Sonntag, 28. April 2024

Samstagsplausch KW 17/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXV

Letzte Woche traf ich mich mit Mudderns Gesellschafterin, und das Treffen wirkte noch lange nach. Es machte mich unheimlich wütend. Ich brauchte einige Zeit, um das zu verdauen. Ich hatte das Gefühl, ich sitze Mutter 2.0 gegenüber. Es kamen Aussagen wie ich solle den Gatten in Kurzzeitpflege geben, damit ich in der Zeit das Haus in Ordnung gebracht bekomme oder ich solle nicht mit ihm in den Urlaub fahren, weil ich mich dann nicht erholen könne usw. Wegen des Gatten sei mein Leben jetzt zu Ende, führte ich das Leben einer alten Frau. Sie selbst hat einen chronisch kranken Mann, über den sie schon mal sagte, sie würde sich trennen, wenn er durch seine Erkrankung nicht mehr mithalten könne. Aktuell muss er Diät halten, und sie weigert sich, für ihn einzukaufen oder zu kochen. Das ist nicht mein Verständnis von einer Partnerschaft! 

Ich bin so wütend, dass ich mich nicht wieder mit ihr treffen möchte. In der Situation selbst merkte ich gar nicht, wie verletzend und übergriffig ihre Aussagen waren. Im Nachhinein fielen mir noch mehr Situationen ein, in denen sie mich heruntermachte. Vermutlich verstand sie sich deswegen so gut mit meiner Mutter, weil sie sich so ähnlich sind. 

Balkonblick in den Abendhimmel.

Sonntag musste ich mir kurz einen Nervenzusammenbruch nehmen. Der Gatte kam mit den Badezimmerschränken, an denen er seit fast einem Jahr schraubt, nicht weiter, diesmal, weil das zweite Trafo fehlte! Dem Gatten fehlt einfach durch seine Behinderung die Konzentration, und so wusste er weder, wann er das Trafo zuletzt in der Hand noch wo er es hingelegt hatte. Manchmal verlegt er Sachen buchstäblich im Handumdrehen. Er suchte an allen in Frage kommenden Orten - vergeblich. 

Das Schrankmodell gibt es bei Ikea Deutschland nicht mehr, dementsprechend ist der Trafo nicht nachzukaufen, und ersetzen lässt er sich auch nicht so ohne weiteres. In solchen Situationen wird der Gatte ausfallend und beleidigend - die Wesensänderung ist eine Folge seiner Erkrankung -, was nicht hilfreich war. Nachdem ich mich erholt hatte, fand ich einen baugleichen Schrank mit entsprechend baugleichem Trafo bei eBay Kleinanzeigen, so dass wir Sonntag mal eben 40 Kilometer fuhren. Ich hätte so sehr eine ruhigen Tag gebraucht, sagte sogar das Kino ab, weil ich keine Kraft mehr hatte, und dann das. Jetzt steht hier zusätzlich zu allem Geraffel ein Schrank im Weg ... 

Ein Gutes hatte der Nervenzusammenbruch: Der Gatte stimmte endlich zu, dass jemand kommt und uns die Schränke zusammenbaut. Seit vorgestern haben wir zwei Spiegelschränke im Badezimmer - noch ohne Licht, aber der Elektriker muss eh noch mal kommen. Das Ganze war binnen zweier Stunden erledigt. 

Gestern half uns ein Engel dabei, unser Gartenhäuschen einzurichten. Eine Frau aus meiner Therapiegruppe, die um meine Situation weiß, weil sie auch eins meiner Themen in der Therapie ist, bot mir ihre Hilfe an. Ich zögerte erst, das anzunehmen, aber nachdem ich Sonntag zusammenklappte, gab's kein Überlegen mehr. Sie stand vor Tau und Tag vor der Tür, samt Werkzeug, und binnen vier Stunden war das Gartenhaus leergeräumt, waren die Regale zugesägt und montiert, war das Gartenhaus wieder eingeräumt. Wir machten vorher ab, dass sie alleine arbeitet und alles so macht, wie sie denkt, besprachen kurz, was sie dachte, und es klappte hervorragend. Der Gatte und ich räumten derweil die Terrassenecke frei, in die Kaminholzregal und Getränkenkistenregal sollten, und beide standen abends auch. Beides wird heute eingeräumt, und wenn ich gut bin, stehen heute Abend auch die Terrassenmöbel.

