wie in Hamburg Lutherrock, weiße Halskrause, Handschuhe und Dreispitz trugen. Das war sehr würdevoll und feierlich, auch ihr Abschiedsgruß, als sie den Sarg mit dem Gatten in die Erde ließen. Den Gatten so tief unten unter der Erde zu wissen, ist fürchterlich, vor allem, weil der Gatte als Soldat verschüttet wurde und davon traumatisiert war. Deswegen war ich erstaunt, dass er sich für eine Erdbestattung entschied. Möge ihm die Erde leicht sein!

Eigentlich wollte ich mir die komplette Woche für die Trauerfeierlichkeiten freihalten, weil ich wusste, sie würden mich sehr mitnehmen. Wider besseres Wissen brachte ich dann doch noch einiges auf den Weg wie die Beantragung eines Erbscheins, verschiedene Vertragskündigungen usw. Die Grabgestaltung steht im Großen und Ganzen, so dass ich kommende Woche Steinmetz und Friedhofsgärtner beauftragen kann - wieder zwei Posten, die ich von der Liste streichen kann.

Schwiegermutter tut mir gegenüber weiterhin so, als wäre ich die besser Schwiegertochter von allen, allerdings merkte ich auf der Trauerfeier schon, dass sie hinter meinem Rücken anders über mich redet. Es wäre ja auch ein Wunder, hätte sie sich geändert. Sie war auch ziemlich ungehalten, als sie registrierte, dass ich Tante und sie gestern nur nach Hause fuhr, nicht noch mit in die Wohnung zum Mittagessen kommen wollte. Es ging ihr nicht um das Mittagessen, sondern darum, dass sie jemanden brauchte, der sich wieder mal um ihr Taschentelefon kümmert, mit dessen Nutzung sie heillos überfordert ist. Mit Tante stritt sie sich durchgehend. Im Hotel war dann auch noch Tantes Zimmer größer und schöner als ihr Zimmer, was eine endlose Litanei zur Folge hatte. Ich freute mich für Tante, dass sie endlich mal das bessere Zimmer hatte, denn normalerweise ist es umgekehrt. Das Hotel nahm allerdings Rücksicht auf Tantes Gehwagen, und so bekam sie eines der barrierefreien Zimmer, die nun mal größer sind. Schwiegermutter war der Ansicht, man habe sie in einer Abstellkammer untergebracht, und ich bekam strikte Anweisung, bei der nächsten Hotelbuchung darauf hinzuweisen, dass sie keinesfalls wieder dieses Zimmer haben möchte, denn das dürfe gar nicht vermietet werden. Ja, nee, is klaa.  

Wir besprachen, was Weihnachten gekocht wird, denn wir drei Witwen werden zusammen bei Tante in Dachau sein. Anders als im Vorjahr war Schwiegermutter damit einverstanden, dass wir das Essen für die drei Feiertage bei Snowfrost bestellen, waren in zehn Minuten mit der Speiseplanung durch. Ich bezweifle allerdings, dass sich Schwiegermutter an unsere Absprachen halten wird.  

Ansonsten merke ich, dass ich unwahrscheinlich erschöpft bin. In den letzten Monaten habe ich mir so sehr gewünscht, endlich mal ausschlafen zu können, ungestört schlafen zu können, aber jetzt, wo ich es könnte, habe ich Schlafstörungen, komme nachts einfach nicht zur Ruhe. 

Es ist ungewohnt, aber ich versuche tapfer, die Hände, die sich mir entgegen strecken, zu greifen, mich auf das Netz, das sich um mich herum spinnt, zu verlassen. Ich bin es so sehr gewohnt, nur mit dem Gatten an meiner Seite zu sein, dass es jetzt sehr befremdlich ist, dass da noch andere Menschen sind. Mal schauen, wie sich das entwickelt. 

