"Ich genieße diese letzten warmen Tage so sehr", sagte der Gatte oft in dieser Woche. Also genossen wir am Wochenende die Sonne auf der Terrasse, bis sie unterging und es zu kalt wurde, wenngleich der Gatte ein schlechtes Gewissen hatte, weil er so viel zu tun hat. Das kann er jedoch auch noch tun, wenn es regnet. Außerdem muss wirklich dringend nur das erledigt werden, was nach dem Umzug nicht mehr gemacht werden kann: Das Streichen der Holz-Paneele im Wohnzimmer und das Anbringen des Fliesenspiegels in der Küche. Ansonsten sind Wände und Böden soweit gemacht, kann alles andere auch noch erledigt werden, wenn wir eingezogen sind. Das sage ich dem Gatten immer wieder, wenn er sich zu sehr stresst.
Am Wochenende war Rosh haShana, da wird u.a. ein Apfel in Honig getunkt. Bei uns kam der Apfel natürlich aus unserem Garten. |
Sonnabend sichteten wir die Müllhaufen, die der ehemalige Gärtner hinterließ: Verschimmelte belegte Brötchen, jede Menge Pfand, halbleere Flaschen, Kippen, eine halbe Schachtel Zigaretten, kaputtes Werkzeug... Wie fertig kann man sein?! Ansonsten war es ein ruhiger Tag. Ich war trotz neun Stunden Schlaf erschöpft von der Woche, hätte gerne Mittagsschlaf gehabt, aber wir waren so spät einkaufen, da passte das dann irgendwie nicht mehr.
Den Sonntag nutzte ich zum Aufräumen, zum Dokumentieren des Zustands des Gartens (die letzten Fotos sind zehn Tage alt, und da unter Umständen alles zum Anwalt geht, wollte ich nochmal festhalten, wie es aussieht, bevor der neue Gärtner loslegt), zum Lesen* und Schlafen und für den Vorgarten. Letzten Mittwoch stellte ich erfreut fest, dass die Magnolie nach dem Rückschnitt austreibt. Mal gucken, wie sie sich entwickelt. Sie und der Schneeball bleiben ohnehin stehen, bis wir wissen, wie wir den Vorgarten gestalten, und das kann dauern. Die Neugestaltung des Vorgartens hängt von der Einführung der gelben Tonne ab, denn die muss dann zusätzlich zu drei anderen Tonnen untergebracht werden.
Als ich abends zur Biotonne im Vorgarten ging, hüpfte mir eine Kröte vor die Füße. Schön, dass es die auch in der alt-neuen Heimat gibt.
Montag fuhr ich mit dem Zug vom alt-neuen Haus ins Büro und wieder zurück. Normalerweise arbeite ich aktuell montags im Heimbüro, aber wir mussten 140 Päckchen packen, und das wollte ich nicht den Kolleginnen überlassen, zumal es um mein Projekt geht (wobei die Kolleginnen am Dienstag kurzerhand den ganzen Rest packten ...). Die Zugverbindung klappte gut. Auf der Hinfahrt plante ich so, dass ich im Idealfall eine Stunde früher im Büro bin und im nicht so idealen Fall noch drei Züge als Puffer habe, falls es wieder Ausfälle gibt. Der Metronom dünnte zwar den Fahrplan aus, um zuverlässiger zu sein, aber auch das klappt nicht immer. Auf der Rückfahrt guckte ich in der App, welche Züge ausfallen, arbeitete entsprechend länger und erwischte dann tatsächlich einen Zug, der fuhr. Er wäre sogar pünktlich gewesen, hätte der Zug im vorderen Gleisabschnitt keinen Defekt gehabt.
Es war schön, aus der Großstadt wieder in die Kleinstadt in die Ruhe des alt-neuen Hauses zurückzukommen und mit dem Gatten auf der Terrasse in der Herbstsonne zu sitzen.
