Samstag, 27. August 2022

Samstagsplausch KW 34/22: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CXXVIII

Oft denke ich, es war eine ruhige Woche - bis ich sie für den wöchentlichen Samstagsplausch Revue passieren lasse. 

Sonnabend war der Gatte alleine beim Herzsport! Bislang war der Rückweg problematisch, weswegen ich ihn fuhr, aber jetzt schaffte er beide Wege selbst - ein Fortschritt! Ich nutzte die Zeit, um wenigstens schnell mal ein bisschen durchzuputzen. Später machten wir uns nach einem ruhigen Tag einen ruhigen Fernsehabend beim Themenabend "Lüneburger Heide". Da ist das alt-neue Haus, da ist unsere neue Heimat. Für den Gatten ist das alles neu, denn er kennt dort kaum etwas. Ich wuchs dort auf, aber auch für mich ist vieles neu, denn seit 38 Jahren war ich nur selten dort. 

Sonntag fuhr ich alleine in die lindgrüne Hölle, fand tatsächlich die ominöse Münzsammlung meines Vaters - im Tresor, wo sie aller Logik nach auch hingehört, womit aber angesichts des Ordnungssinnes meiner Mutter nicht zurechnen war - und kam abends mit 9 Müllsäcken voller Textilien zurück. Da dachte ich noch erfreut, endlich mit den Textilien durch zu sein, aber am kommenden Tag fand der Gatte noch welche ... Wir machen drei Kreuze, wenn das Haus leer ist. 

Nachmittags war ich mit Mudderns zum Eisessen. Sie war körperlich in schlechter Verfassung, schaffte den Hinweg nur mit Mühe und bestand beim Rückweg darauf, im zufällig geöffneten Kirchencafé zu warten, bis ich das Auto holte. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis sie es sonntags wieder in die Kirche schafft, falls sie es überhaupt wieder schafft, denn sobald sie außerhalb des Heimes unterwegs ist, ist sie unsicher, meint, vertraute Wege nicht mehr zu kennen. Für die zweimal drei Stunden, in denen sie mit ihrer Gesellschafterin unterwegs ist, reißt sie sich anscheinend extrem zusammen, aber für mehr reicht die Kraft nicht.

Montag begann mit der Krankmeldung einer Kollegin - Corona, was sonst?! Sie weiß genau, wo sie sich infizierte: Bei einer als sicher geltenden Veranstaltung. 

Der Gatte fuhr ins alt-neue Haus und kam mit acht Müllsäcken zurück. 

Ich musste zur Horror-Hormontante, und der Termin war, wie nicht anders zu erwarten, unerfreulich. Leider gibt es keine Alternative zu dieser Ärztin. Die Endokrinologin beschimpfte mich, weil ich nicht regelmäßig zu ihr in die Sprechstunde gekommen bin, sondern mir nur Rezepte abholte - ich versuchte seit September 2020 vergeblich, herauszubekommen, in welchem Rhythmus ich zu ihr soll, erhielt aber keine Antwort auf entsprechende Fragen bzw. nur die Info, ich solle zu Hausarzt und Gynäkologe gehen, sie sei für regelmäßige Konsultationen nicht zuständig. Also dachte ich irgendwann, sie solle sich halt melden, wenn sie was will ... Sie besteht auf der bariatrischen OP, die nichts mit meinen gynäkologischen Beschwerden zu tun hat, aber ich bin nur zu dumm, um ihr Behandlungskonzept zu verstehen. 

