Samstag, 19. Dezember 2020

Samstagsplausch KW 51/20: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten XXXVIII

Begleitet den Gatten auf
unbestimmte Zeit ins
Krankenhaus: Der
Corona-Hase.
Dienstag wurde der Gatte ins Krankenhaus eingewiesen. Es war ein fürchterliches Gefühl, ihn nicht wie sonst in die Notaufnahme begleiten zu dürfen, sondern ihn alleine ins Ungewissen ziehen lassen zu müssen. 

Zwei Tage lang blieb er auf der Isolierstation, hing an diversen Infusionen, wurde mit Sauerstoff versorgt, und dann war zumindest der Corona-Verdacht erstmal ausgeräumt. Die Erleichterung der Ärztin, als sie mir das mitteilte, war durch's Telefon zu hören. Der Gatte kam auf die Kardiologie, und da ist er noch, wird dort auch erst mal bleiben, denn noch gibt es keine klare Diagnose oder Prognose. 

Aber immerhin ist er nicht mehr ständig auf Sauerstoff angewiesen, auch wenn er weiterhin am Tropf hängt, kann schon wieder alleine zum Bäcker gehen, nutzte das schöne Wetter gestern und heute, um ein wenig durch den Park zu spazieren - und er dachte daran, das Mobiltelefon samt Ladegerät einzupacken, so dass wir viel telefonieren. Das Besuchsverbot macht uns sehr zu schaffen, aber dass es für uns keine Ausnahme gibt, ist ein gutes Zeichen, denn eine Besuchserlaubnis gibt es nur, wenn keine Hoffnung mehr besteht. 

Der Gatte ist sehr ungeduldig, und gestern musste ich sehr deutlich Tacheles reden, weil er sich selbst entlassen wollte, weil: "Über's Wochenende tut sich doch nichts, und im Bett liegen kann ich ja auch zu Hause!" Nur bleibt er zu Hause nicht im Bett liegen, und mit Sauerstoff kann er hier auch nicht versorgt werden. Mir ist einmal jemand mit einem Herzinfarkt tot vor die Füße gefallen. Das möchte ich nicht noch mal erleben. Solange es keinen klaren Befund gibt, ist er im Krankenhaus am Besten aufgehoben. 

Ich denke viel an Andrea und ihren Mann, der gerade gegen Corona kämpft, wünsche beiden viel Kraft. 

Es ist so schwer, wenn die Wohnung plötzlich leer ist, vor allem, wenn man quasi seit Mitte März 24 Stunden am Tag zusammen ist. So anstrengend die letzten Wochen waren, weil der Gatte nur da saß und schlief oder schlecht gelaunt war, so sehr will ich jetzt den Gatten halbwegs gesund wieder haben. Ich wünschte, er hätte mal gesagt, wie schlecht es ihm geht, aber selbst Dienstag, als ich ihn ins Krankenhaus fuhr, war er immer noch der Meinung, es sei nur eine Erkältung. 

Jetzt habe ich endlich Zeit für mich, und kann sie doch nicht genießen. 

Ich kann noch immer nachts nicht durchschlafen, weil ich auf jedes Geräusch höre, um mitzubekommen, ob der Gatte was braucht, dabei ist der doch gar nicht hier (und schlief selbst gestern zum ersten Mal seit langem endlich mal wieder eine Nacht durch). Kaffee und Tee schmecken nicht, wenn sie nicht vom Gatten gekocht werden, und zum Kochen oder Essen habe ich keine Lust. No Carb / Low Carb habe ich aufgegeben, dafür habe ich aktuell keine Kraft. Einzig darauf, täglich auf 1.000 Kalorien zu kommen, achte ich, aber das ist verdammt schwer (angesichts meines Übergewichts hört sich das irrwitzig an, ist aber so). In dieser Woche nahm ich drei Kilo ab - der Gatte meinte, das sei die Sorge, aber ich hoffe, das Medikament gegen meine Hormonstörung wirkt vielleicht endlich. Wir werden sehen. 

Der Krankenhausaufenthalt des Gatte wirbelt natürlich alles durcheinander, und so war ich sehr froh, als mein Chef gleich grünes Licht gab, dass ich mir jeder Zeit frei nehmen und zu Hause arbeiten kann. Ich war auch froh, dass die Idee, die ich letzte Woche hatte, so gut ankam, dass ich Überstunden machen konnte. Das lenkte ab. Heute musste ich mich direkt bremsen, um nicht an den Dienstrechner zu gehen. Stattdessen putzte ich Fenster. 

Die Mütter werden täglich mit Informationen versorgt. Für Mudderns war das größte Problem, dass ungewiss ist, ob wir Weihnachten zu ihr zum Essen kommen, weil, was soll sie dann mit dem bestellen Menü machen? Nun ja. Ihre Gesellschafterin schlug vor, dass ich Weihnachten bei Mudderns verbringe, aber das wäre toxisch. Außerdem möchte ich lieber in gewohnter Umgebung bleiben - und in der Nähe des Gatten, falls was ist.

