Samstag, 1. September 2018

Ausgelesen: Bücher im August 2018

Ich bereite mich immer noch auf den anstehenden Mallorca-Urlaub vor. In erster Linie ist zwar Strand- und Badeurlaub angesagt, aber ich bezweifle, dass ich das länger als drei Tage aushalte. Außerdem will ich wissen, was ich verpasse, sollte ich tatsächlich zehn Tage am Strand liegen.

Die Reihe "Lesereise*" aus dem Wiener Picus-Verlag mag ich sehr gerne, und so landeten die beiden Mallorca-Bände auf dem Kindle. "Miró und der Mann mit der Mandarinenkiste*" von Helge Sobik enthält achtzehn unterschiedliche Portraits wie die titelgebende vom Mann, den den Künstler Miró mit Mandarinen versorgte, aber auch von der Besitzerin einer Olivenmühle oder von einem Schuhmacher, der um sein Handwerk kämpft.

Das Bändchen erschien schon 2012, so dass einiges vermutlich nicht mehr aktuell ist. Noch ein Jahr früher erschien "Fiesta im Schnee der Mandelblüten*" von Brunhild Seeler-Herzog, das mir noch etwas besser gefiel als der zuvor genannte Band der Reihe.

Das Buch beginnt mit der Anreise per Fähre, um dann sehr liebe- und humorvoll einige Eigenheiten der Mallorquiner aufzuzeigen. Wundervoll wird geschildert, wie die Insulaner damit umgehen, wenn der Schnee mal nicht von den Mandelblüten kommt, sondern aus den Wolken. Die Schilderung der nächtlichen Wallfahrt von Palma nach Lluc ist so wunderbar, dass ich glatt in Versuchung bin, an dem knapp 50 Kilometer langen Spaziergang teilzunehmen. Zum Glück, äh, leider ist gerade während unseres Aufenthaltes kein Termin ...

Ohne Krimi geht's bei mir ja nicht, und so las ich "Balearenblut*" von Hanne Holms. Im Mittelpunkt steht die Reisejournalistin Lisa Langer, die für einen Auftrag ins sonnige Alcúdia fliegt.

Kaum angekommen, ihr im wahrsten Sinn des Wortes ein Mann vor die Füße: Ein Hotelgast stürzt vom Balkon des dritten Stocks, und das Messer, das zwischen seinen Schulterblättern steckt, lässt einen Selbstmord unglaubwürdig erscheinen.

Da die Journalistin ein heimliches Doppelleben als Krimiautorin führt, ist die Neugierde groß. Wann kann man sich schon mal eine frische Leiche aus der Nähe ansehen? Schneller als gedacht, findet sich Lisa inmitten der Mordermittlungen wieder.

Da wir auch nach Alcúdia fliegen, hatte ich auf etwas Lokalkolorit gehofft - vergeblich. Zudem bleibt die Protagonistin sehr blass. Mehr Substanz haben da schon die beiden Polizisten, mit denen sie ermittelt: Der Polizeichef im Ruhestand, Jorge, und der (natürlich unglaublich attraktive) Kommissar Perello. Zusätzlich kommen noch zahlreiche Hotelangestellte, Verbrechensopfer, Handlange und Hilfsganoven zu Wort - so viele, dass ich irgendwann komplett den Überblick verlor.

Der Schreibstil ist strandtauglich, was nur bedingt als Kompliment zu verstehen ist, und die Rezepte im Anhang rissen es auch nicht wirklich raus. Kurz: Weitere Bücher aus der Lisa-Langer-Reihe werde ich kaum lesen.

Besser gefiel mir da schon "Rotwild*", ein Schweden-Krimi von Roman Voosen und Kerstin Signe Danielsson. Die Handlung beginnt kurz vor Mittsommer im småländischen Växjö: In einem Wald am Seeufer wird der von Pfeilen durchbohrte Leichnam eines Lehrers gefunden. Die Todesumstände erinnern an die Darstellungen frühchristlicher Märtyrer.

Kommissarin Ingrid Nyström und ihre junge, impulsive Kollegin Stina Forss übernehmen die Untersuchungen. Bald darauf tauchen an der Wand der Domkirche seltsame Zeichen auf. Haben die Polizistinnen es mit einem religiösen Ritualmord zu tun? Die Deutsch-Schwedin Stina Forss hat bald erste Zweifel.

Spätestens nachdem ein weiterer Toter entdeckt wird, erhöht sich der Druck von Vorgesetzten, Presse und Öffentlichkeit auf die beiden ungleichen Frauen spürbar. Während Ingrid Nyström mit familiären Problemen zu kämpfen hat, führt die wendungsreiche Ermittlung Forss nach Nordschweden, nach Berlin und weit zurück in die Geschichte.

Der Krimi ist spannend und wird sicher nicht der letzte von Voosen / Danielsson gewesen sein, den ich lese.

