Freitag, 5. Juni 2020

#WMDEDGT 6/20: Gehetzt

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln!

Für uns beginnt der Tag sehr früh, nicht nur unter Coronabedingungen: Wir haben Arzttermine vor Tau und Tag, gehen beide gleichzeitig aus dem Haus und starten mit zwei Autos in die gleiche Richtung. Arbeitete ich im "echten" Büro, nähme mich der Gatte zur S-Bahn mit, aber da ich direkt nach dem Zahnarzt eine Telefonkonferenz habe, die ich im "echten" Büro nicht machen kann, weil die Technik es nicht hergibt, muss ich auch mit dem Auto los, denn mit dem ÖPNV würde ich es vom Zahnarzt nicht rechtzeitig zurück zur TK schaffen. 

Fünfzehn Minuten vor TK-Beginn bin ich zu Hause, werfe Privat- und Dienstrechner an, kann kurz mit dem Gatten über das Ergebnis seines Arztbesuches reden und finde auch noch eine Möglichkeit, den Dienstrechner so auszutricksen, dass ich auf ihm mit dem neuen CMS arbeiten und an der TK teilnehmen kann. Das gebe ich gleich per Mail an meinen Kollegen weiter, damit wir auf dem gleichen Stand sind.

Während der TK verabschiedet sich der Gatte zur Möbelhaustour mit seiner Mutter. Die TK dauert länger als geplant, es gibt weite Strecken, an denen ich mich ausklinken und die Bänder einer Dienstmaske so umsetzen kann, dass ich die nicht hinterm Kopf knoten muss - so eine Mute-Funktion ist schon toll. Während der Nachbesprechung mit dem Kollegen muss ich nicht nur endlich frühstücken, sondern mir auch noch das Lächeln ins Gesicht malen, während ich eigentlich schon auf dem Weg zum nächsten Termin sein müsste.

Dienstrechner schnappen, ins Auto und ab zum nächsten Termin im alten Büro. Davor bin ich zur Mittagspause mit Ex-Kollegin I verabredet. Eigentlich wollte ich sie vorher noch anrufen, ob's bei dem Termin bleibt, weil ich um die Planungsunmöglichkeit ihres Arbeitstages weiß, aber dafür war keine Zeit mehr. In der Tiefgarage angekommen, rufe ich sie an, damit sie zum Treffpunkt kommen kann, und erfahre, dass sie mir vor anderthalb Stunden eine WhatsApp mit einer Absage schickte. Für einen kurzen Bürokaffee hat sie aber Zeit, also mache ich mich auf den Weg in meine alte Büro-Etage. Die WhatsApp kommt an, als ich gerade die Sicherheitskontrolle passiere.

Es ist komisch, in der alten Büro-Etage zu sein. Ich kann einen kurzen Blick in mein altes Büro werfen, das so steril aussieht, als arbeite niemand darin. Daran, dass man an dieser Position keine persönlichen Gegenstände am Arbeitsplatz haben darf, hat sich also nichts geändert (das war einer der vielen Gründe, warum ich mich zu einem Wechsel entschloss, denn alle anderen dürfen die Büros nach ihren Wünschen gestalten, nur an der Position darf man es nicht, was jeder Grundlage entbehrt).

Ex-Kollegin I ist so unter Dampf, dass wir nur kurz ein paar Worte wechseln können. Den Kaffee trinke ich dann mit dem Ex-Chef, den ich seit einem Jahr nicht mehr persönlich sah. Wir wären heute für den Nachmittag eh verabredet gewesen, denn wenn ich in der alten Büroheimat zu tun habe, gebe ich Ex-Kollegin I und ihm kurz Bescheid, damit wir uns treffen können, wenn ihre Termine es zulassen. Ich freue mich, dass er sich jetzt trotz des Termindrucks Zeit für einen Kaffee nimmt.

