Gesundheitlich angeschlagen, wie ich bin, merke ich das körperlich: Ab Mittwoch ging nichts mehr ohne Schmerztabletten. Die brauchte ich seit Mitte März kaum noch, denn da ich im Heimbüro früh mit der Arbeit anfing, konnte ich am frühen Nachmittag Feierabend machen und mich zwei Stunden hinlegen. Das wirkte Wunder. Würde ich mich jetzt nach der Arbeit zwei Stunden hinlegen, hätte ich nichts mehr vom Tag, der jetzt wieder minutiös durchgetaktet ist.
Eigentlich darf ich zwei Tage pro Woche zu Hause arbeiten, aber Chef kann sich nicht entscheiden, welche Tage er mir genehmigt. Ich möchte wie meine beiden Heimarbeitskollegen natürlich auch zwei zusammenhängende Tage haben, damit ich nicht jeden Tag den Rechner schleppen muss. Aber Chef hat Angst, dass zu wenig Leute im Büro sind, wenn drei statt zwei zu Hause arbeiten, lehnt selbst mein Angebot, im Bedarfsfalle in die Stadt zu fahren, ab, und so habe ich Präsenzpflicht, bis er über meine Heimarbeitstage entschieden hat.
Wenn ich überlege, wie oft ich in den letzten beiden Jahren freitags regelmäßig bis weit in den Abend alleine im Büro die Stellung hielt, während die Kolleginnen mittags gingen oder ganz frei hatten, wie oft ich unter der Woche Überstunden schob, weil die damaligen Ladenkolleginnen grundsätzlich im Urlaub oder krank waren, nur ich für den Laden da war, finde ich das schon ungerecht, dass bei mir jetzt so ein Gewese gemacht wird. Ich fürchte, nach meinem Urlaub muss das mal ernsthaft ausdiskutiert werden, aber solange Corona alles toppt, er in den Krisenstab abgeordnet ist, ist es schwierig, Chef nicht nur zwischen Tür und Angel zu erwischen. Das ist seit Monaten so, und das wird noch Monate so weitergehen.
Vermutlich gäbe es wegen meiner gesundheitlichen Einschränkungen auch eine Krankschreibung, spätestens dann, wenn ich meinem Körper nachgebe und ganz zusammenklappe, aber davon hat ja niemand was. Meine Projekte machen mir zu viel Spaß, ich bin ja auch gerne im "echten" Büro. Und ich kann mich ja nicht für die Dauer der Wechseljahre krankmelden, dann ginge ich nahtlos in die Rente über. Insofern hoffe ich umso mehr, dass der Endokrinologen-Termin in vier Wochen etwas bringt. Und insgesamt jammere ich natürlich auch auf hohem Niveau.
Der Gatte und ich sind seit 23 Wochen weitgehend zu Hause, der Gatte inzwischen im fünften Monat Kurzarbeit. Bislang war er zwei Tage im Büro und ansonsten auf Abruf. In dieser Woche musste er gar nicht ins Büro, was schon beängstigend ist. Dafür konnte er endlich das Kapitel "Haushaltsauflösung" abschließen, das zweite Lager, das wir für Schwiegermutters vermeintlichen Sperrmüll anmieteten, auflösen, und kann langsam etwas zur Ruhe kommen.
Ich war bislang zwei Tage pro Woche im "echten" Büro und arbeitete ansonsten im Heimbüro. Die drei Projekte, für die ich verantwortlich bin, sind alle auf unterschiedliche Weise von der Pandemie betroffen, aber mein Arbeitsplatz an sich ist sicher, anders als beim Gatten. Der arbeitet in der Veranstaltungsbranche, in die auch eines meiner Projekte fällt, und die Branche gehört zu den letzten, die wieder öffnen dürfen. Was ich da momentan mitbekomme, ist im Hinblick auf des Gatten Arbeitsplatz nicht ermutigend, aber da wir die Situation nicht ändern können, hilft nur Gelassenheit.
Schwiegermutter kommt langsam in der Seniorenwohnanlage, in die sie vor gut sechs Wochen zog, an. So ganz ist sie noch nicht wieder bei sich; eine weitere OP steht im Raum. Wenn sie in ihre Welt abtaucht, ist das schon beängstigend. Letztens rupfte sie alle Kabel aus der Wand, weil sie keine schwarzen Kabel will, nur weiße, und weil sie nicht will, dass so viel herumliegt. So waren dann u.a. Telefon, TV, Lampen und CPAP-Gerät ohne Strom. Dann wollte sie ihre Wintermäntel entsorgen, weil sie die ja gerade nicht braucht. Andere Dinge, die sie in dem Glauben entsorgte, sie nicht mehr zu brauchen, kauft sie inzwischen nach. Zumindest kurbelt sie die Wirtschaft an. Übrigens ist nie sie diejenige, die etwas entsorgt, sondern immer jemand anders - im Zweifelsfall ich, auch wenn wir uns fast vier Wochen nicht mehr sahen.