Montag meldete sich auch der Ex-Gärtner und teilte mit, er sei zwar noch coronapositiv, wolle aber schon mal den Müll wegschaffen. Seine E-Mails hatte er anscheinend noch nicht gelesen. Über die Auftragsstornierung war er nicht erfreut - aus seiner Sicht verständlich. Nur sollten die Arbeiten ja schon seit Anfang August abgeschlossen sein, und jetzt haben wir Mitte September. Er meinte Montag, er könne es bis Ende September schaffen, aber das Vertrauen haben wir nicht mehr. Zum Ausrichten der Zäune bräuchte er zudem einen zweiten Mann, den er nicht hat. Jetzt will er im Laufe der Woche sein Geraffel kontaktfrei abholen, das wir im Gartenhaus zusammenstellen sollen. Das tat ich ja schon am Wochenende. Ich bin gespannt, ob wir alles fanden, denn zum Teil ist sein Werkzeug auch im Haus verteilt, weil er es anfangs dort regensicher lagerte, zum Teil ist es eingewachsen oder unter Eimern mit Erde und anderen Abfällen verschüttet. Vermutlich weiß er selbst nicht mehr, was hier lagert. Mal schauen, wie es sich mit ihm entwickelt. Wir diskutieren ja noch über sein Honorar.
Montag kam auch Post vom neuen Gärtner: Der Vertrag für den Winterdienst samt Freiumschlag, damit wir ein Exemplar zurückschicken können. Das macht alles einen sehr strukturierten Eindruck. Hoffentlich bleibt es so.
Dienstag hatte ich frei. Vormittags fuhren wir über Land nach Harsefeld zum Ofenbauer. Wir fanden in Rekordzeit einen passenden Ofen - nach knapp 60 Jahren Dänemark-Urlauben wissen wissen wir halt, was uns gefällt - und da wir noch Zeit hatten, bummelten wir durch das malerische Örtchen. Dieses Über-Land-fahren ist noch immer eine große Umstellung für uns. Letztlich sind es knapp 40 km, aber das hieß bisher, dass wir noch immer in Hamburg waren. Dadurch nahmen wir Entfernungen nicht so wahr.
Nachmittags kam der Dachdecker, leider mit nicht so optimalem Ergebnis. Die Trittstufen zum Schornstein werden kompliziert (und vermutlich teurer als der Einbau des Ofens). Das Fallrohr im Garten wäre möglich, da könnte das Wasser im Garten ablaufen. Im Vorgarten müssten wir aber eine Sickergrube graben lassen, und dafür habe ich momentan keine Kapazitäten. Ich würde auch gerne klären, ob wir die Kosten alleine tragen müssen, denn die Nachbarn profitierten ja auch davon. Beim Bau des Hauses vor 62 Jahren wurden schlichtweg zu wenig Fallrohre angebracht, was immer wieder zu Wasserkaskaden führt, auch, weil Starkregen ja inzwischen mehr Normalität als Ausnahme ist. Leider bietet der Dachdecker keine Reinigung der Regenrinne an, so dass ich da weitersuchen muss.
Abends fuhr ich nach Hamburg zurück, ausnahmsweise mal ohne Stau. Der Gatte blieb auf der Baustelle. Für die kommenden zehn Tage sind wir getrennt. Bis vor drei Jahren wäre das kein Thema gewesen. Dann kamen Herzerkrankung und Schlaganfall. Könnte der Gatte seinen mobilen Notruf nutzen, wäre mir wohler. Aber das Teil funktioniert ja nur, wenn es in Hamburg auf der Basisstation steht und hilft daher nicht. Nützt ja nichts, ich muss lernen, mit der Ungewissheit zu leben. Ich kann mich ja nicht an den Gatten ketten.
Mittwoch früh wurde Tante operiert. Aktuell wissen wir noch nicht, wie es ihr geht, hoffen, dass keine Nachrichten gute Nachrichten sind, denn andernfalls hätte sich das Krankenhaus bei Schwiegermutter gemeldet. Ansonsten war's ein arbeitsreicher Tag mit reichlich Überstunden - nichts, was mir in meinem momentanen Zustand gut tut, aber: Nützt ja nichts. Mein Mammutprojekt hat im kommenden Jahr ein Jubiläum, das groß gefeiert werden will, und das will organisiert werden. Da muss ich durch - zum Glück nicht alleine, sondern mit Unterstützung der Kolleginnen.