Schwiegermutter ist sehr gefasst, denkt, der Gatte wäre quasi in einer Altonaer Version von "Dr. House" und machte weder Anstalten, den Gatten zu besuchen, noch ihn anzurufen. Befremdlich. Sie sagte von sich aus, sie wolle Heiligabend nicht zum Essen zu mir kommen, aber ich bereitet erstmal alles wie geplant vor, obwohl der Gatte dann noch nicht wieder zu Hause sein wird. Was sich nicht einfrieren lässt, wird verbraucht - ich muss ja auch was essen, selbst ohne Appetit. Nur einen Weihnachtsbaum kaufe ich nicht. Das gemeinsame Schmücken bei Champagner und Eggnog ist ein Ritual. Das mache ich nicht alleine.

Weihnachten alleine wird befremdlich sein. Das kenne ich seit 21 Jahren nicht mehr. 

Der Heizungstauschtermin, den der Gatte noch abmachte, bevor er ins Krankenhaus kam, konnte verlegt werden, und der Austausch klappt sogar noch vor Weihnachten. Ich hatte schon damit gerechnet, dass es erst im kommenden Jahr einen Termin gibt, was in Ordnung wäre, denn es trifft nur das Heimbüro, das durch die PCs eh warm ist (ohne Heizung ist es 'n büschen fußkalt, aber ich habe ja Puschen). 

Meinen ersten Einsatz als Schöffin brachte ich diese Woche auch hinter mich. War spannend, aber natürlich darf ich nichts zum Verfahren sagen. Es war aber buchstäblich ein kurzer Prozess. 

Ach ja, die Standardsätze zum Hintergrund dieser Reihe: Hier gilt seit mittlerweile 40 Wochen: Der Gatte und ich sind seit März weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. 

Der Gatte ist im neunten Monat Kurzarbeit. Als sein Chef in dieser Woche von der Einweisung ins Krankenhaus erfuhr, schrieb er mir eine ungewöhnlich mitfühlende Mail, und sein Kollege rief bestürzt an. Mal schauen, wann der Gatte wieder zur Arbeit kommen kann. 

Mein Job ist sicher, wenngleich meine drei Projekte mehr oder weniger auf Eis liegen. Es ist also ziemlich ruhig gemessen an normalen Zeiten. Ich wäre theoretisch zwei Tage im echten Büro und drei Tage im Heimbüro, weil der Laden geschlossen ist, aber seit Dienstag ist ja alles anders.    

Ich bin weiterhin sehr dankbar, dass Mütter, Tante und der Gatte bislang coronafrei durch die letzten neun Monate kamen, denn alle vier gehören zu den Risikogruppen. Ich auch, aber das verdränge ich. 

Diese Woche wollte ich die kostenlosen FFP2-Masken für den Gatten abholen, weil ich ohnehin zur Apotheke musste, um ein bestelltes Medikament für ihn anzuholen, aber erst im dritten Anlauf war keine lange Schlange vorm Eingang. Der Grund war schnell klar: Die kostenlosen Masken waren aus! Zum Glück bekam ich gerade welche von meinem Arbeitgeber, so dass der Gatte erstmal meine restlichen FFP2-Masken ins Krankenhaus bekommt. Mudderns holte sich ihre gleich Dienstag, stand dafür auch an. während Schwiegermutter von ihrer Seniorenwohnanlage versorgt wurde, und wie's bei Tante in Bayern aussah, werde ich wohl morgen hören.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei AndreaDiese Woche berichte ich nicht in der Kombüse über's Einkaufen und Kochen - ich hab's nicht geschafft. Bleibt zu Hause, bleibt gesund, passt auf euch und eure Lieben auf.

4 Kommentare:

  1. Die Masken sind nicht zuletzt deshalb so schnell aus, weil es genug Egomanen gibt, die - pfiffig, pfiffig! - von Apotheke zu Apotheke ziehen und überall drei Masken abgreifen. Das lässt sich leider nicht kontrollieren. Zum Glück bin ich selbst nicht bedürftig, dennoch macht mich sowas stinksauer!

    AntwortenLöschen
  2. Ich wünsche Deinem Mann alles Gute und Dir weiterhin viel Kraft.

    Andrea (aus dem Sauerland)

    AntwortenLöschen
  3. Deinem Mann wünsche ich eine rasche Besserung. Hoffentlich könnt Ihr Weihnachten wieder zusammen feiern!
    Liebe Grüße
    Andrea

    AntwortenLöschen
  4. Ich lese hier schon länger sehr mit und möchte dir viel Kraft und deinem Mann baldige Besserung wünschen.

    Grüße aus Wien
    Ulrike

    AntwortenLöschen

Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.