Was mich unwahrscheinlich verletzt und wütend macht, sind Kommentare zum Tod des Gatten, aus denen hervorgeht, dass er kein lebenswertes Leben mehr hatte. Ich weiß ja seit Corona-Beginn, dass Schwerkranke und chronisch Kranke Ballastexistenzen sind, aber dass mir jemand ins Gesicht sagt, dass der Gatte kein lebenswertes Leben mehr führte, ist hart. Sicher, der Gatte war schwerkrank, aber ohne die Pilzinfektion hätte er weiterleben können, hätte viele seiner Pläne umsetzen, Wünsche und Hoffnungen erfüllen können. Nun, angesichts der letzten Äußerungen unseres Möchtegern-Gesundheitsministers und Arzt-Darstellers müssen wir uns wohl daran gewöhnen, das Euthanasie wieder hoffähig geworden ist. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir Ballastexistenzen wieder ausgemerzt werden. 

Hier galt 293 Wochen: Der Gatte und ich waren coronabedingt weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall, im sechsten steckte er sich bei einem neunwöchigen Krankenhausaufenthalt mit Candidozyma auris an. An der Pilz-Infektion starb er im Oktober 2025 im Alter von 64 Jahren. Seit Woche 294 versuche ich mich, im Alleinleben zurechtzufinden. Jetzt ist Woche 296.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Samstag, 8. November 2025

Samstagsplausch KW 45/25: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXCV

Sonntagnachmittag war ich im Kino und bekam das heulende Elend, als ich ein dunkles Haus zurückkehrte. Normalerweise wäre der Gatte da gewesen, hätte den Kamin angemacht und das Abendessen fertig, wenn er nicht mit ins Kino gekommen wäre. Das Mitkommen wäre bei "Amrum" allerdings nicht ratsam gewesen, denn da wird sehr detailliert gezeigt, wie Kaninchen gemeuchelt werden, und das hätte seine hasophile Seele nicht verkraftet. 

Als ich Mittwoch ins Theater ging, war ich schlauer: Ich ließ im Wohnzimmer eine Lampe an. Wobei: Mittwoch wäre der Gatte normalerweise mitgekommen, denn er wollte "Marlene Jaschke" sehen. Wir wären dann vorher Essen gegangen. Aber zu zweit in ein dunkles Zuhause zu kommen, ist etwas anderes, als alleine in ein dunkles Zuhause zu kommen in dem Wissen, dass da bis vor Kurzem noch jemand da war, der auf einen wartete. 

Hier galt 293 Wochen: Der Gatte und ich waren coronabedingt weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall, im sechsten steckte er sich bei einem neunwöchigen Krankenhausaufenthalt mit Candidozyma auris an. An der Pilz-Infektion starb er im Oktober 2025 im Alter von 64 Jahren. Seit Woche 294 versuche ich mich, im Alleinleben zurechtzufinden. Jetzt ist Woche 295.

Ich versuche, alles ruhig anzugehen, mich nicht zu überfordern, denn ich erkenne meine Grenzen angesichts der Überforderungen der letzten Monate, Jahre nicht mehr. So achte ich denn auch immer wieder auf Pausen, setze mich mit Tee und Zeitung oder Strickzeug in den Relax-Sessel des Gatten und schaue in den Garten. Ich habe noch immer Probleme, mich zu konzentrieren und bin gespannt, wie es mit dem Arbeiten klappt. Eine Wiedereingliederung habe ich abgelehnt - ich wäre länger unterwegs als im Büro. An meinen Heimbüro-Tagen kann ich mich ohnehin jederzeit ausloggen und Pause machen, wenn ich es brauche, und für die beiden Echtbüro-Tage wird sich notfalls eine Lösung finden. Bis dahin sind aber ohnehin noch drei Wochen Zeit. Ansonsten schlage ich mich mit diversen Maladien wie Dauerkopfschmerzen, Schlafstörungen und Refluxösophagitis herum.

Ich habe einen Grabstein für den Gatten ausgesucht und hoffe, er ist mit der Wahl zufrieden. Es ist Säulenbasalt, der sich im Laufe der Jahre verändern wird. Genaugenommen sind es zwei einzelne Säulen, die sich zueinander neigen. Das passt sehr gut zu unserem Traugedicht "Von der Ehe" von Khalil Gibran. Da man für alles auf dem Friedhof eine Baugenehmigung braucht, kommen gleich ein Ewiges Licht, eine Vase, ein Sitzpoller und eine Vogeltränke mit Bronzehasen dazu. So ist einmal alles komplett, fange ich nicht in ein paar Jahren wieder an. Ich muss mich dann auch um meine eigene Beerdigung kümmern, festlegen, wer für die Grabpflege etc. verantwortlich ist, denn wenn ich zum Gatten komme, kann das Grab erst nach 25 Jahren aufgelöst werden. Da wir keine Kinder oder andere Verwandten haben, bin ich gerade etwas überfragt, wem ich diese Verantwortung aufbürde - notfalls dem Verein, der irgendwann mal alles erbt. Das wird sich aber auch finden.

