Samstag, 24. April 2021

Samstagsplausch KW 16/21: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten LVI

Warten. Hier ist zurzeit Warten angesagt. Auf die Labor-Ergebnisse des Hausarztes, auf den nächsten Facharzttermin (wieder eine neue Fachrichtung), auf die Labor-Ergebnisses des Facharztes, auf den Biopsie-Termin, auf das Ergebnis der Biopsie ...  Immerhin sieht der Hausarzt den Tumorverdacht der letzten beiden Facharzt-Untersuchungen nicht bestätigt. Aber er fand Auffälligkeiten in der Niere, die jetzt gründlich untersucht wird. Manchmal frage ich mich, wann ich den Pschyrembel durchgespielt habe.

Die Laborwerte, die jetzt so viele Ärzte besorgt gucken lassen, sind schon seit bummelig 30 Jahren auffällig. Damals gab's von zwei Ärzten erste Hinweise auf eine Hormonstörung. Aber weil ich damals 7 Kilo Übergewicht hatte, guckten sie nicht weiter, sondern empfahlen mir, weniger zu essen, vor allem auf Schokolade und Schweinefleisch zu verzichten - letzteres war besonders sinnig, denn damals lebte ich koscher. 

Schön waren auch die ständigen Predigten, ich müsse mich mehr bewegen. Bis vor acht Jahren leitete ich Wanderstudienreisen und machte Stadtführungen. Ich lief fast jeden Tag die Kilometer eines Halbmarathons. Musste ich nicht arbeiten, lief ich Treppen hoch, um in Form zu bleiben - bis in den 20. Stock. Mindestens zwei Mal in der Woche, oft aber täglich, machte ich Kraft- und Konditionstraining, mindestens eine Stunde. 

Wenn ich darauf hinwies, was und wie wenig ich esse, wie viel ich mich bewege, unterstellte man mir, zu lügen, denn wenn das stimmte, wäre ich ja nicht so dick. Irgendwann gab ich auf, aß zu wenig für mein Gewicht, bewegte mich viel und arrangierte mich damit, dass ich trotzdem beständig zunahm. 

80 Kilo Übergewicht und 30 Jahre später wurde dann die Hinweise von damals eher zufällig bestätigt, als nach der Ursache für meine Wechseljahrsbeschwerden gesucht wurde. Ich bekam endlich Tabletten gegen die Hormonstörung und nahm seit Herbst 20 Kilo ab, ohne wirklich weniger zu essen oder mich viel zu bewegen. Einzig auf Kohlenhydrate versuche ich zu verzichten, um die Wirkung der Tabletten zu verbessern, aber ganz kann ich einfach nicht auf Obst und Gemüse, Brot, Kartoffeln und Nudeln verzichten.

Und jetzt, wo die Ärzte endlich begriffen, dass es nicht am Essen liegt, werden Laborwerte kritisch beäugt, die vor einem halben Jahr noch mit "Essen Sie einfach weniger!" abgetan wurden. So ganz komme ich dem nicht hinterher, kann das nicht ernst nehmen. Grundhaltung: "Alle bekloppt!" Mein Kopf weigert sich einfach zu begreifen, dass Laborwerte, die seit 30 Jahren bekannt sind, nun plötzlich auf ernste Erkrankungen deuten. Gleichzeitig mache ich mir natürlich Sorgen, wenn mich die Ärzte besorgt angucken und mir empfehlen, bei bestimmten Beschwerden sofort in die Notaufnahme zu fahren. 

Nun ja, es wird sich schon irgendwie alle zurechtruckeln. Ich kann's mir eh nicht erlauben, auszufallen. 

Hier gilt seit mittlerweile 58 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. 

Der Gatte ist seit einem Jahr in Kurzarbeit, arbeitet jetzt drei Mal pro Woche. Die Perspektivlosigkeit ist weiterhin belastend. Sein Nervenkostüm ist dünner als dünn. Sein Arbeitgeber interessiert sich kaum für Corona-Schutzmaßnahmen außer Desinfektionsmittel. Testpflicht? Maskenpflicht?  Homeoffice? Alles egal. Wobei es dem Gatte ohnehin besser geht, wenn er zum Arbeiten raus muss, einen strukturierten Tag hat, während ich meistens liebend gerne zu Hause arbeite. Aber es wäre natürlich schöner, sein Arbeitgeber sorgte für Schutzmaßnahmen. Stattdessen machen wir es selbst.

Mein Arbeitsplatz ist sicher, was eine große Erleichterung ist. Ich bin einen Tag im Büro bzw. im Laden, arbeite ansonsten zu Hause, wie die meisten Kollegen. Momentan bin ich wieder sehr froh, zu Hause arbeiten zu können, denn ich muss mehrmals täglich eine hohe dreistellige Anzahl an Datensätzen durchgehen. Zu Hause kann ich zwischendrin mal kurz auf den Balkon oder in den Garten, um die Augen auszuruhen. Im Büro sehe ich nur Grau. Aber weil ich Stunde um Stunde nur auf den Bildschirm starre, fehlt mir gerade absolut die Lust zum Bloggen. Zudem machen mir meine Augen Sorgen, denn ich sehe nicht mehr richtig. Ich müsste schon seit über einem Jahr zum Augenarzt. Vermutlich ist eine weitere OP fällig. Ich habe nur keine Ahnung, wie ich diese Termine noch unterbringen soll. Also irgendwie durchmogeln. 

Ein merkwürdiges Gefühl ist, dass unsere Arbeitsplätze gerade neu organisiert werden. Wenn wir irgendwann mal wieder zurück ins Büro kommen, werden einige andere Büros haben, wird es mindestens zwei neue Kollegen geben. Mal schauen, wie sich das entwickelt.

Ein kurzer menschenleerer Moment vor dem Withüs im Hirschpark.

Diese Woche brachte einen Ausflug mit Schwiegermutter in den Hirschpark. Auch der Gatte schaffte den Spaziergang. Wir hatten Tee und Kekse dabei, suchten uns eine sonnige Bank und verklönten den Nachmittag. Mich dauerte das Witthüs, dessen Bauerngarten ziemlich verwildert aussieht. Ihm fehlen die Gäste. Und uns fehlt das Witthüs. Wir feierten dort unsere Hochzeit und manchen Hochzeitstag. 

Normalerweise wäre der Gatte alleine zu seiner Mutter gegangen, zur sonntäglichen Teestunde, aber in der Seniorenwohnanlage ist gerade striktes Besuchsverbot. Nach einem Coronafall wurde ein Reihentest angeordnet, bei dem weitere Fälle auftraten - und das trotz strenger Hygienestandards und hoher Impfquote! Also ist bis mindestens übermorgen alles dicht, treffen wir Schwiegermutter draußen. Heißt für mich: Spaziergang anstatt die Zeit, die der Gatte bei seiner Mutter ist, zum Putzen zu nutzen.

Mudderns wurde diese Woche zum zweiten Mal geimpft. Ich bin sehr froh, dass wir dahinter einen Haken machen können. Und ich bin dankbar, dass meine kleine Familie bislang gut durch die Pandemie kam. Auch, wenn wir auf vieles verzichten müssen, geht es uns doch vergleichsweise gut.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

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