Ex-Chef sagt, er vermisse meine Digitalkompetenz, und überhaupt wäre es mit meinen Nachfolgerinnen schwierig, weil die halt klassische Sekretärinnen wären, mich nicht wirklich ersetzen könnten. Schön zu hören, aber: Ich wäre nicht gegangen, wenn irgendjemand der Chefs dem "unangemessenen Benehmen" von Ex-Kollegin II Einhalt geboten hätte. Sie ist letztlich auch diejenige, die die erste meiner bislang zwei Nachfolgerinnen nach knapp sechs Monaten zum Stellenwechsel trieb und es bei der zweiten weiter versucht - und sie kann mir immer noch nicht in die Augen sehen. 

So sehr ich Ex-Kollegin I, Ex-Chef und manch andere Kollegen aus dem alten Büro vermisse, so sehr bin ich doch auch froh, dass ich den Mut fand, mir eine andere Stelle zu suchen.


Vom alten Büro geht's für die nächsten anderthalb Stunden in einen Konferenzraum. Chef übernimmt unseren Part, so dass ich nur zuhören und mitschreiben muss. Die Sachbearbeiterebene ist hier eh nicht vertreten, weswegen ich mich frage, was ich hier überhaupt mache, aber ich bin halt trotz falscher Gehaltsgruppe die Projektverantwortliche und finde es nett, nicht übergangen zu werden.

Kurze Nachbesprechung mit Chef, dann verschwindet er in sein Krisenstabsbüro, während ich kurz in ein Geschäft des Einkaufszentrums unterm Büro gehe und dort prompt sämtliche Einbahnstraßenregelungen missachte, weil die mich total überfordern. Ich bin seit der Wiederöffnung der Geschäfte erst zum zweiten Mal in einem Einkaufszentrum und habe die Corona-Regelungen dort noch nicht verinnerlicht. 

Auf der Heimfahrt bemerke ich wie auf der Hinfahrt das komische Geräusch, das es gibt, wenn ich die Bremse ganz durchtrete. Es hört sich an, als stießen Wackersteine aneinander. Das machte das Karlchen letzte Woche noch nicht. Ich nehme mir vor, zu Hause gleich die Werkstatt wegen eines Kontrolltermins anzurufen. 

Zu Hause angekommen, merke ich beim Herausnehmen meines Geraffels aus dem Kofferraum, dass ich noch immer drei leere Gurkengläser, die Mudderns mir für's Altglas mitgab, spazieren fahre. Sie liegen inzwischen so, dass sie beim Bremsen gegeneinander und an die Metallwand der Rückbank stoßen. Okay, vielleicht kommt das Geräusch dann doch nicht von den Bremsen ... 

Der Gatte ist auch schon zu Hause und total erledigt. Während er sich ausruht, arbeite ich noch eine halbe Stunde - nachdem der Dienstrechner überzeugt werden konnte, dass er auch arbeiten möchte. Während er Neustart um Neustart macht, telefoniere ich mit Mudderns und setze die Bänder einer weiteren Dienstmaske um, bevor ich arbeiten kann. Dann ist endlich Feierabend. Langt auch für diese Woche - ich habe schon wieder einen Arbeitstag Überstunden angesammelt.

Bei Brötchen (meine zweite Mahlzeit innerhalb von elf Stunden ...) und Tee lasse ich mit dem Gatten den Tag Revue passieren, rette die Wäsche auf der Terrasse vorm einsetzenden Regen, bevor ich endlich das heutige Rezept in der Kombüse online stelle. Da der Gatte die Zubereitung des Abendessens übernimmt, kann ich schon mit Strickzeug auf's Sofa, bis Bratkartoffeln, gebratener Spargel und Schnitzelchen serviert werden. 

Wir beschließen den Abend auf dem Sofa, gucken gemeinsam das "Professor T"-Finale und finden beide es einfach nur doof. Eine neue Bettsocke für den Gatten wird fertig und die zweite angenadelt. Kurz vor dem Mitternachtskrimi im DLF geht's ins Bett. Noch etwas lesen*, kurz dankbar daran denken, dass heute vor 76 Jahren die Alliierten in Frankreich einmarschierten, und dann war es das auch schon mit dem 5. Juni 2020.

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