Ich habe spontan einen kleinen Tisch für den Relax-Sessel gekauft. Der fehlte mir schon in den letzten Lebenswochen des Gatten. Da improvisierten wir mit einem Stuhl. Ich bin stolz, dass ich es schaffte, das Tischchen selbst zusammenzubauen. Das ist bei Möbeln von Jysk einfacher als bei Möbeln von Ikea, an denen ich zuletzt auch immer wieder verzweifelte. Das Möbel scheint auch insgesamt wertiger als die letzten Möbel, die wir bei Ikea kauften, und es wurde auch an Filzgleiter gedacht, anders als bei Ikea. Jysk hat zudem den Vorteil, dass eine Filiale im hiesigen Gewerbegebiet ist, ich nicht 40 km nach Hamburg fahren muss. 

Fliederbeere und die kleine Rose, die ich im August aus dem Krankenhaus rettete, sind endlich eingepflanzt. Ich hoffe, beides wächst gut an. 

Die Einkäufe des Gatten, die ich noch zurückgeben konnte, sind retourniert, ein paar der anderen Artikel sind per Kleinanzeigen inseriert, zwei sind auch schon verkauft. Ich hoffe, so bekomme ich schnell Platz. Der Gatte hatte ja bis zuletzt die Hoffnung, wieder gesund zu werden, wieder sehen zu können, an seiner Werkstatt und an der Modellbahn weiterbauen zu können, und kaufte bis zuletzt ein. Es wird lange dauern, bis ich den Nachlass aufgelöst habe. Von den Modellen mag ich mich nicht trennen und muss mal gucken, wo ich die unterbringe, wenn Ende des Monats hoffentlich der Lagerraum des Gatten aufgelöst ist. Ich sehe mich schon einen Lagerraum in den lindgrünen Hölle mieten ... 

Für die Auflösung des Lagerraums in Hamburg habe ich einen günstigen Sperrmülltermin für Metall- und Elektroschrott ergattert. Genaugenommen darf ich den Schrott aus Hamburg nicht in Buchholz entsorgen, aber egal. In Hamburg kann ich die Sachen nur als immens teuren Gewerbeabfall entsorgen, weil sie nicht aus einem Privathaushalt stammen, sondern aus einem Lagerraum, und der ist für die Stadtreinigung immer gewerblich, auch, wenn er privat genutzt wird. Ich hoffe, ich kann eine Tour in Hamburg mit einer Hamburger Freundin machen, denn die Entsorgung in Hamburg ist günstiger als in der lindgrünen Hölle (und die Anzahl der zu entsorgenden Gegenstände ist auch nicht begrenzt). Ich fahre zwar immer noch einen Wagen mit Hamburger Kennzeichen, aber es werden auch die Ausweise kontrolliert.

Angesichts der Fülle der Gerätschaften in der Werkstatt hatte ich die Idee, einen privaten Heimwerker-Flohmarkt zu veranstalten, sobald ich halbwegs einen Überblick habe. Einer der Abholer fragte auch schon, ob er mal gucken solle, was er mir abkaufen könne. Ich melde mich bei ihm, sobald ich soweit bin. 

Ich habe angefangen, die ersten Verträge des Gatten zu kündigen. Lustig wird es mit zwei Lebensversicherungen, denn von beiden fehlen seit Schwiegermutters Umzug vor fünf Jahren die Policen bzw. bei einer ist unklar, ob der Gatte überhaupt eine Police bekam oder sein Arbeitgeber. Dusseligerweise wusste nicht mal mehr der Gatte, welcher Arbeitgeber sie als vermögenswirksame Leistung abschloss. Na ja, komplizierter als die Übernahme der Konten meiner Mutter bei ihrer zweiten Hausbank kann es auch nicht sein. Die Bank schickte gerade die jährliche Erinnerung, dass ich nachweisen soll, dass ich meine Mutter bin, die ihren Namen in meinen änderte. Der Nachweis lässt sich schon aus biologischen Gründen nicht erbringen. Strebeurkunde? Notarielles Testament? Erbschein? Generalvollmacht über den Tod hinaus? Alles irrelevant, solange ich nicht nachweisen kann, dass ich meine Mutter bin, die meinen Namen annahm. Aber ich habe ja jetzt Zeit, das Problem anzugehen, und ich bin sehr dankbar, dass ich es mir leisten konnte, das Konto bislang links liegen zu lassen, denn solange ich nicht nachweisen kann, dass ich meine Mutter bin, komme ich nicht an das Geld. Der Gatte hat zum Glück nur ein Konto bei unserer gemeinsamen Hausbank. Das macht manches einfacher.