In der Seniorenwohnanlage herrscht noch immer Corona-Besuchsverbot, muss man sich anmelden, was verständlich ist, aber in dieser Woche auch für Reibereien sorgte. Der Gatte ist daran gewöhnt, dass seine Anmeldungen grundsätzlich nie von der Rezeption an den Sicherheitsdienst an der Tür weitergegeben werden, er also nicht auf der Liste der angemeldeten Besucher steht, jedes Mal ellenlang diskutieren muss, bis er das Haus doch betreten darf.
Gestern, als er mit seiner Mutter und ihrem Großeinkauf am Eingang stand, wurde ihm der Zutritt komplett verweigert, sollte seine Mutter die Einkäufe selbst in ihre Wohnung am entgegengesetzten Ende der Anlage schleppen. Als dann auch noch Schwiegermutter getadelt wurde, weil sie die Anlage ohne Erlaubnis zum Freigang (O-Ton!) verlassen hätte, war's aus. Bei allem Corona-Verständnis, aber die Anlage ist doch kein Gefängnis, bei dem man Freigang gewährt bekommen muss (und Schwiegermutter ist nicht mehr in Quarantäne). Mal schauen, wie sich das entwickelt.
Bei Mudderns ist zum Glück alles in Ordnung. Ein bisschen Trouble gab's, weil sie ihre Gesellschafterin jetzt direkt anstellte, über die Minijob-Zentrale, und die Infos der Minijob-Zentrale schwer verständlich und schlecht auffindbar sind (ich arbeite schon bei Behördens - wie mag das für normale Menschen sein?!). Da gab's einiges an Telefoniererei, aber ich hoffe, jetzt habe ich alles verstanden und alle Infos zusammen.
Ansonsten gehöre ich jetzt in den erlauchten Kreis derer, die Dienstreisen machen dürfen. Im Prinzip gilt allerdings aktuell coronabedingt Dienstreiseverbot, weswegen ich erläutern musste, warum das Ziel der Dienstreise nicht virtuell erreicht werden kann. Ich vermute, "weil Beamen noch nicht klappt" wäre keine adäquate Antwort gewesen. Sollte das Dienstreiseverbot bis November aufgehoben werden oder ich eine Ausnahmegenehmigung bekommen, geht's nach Dresden.
So sehr ich mich auf den fachlichen Austausch, der mir lange fehlte, freue, so wenig freue ich mich als jemand, der weder blond noch blauäugig ist, auf das Reiseziel. Wenigstens ist die Tagung nicht über einen Montag, kann ich mich so organisieren, dass ich das Tagungszentrum, in dem glücklicherweise auch ein Hotel ist, kaum verlassen muss (und wenn doch, dann nur mit Kollegen oder im Taxi). Normalerweise würde ich nach der Arbeit noch in die Stadt, nach Wolle oder Gin gucken, durch die Neustädter Markthalle bummeln, nicht gleich mit dem ersten Zug zurückfahren, aber das verkneife ich mir lieber.
Was war noch? Die neunzigjährige Nachbarin, mit der ich vor Corona immer morgens im Bus fuhr, ist nach fünf Wochen wieder zu Hause. Ich machte mir schon Sorgen, weil ich sie so lange nicht sah (wir winken uns seit Corona täglich von Balkon zu Balkon zu), aber sie war tatsächlich nur verreist. Da ich inzwischen wesentlich früher zur Arbeit fahre, um halbwegs leere Busse nutzen zu können, treffen wir uns nicht mehr an der Haltestelle.
Theoretisch wäre diese Woche auch endlich mal wieder Zeit gewesen, in der Turnhalle vorbei zu schauen, denn da waren wir noch gar nicht, seitdem sie wieder öffnen durfte. So konnten wir noch gar nicht gucken, ob uns die Sicherheitsmaßnahmen so zusagen, dass wir ein sicheres Gefühl haben, wieder trainieren können. Das verschieben wir jetzt erstmal "auf nach dem Urlaub".
Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Einkaufen und Kochen in der vergangenen Woche berichte ich in der Kombüse. Bleibt zu Hause, bleibt gesund, passt auf euch und eure Lieben auf.
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