Montag, 26. März 2018

"Die Ankunft": Das Kindertransport-Denkmal an der Liverpool Street Station in London

Montags gegen Nazis
Heute um 17.30 Uhr trifft sich das demokratische Hamburg vor Saturn am Beginn der Mönckebergstraße, um vereint gen Dammtor zu laufen, denn: Wir haben uns da was eingetreten. Es ist braun. Es riecht nach Faschismus, Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus. Es trifft sich montags am Dammtor, hinterm Bahnhof, eingepfercht in Gattern, umringt von Polizei und der Gott sei Dank immer noch demokratischen Mehrheit dieser Stadt. Es ist eine krude, gefährliche Mischung aus Türstehern, Hooligans, Faschisten, Reichsbürgern und AfDlern, garniert mit ein paar spießbürgerlichen Sahnehäubchen aus dem Hamburger Umland.

Wir hatten schon mal Faschismus in Deutschland. Mein Bedarf daran ist hinreichend gedeckt. Ich muss keinen faschistischen Staat erleben. Mir reichen die Erinnerungen an den, den es zwischen 1933 und 1945 gab.

Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal. Alle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst.

"Die Ankunft": Das Londoner Denkmal von Frank Meisler erinnert an die Kindertransporte.
Heute geht's aber nach London, denn der Schöpfer dieses Denkmals ist Frank Meisler, der vorgestern im Alter von 89 Jahren in Tel Aviv verstarb. Ende August 1939, als Zehnjähriger, konnte er aus Danzig nach London fliehen, wo er bei seiner Großmutter aufwuchs. Drei Tage später wurden seine Eltern verhaftet, über das Warschauer Ghetto ins KZ Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Dieses Denkmal findet sich an der Liverpool Street Station. Es wurde auf Initiative von Prince Charles 2006 dort aufgestellt, um an die über 10.000 meist jüdischen Kinder zu erinnern, die als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Deutschland, Österreich, Polen, Danzig und der Tschechoslowakei nach Großbritannien kamen. Andere Aufnahmeländer waren Schweden, Belgien, Schweiz, Frankreich und die Niederlande. Die meisten der Kinder sahen ihre Eltern nie wieder, waren die einzigen aus der Familie, die die Shoah überlebten.

Das Londoner Denkmal ist eines von fünf, die Meisler zum Thema "Kindertransporte" schuf und trägt den Titel "Die Ankunft". Hinter den Kindern liegt ein langer Weg: Aus den Heimatländern für sie ihr Weg nach Berlin, weiter nach Hoek van Holland, wo sie nach Harwich eingeschifft wurden. Nach ihrer Ankunft wurden die Mädchen und Jungen, darunter auch Kleinkinder und sogar Säuglinge, auf Pflegefamilien verteilt. Da die Zahl der aufzunehmenden Kinder schnell die Zahl der Pflegeplätze überstieg, wurden sie teilweise in Heimen interniert. Dass Meisler bei seiner Großmutter unterkam, war so gesehen Glück.

Auf dem Sockel des Denkmals sind die Namen der Heimatstädte der Kinder zu lesen.
Jedes Kind durfte einen Koffer, eine Tasche, zehn Reichsmark und eine Fotografie mitnehmen. Bücher oder Spielsachen waren verboten, Wertsachen wurden beschlagnahmt. Für jedes Kind musste vor der Ausreisegenehmigung ein Pflegeplatz gefunden und finanziert werden. Auch die Reisekosten in Höhe von 50 GBP, nach heutigen Wert etwa 1.500 Euro pro Kind, mussten finanziert werden Dafür kamen die jüdischen Gemeinden, die Quäker und private Spender auf.

In Hamburg gibt es übrigens auch ein Denkmal für die Kindertransporte. Es heißt "Der letzte Abschied". Vor ihm versammeln sich seit Februar Montag für Montag die Faschisten.
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