Samstag, 10. April 2021

Samstagsplausch KW 14/21: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten LIV

Diese Woche wünschte ich mir die Zeiten zurück, in denen mich Ärzte abwimmelten mit den Worten: "Sie sind einfach nur fett. Essen Sie weniger, nehmen Sie ab, und Ihre Beschwerden verschwinden." Seitdem nämlich klar ist, dass meinem Gewicht eine ernsthafte Hormonstörung zugrunde liegt, ich zudem Hormone wegen der Wechseljahrsbeschwerden nehmen muss, muss ich wegen abzuklärender Risiken zu vielen Ärzten, werde von ihnen ernstgenommen und bekomme so viele Diagnosen, dass ich mir schon gar nicht mehr alle merken kann - und sie werden nicht schöner. 

Aktuell habe ich die Vorgabe, bei bestimmten Symptomen direkt in die Notaufnahme zu fahren. Super, gerade jetzt, wo die Krankenhäuser eh überlastet sind. In den nächsten Wochen wird dann geguckt, ob die vorläufige Diagnose Bestand hat. Es kann auch sein, dass es alles nur falscher Alarm ist, die auffälligen Laborwerte einen harmlosen Grund haben. Das sei aber nicht der Normalfall, meint der Facharzt. Das macht Mut. So richtig will mir nicht in den Kopf, dass Beschwerden, die ich seit 30 Jahren habe, die seit 30 Jahren als "einfach nur fett" abgetan wurden, nun plötzlich zu einer ernsten Erkrankung gehören sollen.

Immerhin: Ich kasteie mich nicht mehr mit Low Carb oder Keto, weil's womöglich eh zu spät ist. Schließlich will ich champagnerselig und schokoladensatt ins Grab rutschen. Die Ernährungsberaterin, zu der ich Ende des Monats das erste Mal muss, bekommt wohl ein Schleudertrauma vom Kopfschütteln, wenn sie mein Esstagebuch prüft.

Hier gilt seit mittlerweile 56 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. 

Der Gatte ist seit einem Jahr in Kurzarbeit, arbeitet jetzt drei Mal pro Woche. Die Perspektivlosigkeit ist weiterhin belastend, aber körperlich geht's ihm langsam besser. Wir konnten sogar wieder einen langen Spaziergang machen! Sein Nervenkostüm ist allerdings dünner als dünn, und die stetig steigenden Infektionszahlen samt null Reaktion der Politik machen ihm zu schaffen. 

Diese Woche machte ihm immerhin Freude, dass er in der Nähe seines Arbeitsplatzes einen Baumarkt entdeckte - in Schleswig-Holstein sind die geöffnet, anders als in Hamburg. Endlich bekam er die Sachen, die er brauchte, um an seiner Modellbahn weiterzubauen, was ihm richtig Auftrieb gab. Bevor die Baumärkte wegen zu hoher Infektionszahlen wieder schließen müssen, wird er hoffentlich auch die Übergangsprofile bekommen, die den breiten Spalt im Laminat verdecken sollen. Momentan ist unsere Wohnung nämlich sehr trocken, warum auch immer. Sonst quillt das Laminat. 

Mein Arbeitsplatz ist sicher. Ich bin einen Tag im Büro bzw. im Laden, arbeitet ansonsten zu Hause. Momentan gibt es in allen Arbeitsbereichen viele Umstrukturierungen - unsere immer noch neuen Chefs legen voll los. Mal schauen, was Neues auf mich zukommt. Aktuell habe ich reichlich Arbeit und vermisse mein Büro, denn ich bin es gewohnt, mit Mappen zu arbeiten und viel Platz zum Auslegen zu haben. Das fehlt zu Hause, und auch nach einem Jahr habe ich noch keinen Ersatz für mein Mappensystem gefunden. 

Ostern war geruhsam. Sonntag waren wir bei Mudderns zum Frühstück. Ich hatte belegte Brötchen beim Bäcker vorbestellt, die auch noch für das Frühstück am Montag reichten. Es war ein netter Vormittag. In Mudderns verwildertem Garten fand ich sogar Bärlauch, den ich ausgrub und bei uns einpflanzte. 

Am frühen Abend kam Schwiegermutter, holte ich Essen aus einem Restaurant. Das reichte ebenfalls noch für Montag, und es war ein netter Abend, der allerdings früh zu Ende war, da in Hamburg seit Karfreitag Ausgangsbeschränkungen zwischen 21 Uhr und 5 Uhr gelten. Man darf zwar nach 21 Uhr noch alleine unterwegs sein, und ich vermute, es hätte auch niemand etwas gesagt, wenn ich Schwiegermutter nach Hause gefahren hätte, aber es passte auch so.

