Sonntag, 22. Juni 2025

Samstagsplausch KW 25/25: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCLXXV

Der Gatte zeigt wieder Interesse an Veranstaltungen. Gut, es hätte zum Auftakt nicht unbedingt ein Vortrag über "Durchblutungsstörung als Ursache nicht heilender Wunden" sein müssen, aber irgendwas ist ja immer. Jedenfalls bin ich sehr froh, dass er sich für seine Erkrankungen interessiert, denn das ist auch eine Erleichterung für mich, bedeutet weniger Verantwortung, die auf meinen Schulten lastet. Der Vortragende ist der Arzt, der den Gatten auch behandelt. Natürlich muss ich zu dem Vortrag mit. Der Gatte braucht ja einen Fahrdienst, und er hat Angst, dass er nicht alles versteht.

Graffiti am örtlichen Asia-Laden. 

Vorgestern bekam ich quasi Freigang und konnte mal wieder zum monatlichen Stricktreffen. In den letzten zwei, drei Monaten fehlte mir die Kraft dazu. Jetzt hat eine aber einen festen Raum im örtlichen Mehrgenerationenhaus organisiert, und das ist ziemlich genial, denn ich kann zu Fuß dahin gehen (für Autofahrer gibt es kostenlose Parkplätze vor der Tür, eine Rarität hier im Dorf). Bislang trafen wir uns entweder privat, was für mich bedeutete, dass ich mich immer auf wechselnde Routen einstellen musste, was mir aufgrund meiner eigenen Behinderung schwer fällt, oder trafen uns in einem Lokal, was Verzehrzwang bedeutet, was nicht allen gefällt. Da die Gruppe wächst, waren beide Orte auch nicht ideal. Zukünftig treffen wir uns jeden Monat am zweiten Donnerstag in einem Puppenstübchen, zahlen pro Person 3 Euro, in denen Getränke enthalten sind, und tauchen auch im offiziellen Programm auf. Der Verein, der das Mehrgenerationenhaus betreibt, war begeistert, dass es nun auch eine Strickgruppe gibt, die sich abends trifft, denn bislang gibt's nur eine Nachmittagsgruppe. Außerdem war man erfreut, dass es eine "junge Gruppe" ist, was bei der Hälfte der Gruppe für schallendes Gelächter sorgte, sind wir doch zwischen 60 und 80 Jahren alt und damit jenseits von "jung". 

Es war sehr schön, mal vier Stunden lang andere Gesichter zu sehen als medizinisches Personal, Kollegen oder Gatten und sich über andere Themen als die Befindlichkeiten des Gatten auszutauschen. Der Weg hin zum Mehrgenerationenhaus war auch sehr schön, durch den Rathauspark, wo rund um den kleinen See das Leben tobte, und zurück, wo das Lokal am kleinen Teich so stimmungsvoll aussah, dass ich beschloss, dort mit dem Gatten essen zu gehen, wenn er wieder aus dem Krankenhaus zurück ist, und wo in der Kirche gerade der Posaunenchor probte, weswegen ich einen Moment auf einer der Bänke innehalten musste.

Hier gilt seit mittlerweile 275 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte, und hoffe sehr, das bleibt so.    

Im Büro war unwahrscheinlich viel zu tun, zumal ich zwei Wochen Urlaub habe, um den Gatten durch's Krankenhaus begleiten zu können. Die Chefin sagt zwar unvermindert, ich solle mich krankschreiben lassen, wenn der Gatte im Krankenhaus ist, weil ich dann nicht arbeitsfähig bin, aber ich warte erst mal ab. Vorerst bin ich froh, dass ich Donnerstag und Freitag überstand, ohne zusammenzuklappen, denn zum Stress im Büro kam, dass der Gatte in einer schlechten Phase ist, wir uns oft anschreien, weil er seinen Frust über seine Gesamtsituation an mir auslässt. Das Pendeln tat ein Übrigens, um die Woche sehr anstrengend zu machen. Dienstag war Zug-Chaos, mussten wir über Bahnsteige sprinten, weil sich Metronom und DB nicht einig waren, welcher Zug wo abfährt, und Mittwoch fielen mehrere Züge aus. Die Info kam zum Glück, als ich noch im Büro war, so dass ich einfach länger arbeitete. 

Ich bin weiterhin sehr stark mit dem Blutzucker-Tagebuch des Gatten beschäftigt. Die neue Diabetes-Beraterin gibt sich unwahrscheinlich viel Mühe, auf ihn einzugehen und erklärt alles so lange, bis er es versteht. Sie ist älter als die anderen Beraterinnen und hat einfach viel Erfahrung. Das hilft. Es ist allerdings weiterhin schwierig, den Blutzucker des Gatten richtig einzustellen. Davon, dass das gelingt, hängt aber maßgeblich der Fortgang seiner diversen Erkrankungen ab.

Diese Woche bekam ich die Medikamente, die der Gatte von Nephrologen braucht. Durch den Praxiswechsel drohte eine Versorgungslücke, denn der Termin in der neuen Praxis ist erst Ende des kommenden Quartals, und die Medikamente reichen nur noch bis kommende Woche. Der Hausarzt verschreibt die Medikamente nicht, da sie seinen Etat zu stark belasten. Jetzt sollte es sich ausgehen. 

Der Urlaub wird arbeitsreich, und ich hänge jetzt schon zwei Tage hinter meinem Plan her, weil ich gestern und heute aufgrund der Hitze kaum etwas schaffte. Mal gucken, wie ich den Rückstand aufholen kann. Ausschlafen ist jedenfalls gestrichen; jeder Tag bleibt minutiös durchgeplant. 

625 Tage sind seit dem Überfall der Hamas auf Israel vergangen. Gestern wurden drei Geiseln tot befreit, darunter der 19jährige Deutsche Shay Levinson. 49 Männer und eine Frau sind noch immer Geiseln. Bring them all home now gilt unvermindert.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse

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