Sonntag, 5. Mai 2024

Samstagsplausch KW 18/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXVI

Aktuell mache ich mir wieder große Sorgen um den Gatten. Es geht ihm seit Donnerstag sehr schlecht. Erinnerungen an Herbst / Winter 2020, als seine Herzerkrankung sichtbar wurde, werden wach. Er ist sehr schwach, kann nur ein paar Schritte gehen, fällt von jetzt auf gleich mitten im Satz in Sekundenschlaf usw. Zum Arzt will er nicht, aus Angst, dann wieder ins Krankenhaus zu müssen. Da er sogar überlegt, die Mallorca-Reise zu stornieren, geht es ihm wirklich schlecht. 

Da der Gatte keine Hilfe will, kann ich nur daneben stehen und abwarten. Ich kann mit dieser Situation schlecht umgehen.

Wir wissen seit einiger Zeit, dass es seinem Herzen schlechter geht. Er soll die Medikamente umstellen, nur da er sich weigert, seine Tabletten regelmäßig zu nehmen, hilft das wenig. Sein Verhalten erinnert mich massivst an das meiner Mutter nach ihrem Schlaganfall, und ich bezweifle, dass ich die Kraft habe, das alles nochmal mitzumachen. Nur nützt ja nix. 

Zu allem Überfluss war in dieser Situation auch noch Schwiegermutter zu Besuch. Wir hatten sie eingeladen, um ihren Geburtstag bei uns zu feiern. Schon unter normalen Bedingungen wäre das ausgesprochen anstrengend geworden, aber jetzt, wo der Gatte ganz viel Ruhe brauchte, war's katastrophal. Er versuchte, sich zusammenzureißen, ich versuchte, auszugleichen, aber alles vergeblich. 

Die vier Tage waren ausgesprochen kräftezehrend, obwohl wir uns alle Mühe gaben. Schwiegermutter ist halt nur glücklich, wenn sie etwas zu meckern hat, und das wird mit den Jahren immer schlimmer. Schwiegermutter merkt nicht, wie sehr sie es sich selbst damit schwer macht. Wir atmeten beide auf, als wir Schwiegermutter gestern wieder nach Hause gebracht hatten. 

Schwiegermutter sieht kaum noch etwas und weigert sich, ihre Hörgeräte zu nutzen, hört also kaum noch etwas. Der Verlust beider Sinne wirkt sich auf's Hirn aus, was deutlich zu merken ist. Es kommen kaum noch Infos bei ihr an, und aus dem kleinen Teil, der bei ihr ankommt, strickt sie ihre eigenen Infos. 

Hier gilt seit mittlerweile 216 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch  vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.   

Diese Woche suchten wir die neue Küche aus. Der junge Mann, der sie plant, war sehr geduldig und einfühlsam, denn der Gatte schwächelte ob der schlechten Luft im Möbelhaus. Jetzt muss noch der Elektriker kommen, um einige Anschlüsse zu legen, und dann müssen wir gucken, was wir mit den jetzigen Küchenschränken und dem alten Herd machen. Die Demontage durch Ikea ist unverhältnismäßig teuer. Sobald wir einen Liefer- und Montagetermin für die neue Küche haben, werde ich sehen, dass ich die alte Küche über eBay-Kleinanzeigen los werde. Vermutlich haben wir dann eine Zeitlang gar keine Küche, wird wieder Essen vom Schlachter geholt oder essen gegangen ... 

Außerdem konnte ich zum Reha-Sport. Das fehlte mir letzte Woche, und das wird mir kommende Woche fehlen, wenn es feiertagsbedingt ausfällt. So hetzig das alles ist, weil ich dafür meine Mittagspause nutze und pünktlich zu einer Videokonferenz wieder am Platz sein muss, so gut tut mir der Sport. Andererseits ist der Informationsgehalt der Videokonferenz meistens eher mager, ist es nur eine One-Woman-Show von einer, die sich wichtig fühlt. Da ist der Besuch des vereinseigenen Baggersees nach dem Sport verlockender - und entschleunigender. 

Neben dem Elektriker brauchen wir auch wieder einen Klempner. Das sind die Momente, in denen ich einfach nicht mehr mag. Der Außenwasserhahn tropft hartnäckig trotz neuer Dichtung, und der Wasserkasten im Bad hat eine neue Leckage. Die letzte wurde erst vor einem Vierteljahr durch Austausch eines Rohres beseitigt. Die jetzige ist nicht zu sehen, fiel nur auf, weil eine Rolle Klopapier, die zufällig unter dem Wasserkasten gestapelt war, weil im Schrank kein Platz mehr war, nass war. 

In solchen Momenten muss ich mich mit den Kleinigkeiten motivieren, die zeigen, dass es vorwärts geht: Die beiden Rollatoren von Mudderns wurden gestern abgeholt und kommen Ende des Monats in die Ukraine. Wieder zwei Dinge, die wir nicht brauchen, einer sinnvollen Verwendung zugeführt. Der Gatte wollte nach seinem Schlaganfall beide Rollatoren  aufbewahren, für den Fall, dass er einen braucht, aber über ein Jahr später ist er vorsichtig optimistisch - außer an den Tagen, an denen ihn stechende Kopfschmerzen quälen, so wie diese Woche. In solchen Momenten zeigt sich, wie groß seine Angst ist.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.  

1 Kommentar:

  1. Hallo,
    ich wünsche Dir so sehr, dass Dein Mann die Medikamente regelmäßig nehmen würde - und diese umstellen lässt. Vielleicht würde schon das helfen, damit es ihm wieder den Umständen entsprechend besser geht.
    Ich wünsche Dir trotz der nervlichen Belastung eine schöne Woche
    Sabine

    AntwortenLöschen

Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.