Die Ausgangsbeschränkungen brachten dem Gatten ein neues Hobby: Wenn er nach 21 Uhr rauchend auf dem Balkon sitzt, zählt er Autos, die seiner Meinung nach ja auch nicht mehr unterwegs sein dürfen ... An die Vorgabe "Ein Haushalt plus eine weitere Person" hielt sich hier in der Nachbarschaft über Ostern kaum jemand (und auch sonst nicht). Man muss das Virus doch unter die Leute bringen.

Ansonsten musste der Gatte wieder in die Augenklinik, also fuhr ich ihn und nutzte die Zeit zum Einkaufen in dem riesigen Supermarkt in der Nähe. Diesmal ging's rasend schnell, war ich beim Einladen, als der Gatte anrief, um abgeholt zu werden. Dabei wollte ich doch nur zur Bank, zur Post, Blumen kaufen ... Nächste Woche muss er wieder zu einer Voruntersuchung, und dann steht fest, wie viele Behandlungen es diesmal werden. Auch wenn mich das Fahren anstrengt, finde ich es doch schön, Zeit mit dem Gatten zu verbringen, und ich freute mich sogar auf den riesigen Supermarkt, wo es vieles gibt, was ich aus unserem Supermarkt nicht kenne. Dementsprechend üppig fiel der Einkauf aus. Ich bekam sogar einen Gürtel, um meine rutschenden Hosen zu bändigen (und der Gürtel musste viel kürzer sein als gedacht).

Im Garten ist momentan Pause, da es ja doch wieder recht frostig ist. Sonst wäre die Terrasse schon lange wieder nutzbar. Der Balkon ist auch noch nicht sauber - als ich gerade damit anfangen wollte, wurde es wieder winterlich. Überrascht stellten wir fest, dass der Laubsauger in Schwiegermutters Haus blieb - also kaufte der Gatte einen neuen. So sehr ich die Dinger auch ablehne, so sehr sind sie doch bei der Reinigung der Terrasse nützlich - und so spät, wie wir das Teil einsetzen, kommen auch weder Igel noch Mäuse zu Schaden. Im Herbst und Winter lassen wir das Laub eh liegen oder rechen nur ein wenig, damit Igel und Mäuse ein Winterquartier haben. Dieses Jahr war's den Mäusen nicht kuschelig genug: Sie zerlegten ein Sitzkissen, um Polstermaterial zu bekommen. Ich habe es noch nicht entsorgt, denn die Meisen freuen sich jetzt auch darüber. 

Die erste Lieferung aus dem Gartenmarkt kam an, der Rest kommt nächste Woche. Mal schauen, ob alles anwächst. Im Moment ist es zwar zu kalt zum Aussetzen der Pflanzen, aber ich habe keine Möglichkeit, sie zwischenzulagern. Ich habe auch Rasensaat gekauft und, nachdem der Gatte darauf bestand, dass eine Harke alleine nicht ausreicht, um das Moos zu entfernen, einen kleinen Vertikutierer. Vermutlich werde ich die Idee, das Moos gegen Rasen zu tauschen, noch verfluchen. 

Nachdem es wieder Probleme mit den Bolz-Blagen gibt, haben wir beschlossen, eine Kamera im Garten zu installieren. Es gab ein paar merkwürdige Vorfälle wie eine geöffnete Truhe - gut, den Deckel hätte mit viel Phantasie auch ein Sturm aufwehen können, aber er wurde richtig aus der Halterung gebrochen. Außerdem haben ich den Eindruck, ein paar der letztens gesetzten Bodendecker fehlen - da sind so verräterische Löcher. Und wenn ich den Bolz-Blagen Unrecht tue, haben wir zumindest hübsche Bilder von Eichhörnchen oder Meisen, Rotkehlchen und anderem Gevögel.

Den Müttern und Tante geht's gut. Tante leidet weiterhin darunter, dass ihre Freizeitaktivitäten seit über einem Jahr ausfallen; ihr fehlen Wassergymnastik, Rheumaliga und Bridge. Meine Mutter bräuchte dringend Stimulanz, aber sie verweigert alle entsprechenden Aktivitäten. Immerhin hat sie sich nach dem desolaten Jahresbeginn gefangen und meinte letztens, sie würde sich über einen Ausflug in die Heide freuen. Also fahre ich mit ihr in den Höpen, wenn das Wetter besser ist.

Schwiegermutter hat sich gut in der Seniorenwohnanlage eingelebt. Ein Nachbar, mit dem sie sich anfreundete, verstarb leider, aber sie hat einen andere nette Bekanntschaft gemacht. Ihr geht es da in der SWA noch am Besten, denn anders als Tante, die unter dem Alleinsein leidet, hat sie immer Gesellschaft und Ansprache, wenn sie möchte. Theoretisch gäbe es auch Bewegungsangebote, aber da macht Schwiegermutter nicht mit. Stattdessen geht sie sehr viel spazieren, manchmal zusammen mit dem Gatten.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

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