Auch der Donnerstag war arbeitsreich, aber da ich im Heimbüro arbeiten konnte, sparte ich die Fahrzeit. Nachmittags schaffte ich es noch zum Orthopäden, um vor dem Umzug noch neue Einlagen anfertigen zu lassen - bei den letzten, mit denen ich ohnehin Probleme hatte, brach jetzt auch noch der Federstahl. Die einfachen Einlagen ohne Federstahl waren besser und halten länger. Die Schuhtechnikerin hat so eingeschränkte Öffnungszeiten, dass ich es ausnutzen musste, mal einen ganzen Donnerstag in Hamburg zu sein. Angesichts meiner Maske fragte sie, ob ich krank sei und erzählte, sie habe momentan einige Kundin, die coronapositiv kämen, weil die Infektionszahlen insgesamt gerade einfach steigen. Im Fahrstuhl echauffierte sich eine Frau, dass ich Maske trage. Sie fände das übertrieben. Sie habe Maske getragen, drei Impfungen und sei trotzdem infiziert. Meine Gegenfrage lautet dann: "Warum haben Sie ein Problem damit, dass ich Maske trage?" Dann ist normalerweise Ruhe, zumindest, wenn's keine Quer"denker" sind. Die explodieren dann.
Nachmittags waren die Klinik-Unterlagen für meine Reha im Briefkasten - samt Termin, der sechs Wochen vor dem bislang prognostizierten liegt. Es sollte sich aber mit Umzug und Wohnungsübergabe ausgehen. Ich hatte mich jetzt schon so auf eine Reha im Frühling eingestellt, dass ich fast enttäuscht war, aber wenn's keine Verlängerung gibt, bin ich zum Hochzeitstag wieder beim Gatten. Das ist auch schön. Außerdem muss sich der Gatte dann nicht alleine um die Übergabe der Wohnung kümmern.
Abends sah ich mich mal eben 80 km fahren, weil ich den Gatten nicht erreichte und deswegen mild panisch wurde. Das ging ihm genauso, denn er erreichte mich nicht, kam aber auf die Idee, mich über's Taschentelefon zu erreichen. Irgendwas stimmte mit dem Festnetzt nicht. Den Gatten über's Taschentelefon zu erreichen, ist müßig, denn es ist entweder leer, ausgeschaltet oder irgendwo, wo er es nicht hört.
Freitag fuhr ich vor Tau und Tag nach Frankfurt zum Strickliesel-Treffen, wie der Gatte das Yarncamp liebevoll nennt. Vor einem Vierteljahr war ich noch überzeugt, dass wir im September umgezogen sein würden und buchte einen Zug ab Harburg, der zudem nicht über Altona fährt. Da wir aber noch im Hamburger Westen wohnen, musste ich vor sieben Uhr los, um den Zug zu erreichen. Aktuell keine Zeit, zu der ich gut funktioniere. Die Nacht war zudem fürchterlich. Ich schlafe mal wieder nur ohne Panikattacken, wenn Radio oder Fernseher laufen, und beides war gerade nicht verfügbar. Der Fernseher im Schlafzimmer ist seit Monaten kaputt, das Radio hatte Empfangsstörungen.
Irgendwie schaffte ich es in den Zug. Zum Glück begleitete mich auf einem Großteil der Strecke eine liebe Strickfreundin. Mit ihrer Hilfe sollte ich es morgen schaffen, in den richtigen Zug zurück zu steigen, und der fährt dann bis Altona durch. Die vielen Menschen und Eindrücke während der Yarncamp-Tage sind für mich sehr stressig. Es wäre vernünftig gewesen, abzusagen, aber es gab so viel, worauf ich mich freute, das ich nicht aufgeben wollte. Und ich hoffe. dass ich vom Yarncamp kein Souvenir in Form von Corona mitbringe. Masken und Tests sind jedenfalls im Gepäck, und Maske trage ich auch strikt, wenn ich unter Menschen bin.