Ein kleines Mitgebsel für die lieben Menschen, der uns mit dem Gartenhäuschen half: Blümchen und die Seife "Good Life" von Manar Soap

Hier gilt seit mittlerweile 215 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch  vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.  

Diese Woche konnte ich nicht zum Reha-Sport, weil sich der Termin für das Küchenaufmaß so oft verschob, dass der Gatte parallel einen Arzttermin hatte. Das geht natürlich vor. Einerseits fehlte mir die Turnstunde, plagte ich mich doch wieder mit Schmerzen herum. Andererseits tat es mir gut, keinen hektischen Tag zu haben (arbeiten, zum Sport und zurück sprinten, um rechtzeitig zur VK wieder da zu sein, um dann den größeren Teil des Arbeitstags zu erledigen).

Ich bin einfach nicht mehr belastbar, wie ich im Büro immer öfter an Kleinigkeiten merke. Es kann natürlich daran liegen, dass unser Institut immer mehr zur Behörde wird. Das zeigte sich diese Woche mal wieder. Für ein Druckerzeugnis, das ich herausgebe, steuerten Kolleginnen eine Anzeige für ihr Projekt bei. Als mein Graphiker die Druckfassung fertig hatte, stellte er fest, dass die Auflösung nicht ausreicht. Also bat ich die Kolleginnen, mir die Anzeige nochmal in höherer Auflösung zu schicken.

Eigentlich kein Ding: Sie sagen ihrer Graphikerin Bescheid, die die Datei an meinen Graphiker schickt. Nun sind wir aber Behörde. Da muss der Sachverhalt erstmal ausführlich begutachtet werden. Eine Kollegin meinte, ohne Adobe Professionell könne sie nicht beurteilen, ob die Datei wirklich unscharf sei. Sie müsse erst eine Programm-Lizenz beantragen. Eine andere sagte, die Graphikerin wäre für die Arbeit schon bezahlt worden und könne nun nicht nachbessern. Eine dritte kam zum Ergebnis, dass die Datei scharf ist, wenn sie auf dem Desktop auf 200% vergrößert wird. Prima, dann lasse ich Einleger drucken, dass man sich PDF herunterladen und auf 200% vergrößern soll, um die Anzeige lesen zu können. Mittlerweile lief mir die Zeit davon, denn ich habe im Gegensatz zu den Kolleginnen ein Erscheinungsdatum. 

Das Ganze landete schließlich beim Chef, der befand, ich wäre bockig, weil ich die Alternativen aufzeigte: Unscharfe Anzeige oder keine Anzeige, also weiße Seite. Letztlich beendete der Mann einer Kollegin das Drama: Er rechnete die Anzeige einfach hoch. Und ich fragte sicherheitshalber nicht, warum mein Graphiker nicht auf die Idee kam. 

Ich habe für solche Situationen einfach keine Kraft mehr. In meinem Büro hängt jetzt ein Schild mit der Aufschrift "Mach doch einfach, was ich sage. Dann bin ich auch nicht zickig."

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Tante hat sich entschieden, ihren 91. Geburtstag bei uns in Hamburg zu feiern - was für eine Freude! Sie hatte keine Lust, alleine in Dachau zu sitzen, und Schwiegermutter wollte nicht zu ihr. Ich hoffe, wir können möglichst viel Zeit mit ihr verbringen. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.  

2 Kommentare:

  1. Ach, das tut mir alles so leid, ich wünschte, ich hätte ein unabhängiges Fahrzeug, dann käme ich an Wochenenden zu Euch hoch und baue und räume mit Dir. Du sollst wenigstens da Ruhe haben. Und mit dem Büro, lass prüfen, ob Du nicht für diese Ausgleichszahlungen infrage kommst, sprich, Du kannst weniger arbeiten, bekommst weiter das Gehalt, was Du jetzt hast und Deinen Arbeitgeber kostet es nichts. Und dann noch die Gesellschafterin: Schaff solche Leute aus Deinem Leben, aber sofort! Das hast Du wirklich nicht verdient. Du verdienst Menschen, wie die Frau aus der Therapie. Das und nichts anderes!

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  2. Das liest sich nicht gut.
    Übergriffiges Gequatsche im Augenblick wenn es gesagt wird zu erkennen, wenn man es nicht erwartet ist nicht einfach. Denk dir nichts dabei.

    Versuch trotz der ganzen Belastung auf dich aufzupassen.

    LG
    Martha

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.