Kontrastprogramm war "Das Jahr, das zwei Sekunden brauchte*" von Rachel Joyce. Die Geschichte zog mich schnell in ihren Bann: Die Freunde Byron und James sind elf Jahre alt, als sich alles für immer verändert. Niemand sieht das Mädchen mit dem roten Fahrrad. Nur Byron, der mit seiner schönen Mutter im Wagen sitzt, als der Unfall im dichten Nebel geschieht. Byron weiß sofort: Er darf keinem etwas davon erzählen.

Doch in nur zwei Sekunden ist die ganze Welt aus den Fugen geraten, und er braucht James an seiner Seite. Können zwei Sekunden existieren, die es vorher nicht gab? Und wird ihre perfekte Welt jemals wieder in den Takt kommen?

Joyce nimmt sich Zeit, die Geschichte zu entwickeln und die Charaktere zu zeichnen. Das ist manchmal etwas langatmig, wurde mir aber dennoch nicht langweilig.

Allenfalls für echte Fans der Peter-Grant-Reihe ist der aktuelle Band "Die Geister auf der Metropolitan Line*". Ansonsten ist das Büchlein eher enttäuschend: Ziemlich flach, ohne echten Spannungsbogen oder Entwicklung der Figuren. Die Geschichte geht über den Klappentext (Geister erschrecken Pendler, die die Metropolitan Line nutzen, Nightingale und Grant ermitteln) kaum hinaus. Viele Fragen bleiben unbeantwortet.

Ich fand "Die Galgen von Tyborn*" schon schwach und bin gespannt, ob Aaronvitch noch zu seiner alten Form zurückfindet.

Normalerweise empfehle ich die Reise Know-How-Reisebücher sehr gerne, aber der Mallorca-Band* sorgte bei mir nur für Kopfschütteln. Das Buch hat knapp 600 Seiten und erinnert sehr stark an eine Touristik-Dissertation - und zwar nicht an eine spannende. Autor Hans-R. Grundmann arbeitet sich gründlich an der Insel ab.

Zu (gefühlt) jedem Ort gibt es ein umfangreiches Kapitel mit umfangreicher Einleitung. Erörtert wird das Für und Wider eines Besuchs, Restaurants, Märkte und Geschäfte werden vorgestellt (ebenfalls samt Erörterung, ob Einkehr oder Einkauf sinnvoll sind), dito Ausflüge, Veranstaltungen, Wanderungen, Hotels ...

Das alles ist ziemlich langatmig und teilweise überflüssig. Wenn von einem Restaurant schon 2015 ungewiss war, ob es noch existiert, dann überprüfe ich das doch vor der 2017 herausgegebenen Neuauflage eines Reiseführers, anstatt seitenlang darüber zu schwadronieren, ob es das Lokal noch gibt.

Dazu kommen ausführliche Wegbeschreibungen - hoffen wir mal, dass der Kaktus, an dem man zum Kloster abbiegen muss, dann auch noch steht, wenn man die Insel bereist, ansonsten ist man mit analoger oder digitaler Landkarte eindeutig besser dran.

Schließlich werden alle beschriebenen Ortschaften nochmals alphabetisch aufgeführt, allerdings ohne Verweis auf die entsprechenden Seitenzahlen, obwohl es in dem Buch sonst von Querverweisen nur so wimmelt. Gleichzeitig sind einige Informationen schon überholt, obwohl die überarbeitete Auflage erst letztes Jahr erschien.

Zusätzlich wird die Geschichte der Insel in einem Comic dargestellt (die vollständige Version gibt's dann aber nur online), gibt es eine Erörterung über Mallorcas Literatur (die vollständige Version gibt's dann wieder) nur online, einen Wanderführer (die vollständige Version - Du ahnst es schon), einen Führer durch Flora und Fauna (Na? Ja, genau.) und persönliche Betrachtungen des Autors über Hotels und Fincas. Ausgenommen ist einzig Magaluf, weil dort nur Engländer urlaubten, sich entsprechend höchstens anglophile Deutsche dort wohlfühlten.

Das kleine Kapitel mit Kochrezepten reißt es dann auch nicht mehr heraus. Eine kurze Übersicht über Speisen und Getränke hätte ich hilfreich gefunden. In der analogen Ausgabe ist sie wohl auf der Rückseite der Mallorca-Karte. In meiner digitalen Ausgabe fehlte beides. Schön wäre auch ein kleiner Sprachführer gewesen.

Am Ende der Lektüre fühlte ich mich erschlagen und urlaubsreif und hatte den Eindruck, egal, was ich auf Mallorca mache, es kann nur falsch sein. Jegliche Reiselust war dahin.

Angelesen habe ich "Torquemadas Schatten*" von Karl Otten, aber die Geschichte über ein spanisches Dorf im Bürgerkrieg bewahre ich mich doch für den Strand auf. Da habe ich mehr Ruhe, mich auf den behäbigen Erzählstil einzulassen.


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