Schwiegermutter schlug vor, den Treppenlift zu verkaufen, denn der ist ja noch keine vier Wochen alt. Die Idee, ist gut, aber ich befürchte, sie fällt aus allen Wolken, wenn sie hört, dass wir dafür gerade mal eben einen dreistelligen Betrag bekommen (wir zahlten trotz Zuschuss der Pflegekasse einen fünfstelligen Betrag). Ich könnte mehr bekommen, wenn ich hier in der Siedlung ein baugleiches Haus finde, deren Bewohner ein Interesse an dem Lift haben. Dann könnte ich auch Geld für das Gestänge verlangen. So gibt es nur Geld für den Sitz. Momentan nutze ich den Treppenlift als Lastenaufzug. 

Ich habe endlich eine Idee für die Gestaltung des Vorgartens, von der ich sicher bin, dass sie dem Gatten gefallen würde. Wenn ich etwas zur Ruhe gekommen bin, werde ich mal Kontakt mit unserem Gärtner aufnehmen.

Die kommende Woche wird schwer, denn es stehen Trauerfeier und Beisetzung an. Ich bin überwältigt von den vielen Kondolenzen für den Gatten - der Platz vom Panoramafenster wird langsam eng. Morgen reist die 92jährige Tante an, und von Dienstag bis Freitag sind Schwiegermutter und Tante dann bei mir. Das wird für alle Beteiligten anstrengend, und nach der Beisetzung wird der Tod des Gatten noch realer, als er es jetzt schon ist. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Freitag, 7. November 2025

Friday-Flowerday #45/25: Trauer-Rosen II

F. kam mit einem wunderbaren Strauß weißer Rosen zum Trauerbesuch. Sie hatte sich vorher viele Gedanken gemacht, weil: "Ich weiß ja gar nicht, wie das bei euch so ist, ob man sich da besucht, ob man Blumen mitbringt." F. ist Muslima, kam mit ihrem während des Jugoslawienkriegs aus Serbien bzw. Montenegro hierher und hat wenig Kontakte zu Nicht-Muslimen. Ihre kluge Tochter sagte: "Mama, frag' doch einfach!" Das tat sie, und ja, ich freute mich über Besuch und Blumen. Fragen ist eh immer das Beste.

Ein Strauß weißer Rosen in einer Edelstahlvase.

Ich stellte den Strauß erst in eine Edelstahlvase, die uns Schwiegermutter mal schenkte, fand aber nach einigen Tagen, dass die Blumen in der Vase nicht genug Platz haben. Also schnitt ich den Strauß auf und setzte ihn in ein Windlicht, das ich gelegentlich als Vase nutze.

Die Rosen im Detail.

Die letzte überlebende Rose kam dann schließlich in eine Solitärvase aus Glas, die mich auch schon seit einigen Jahrzehnten begleitet.

Mit etwas mehr Platz in der Windlicht-Vase blühten die Rosen dann richtig auf.

Während F.s Besuch lernte ich einiges über serbische Beerdigungen und Trauer-Riten. Mich erschrak, dass sich muslimische Serben bzw. Montenegriner offensichtlich nicht wohnortnah begraben lassen oder begraben lassen können. Die nächsten muslimischen Friedhöfe sind in Hamburg oder Bremen. F.s Verwandtschaft ist allerdings sämtlichst in den Herkunftsländern bestattet. 

Eine einzelne weiße Rose in einer Solitärvase.

Der Rosenstrauß geht rüber zum Friday-Flowerday. Vielen Dank für's Sammeln!