Sie bestand zudem überraschend auf einer gynäkologischen Untersuchung - bislang betonte sie, als gynäkologische Endokrinologin sei sie nicht für gynäkologische Untersuchungen zuständig. Sie sieht nicht mehr eine Total-OP als einzige Option, sondern will erstmal klären, woher die Hypermenorrhoe eigentlich kommt, denn angesichts von Endometriose und Myomatose gibt's dafür mehrere Möglichkeiten. Sie will für mich einen Termin in einer poshen Privatklinik arrangieren, damit die sich ein Urteil bilden und ggf. minimalinvasiv operieren. Sie selbst sei dazu nicht in der Lage, weil ihre Ultraschallgeräte zu klein seien, um jemanden mit meinem Gewicht zu untersuchen. Ähm, ja, nee, is klaa. Ich bezweifle, dass die in der Privatklinik zu einem anderen Urteil kommen als mittlerweile fünf Gynäkologinnen, deren Ultraschallgeräte nicht zu klein waren, aber bitte. Zumindest ist die Klinik auf Endometriose und Myomatose spezialisiert, und normalerweise bekäme ich als Kassenpatientin dort keinen Termin. Ich bin gespannt, ob die Hormontante sich an den Telefontermin erinnert - den im Frühjahr 2021 vergaß sie. 

Mit den verschriebenen Hormonen komme ich ganz gut zurecht, aber niemand kann mir die Frage beantworten, wie lange ich die nehmen kann. Alle sehen in einer OP die einzige Lösung, nur kann ich es mir nicht leisten, mindestens acht Wochen nicht körperlich belastbar zu sein. Okay, aktuell geht's dem Gatten gut, sind die Mütter versorgt, aber die Erfahrung zeigt, dass alles außer Balance gerät, sobald ich Schwäche zeige, nicht mehr funktionieren kann. 

Dienstag hatte ich die vierte Asthmanacht in Folge und blieb zu Hause. Nachmittags rief erst Mudderns an mit der erfreulichen Nachricht, dass sie in zwei Tagen in ein Einzelzimmer umzieht, dann Schwiegermutter mit der wenig erfreulichen Mitteilung, sie habe Corona. Irgendwie bestätigt war das nicht. Ihr Hausarzt kam darauf, machte aber keinen Antigentest, sondern schickte sie ins Krankenhaus - wo sie zum einen ohne vorherige Onlineregistrierung keinen Termin bekommt, zum anderen nur symptomfrei getestet wird, und Symptome hatte sie reichlich. An dem Tag war ihr der Weg ins Krankenhaus zu anstrengend. Wir konnten sie zumindest überzeugen, dass die Hausdamen ihrer Seniorenwohnanlage einen Termin für sie vereinbaren, den sie vorgestern hatte, und in Begleitung ihres Lieblingstaxifahrers klappte dann auch das Onlinegedöns - Schwiegermutter hat nämlich weder Internet noch Smartphone. Der Test war negativ, Gott sei Dank. Sie hat eine sehr heftige Halsentzündung, die mit Antibiotika schnell besser wird. 

Mittwoch hatte ich einen sehr langen Bürotag, auch, weil ich mich mit einer Kollegin verquatschte, mir erst kurz vor Feierabend einfiel, dass ich ja am Vortag versprach, eine Aufgabe der coronakranken Kollegin zu erledigen. Der Heimweg war anstrengend, weil Die Ärzte auf der Trabrennbahn spielten, Massen an Menschen auf den Straßen und im ÖPNV unterwegs waren - wie vor Corona. Abends waren gute Nachrichten in der Post: Die private Zusatzrente des Gatten ist nach acht Monaten Bearbeitungszeit endlich bewilligt! Wir hatten uns schon auf einen Rechtsstreit mit der Lebensversicherung eingestellt. Das Geld ist sehr willkommen, wird zudem rückwirkend bezahlt.

Donnerstag waren wir beide im alt-neuen Haus. Der Statiker kam, um unseren einsturzgefährdeten Balkon zu begutachten. Wir sprachen über verschiedene Möglichkeiten, entschieden uns dann dafür, den bestehenden Balkon zu sanieren. Es gelang dem Statiker sogar, einen Handwerker zu finden, der an einem "so kleinen" Auftrag interessiert ist, weil ihm gerade ein anderer Auftrag wegbrach. Der Handwerker kam sogar noch am gleichen Tag, nahm Maß, rief gestern an und sagte, das Material käme über's Wochenende aus Polen, und schon Montag ginge es los! Wir waren total geplättet ob des Tempos und vergaßen vor lauter Freude, dass der Gatte Montag einen nicht verschiebbaren Arzttermin hat - zum Glück konnte ich spontan einen freien Tag nehmen. Jetzt sind wir gespannt auf Montag, wissen noch gar nicht, wie lange die Arbeiten dauern, rechnen schon damit, den Geburtstag des Gatten im alt-neuen Haus zu feiern, und werden mal fragen, ob der Handwerker auch neue Kellerfenster und einen neuen Durchlauferhitzer beschaffen kann. Den gewünschten Wanddurchbruch macht er, daran dachten wir Donnerstag, denn auch dafür brauchten wir den Statiker. 