Hier gilt seit mittlerweile 184 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet.
Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. Weiterhin gibt es im Umfeld reichlich Infektionen. Donnerstag meldete sich die Kollegin, neben der ich am Mittwoch einige Stunden lang im stickigen Raum saß, coronapositiv ab. Ich hoffe, ich habe mich nicht angesteckt, denn wieder besseres Wissen trug ich keine Maske. Gott sei Dank sehe ich den Gatten aktuell nicht, so dass er nicht gefährdet ist. Früher war die Kollegin die erste, die beim kleinsten Schniefer auf eine Maske bestand, aber nun ist sie auch in der Normalitätssimulation angekommen. Immerhin testet sie sich bei Symptomen. Ich ärgere mich, dass ich nicht auf mein Bauchgefühl hörte, als ich registrierte, dass sie erkältet ist. Und ich ärgere mich, dass ich im Büro bei Besprechungen seit dem Sommer keine Maske mehr trage, mich davon mitreißen ließ, dass dort niemand mehr Maske trägt. Das muss ich wieder ändern.
Ich muss mich wohl oder über daran gewöhnen, wieder häufiger Maske zu tragen, um weder den Gatten noch Schwiegermutter oder Tante zu gefährden. Deutschland setzt ja weiterhin auf Eugenik, wenn's um vulnerable Gruppen geht, während in den Nachbarländern wieder Masken und Impfungen propagiert werden.
Inzwischen nehme ich seit zehn Tagen nicht mehr das Diabetes-Medikament, das ich drei Jahre off label bekam, ohne zu wissen, warum, weil die Horror-Hormon-Tante ja hartnäckig eine saubere Diagnose verweigerte. Immerhin nahm ich seitdem nicht zu. Das war meine größte Sorge. Nachdem ich das Medikament bekam, nahm ich ja sehr schnell 35 Kilo ab. Am Essen kann's nicht gelegen haben - ich aß über drei Jahrzehnte weniger als 2.000 Kalorien pro Tag und nahm trotzdem 80 Kilo zu. Erst durch die Hormon-Ersatztherapie, die im Herbst 2020 begann, wurde das gestoppt. Ein paar andere Beschwerden treten jetzt wieder auf oder nehmen zu, aber das kann auch andere Gründe haben. Mal gucken, was die internistische Endokrinologin sagt. In zwei Wochen ist der Termin.
Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse. / *Affiliate link
Da Sie ja ohnehin noch bei der Gartenplanung sind: Vielleicht böten sich anstatt einer klassischen Sickergrube solche Versickerungskästen an: https://www.graf.info/de/regenwasser-versickerung/so-funktioniert-versickerung/aufbau-einer-versickerungsanlage.html (gibt's auch im Baumarkt). Man muss dann nicht so tief graben (wir haben nur eine Lage) und das Wasser verteilt sich gut über den Garten. Die Kästen werden in eine Art Flies eingewickelt, damit keine Erde hineinkommt, das Wasser aber gut austreten kann. Wir haben die seit gut zehn Jahren für eines der Fallrohre an unserem Haus und sie haben sich auch bei Starkregen bewährt.
AntwortenLöschenDas andere Fallrohr führt in einen großen, unterirdischen Regenwassertank, für dessen Existenz ich angesichts des hier in Berlin oft wochenlang ausbleibenden Regens im Sommer sehr dankbar bin.
Danke für die Tipps! Das schaue ich mir beizeiten an. Ein Regenwassertank wäre auch toll, aber ich fürchte, das ist nachträglich schwer zu realisieren. Mal schauen, wie es sich mit dem Garten entwickelt.
LöschenIch wünsche dir sehr, dass du ohne "Souvenir" zurückkommst, aber umsomehr Spaß hattest. Ich sagte ja ab, auch wenn ich dich nicht treffen konnte.
AntwortenLöschenDanke dir! Dass wir uns nicht sahen, war schade, aber vielleicht haben wir ja im Januar / Februar dazu Gelegenheit. Da bin ich ja in deiner Nähe.
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