Mudderns bezog mit Hilfe ihrer Gesellschafterin das Einzelzimmer, das in der gleichen Wohngruppe ist, so dass sie in der gewohnten Umgebung bleibt. Sie ist froh, dass sie jetzt alleine sein kann, wenn sie alleine sein möchte, kann das Zimmer abschließen, wenn sie weg geht. Jetzt kann sie wirklich im Pflegeheim ankommen. Ihr Sturz ist jetzt acht Wochen her. Sie hat sich im Heim ganz gut eingelebt, während die Welt draußen sie zunehmend zu überfordern scheint. Im Heim bewegt sie sich sicher. Langsam versteht Mudderns auch, dass wir das Haus sanieren, und wenn sie etwas aus dem Haus braucht, setzt sie oft "wenn das noch da ist" dazu.

Ich würde ihr gerne ein paar Kleinmöbel ins neue Zimmer stellen, damit etwas Vertrautes da ist, aber bislang hat sie daran kein Interesse. Ich habe Fotos von den möglichen Möbelstücken gemacht, damit ihre Gesellschafterin mal mit ihr guckt, ob nicht doch etwas umziehen soll. Ich hatte die Hoffnung, dass Mudderns sich wieder selbst um ihre Bankgeschäfte usw. kümmert, die Unterlagen mitnimmt, aber sie hat daran kein Interesse, keinen Spaß mehr. Mal schauen, ob ich es schaffe, mich da einzuarbeiten, denn mir wurde Zeit meines Lebens gesagt, ich wäre dafür zu dumm. Ich habe ihr auch Schmuck, Bücher und persönliche Unterlagen beiseite gestellt, aber auch die möchte sie nicht haben. Ich werde das alles beizeiten noch mal durchsehen und dann im Keller lagern, was unbedingt bleiben muss. Ich habe auch viel zu viel Kleidung aufgehoben, weil ich nicht weiß, was sie zum Winter hin tragen möchte. Ihr Kleiderschrank ist gar nicht so groß, aber vielleicht wechseln wir die Kladage einfach zweimal im Jahr.  

Der Gatte hat endlich die Kammer leer, schaffte es auch, die letzten Kisten, die anscheinend mit einem Regal verwachsen waren, herauszuziehen. Um sie zu transportieren, packte ich sie in Ikea-Taschen um, und war entgeistert, als ich alle Schulhefte meiner Mutter und Briefe ihrer Mutter und ihrer Schwester seit 1948 fand! Nicht nur, dass sie abstritt, Erinnerungen von früher zu haben, sie zog auch mehrfach damit um ... Dass ihre Unterlagen in der hintersten Ecke der Kammer verkeilt waren, während die meines Vaters wie Heiligtümer behandelt wurden, spricht Bände. Ich habe kurz überlegt, die Sachen aufzubewahren und in Ruhe durchzusehen, kam aber zu dem Ergebnis, dass es besser ist, nicht daran zu rühren. 

Ich vermute, das Haus atmet erleichtert auf, dass es diese Papiermassen, überhaupt die Massen an Geraffel los ist, und auch ich bin erleichtert. 

Abends fuhren wir mit sechs Müllsäcken und vier Ikea-Taschen voller Altpapier nach Hause. 

Freitag machten wir uns einen ruhigen Tag und waren erleichtert, dass es endlich mal wieder regnete, auch wenn es nicht wirklich abkühlte. 

Hier gilt seit mittlerweile 128 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird. Er ist inzwischen schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte. Wir sind natürlich geimpft, aber angesichts unserer Vorerkrankungen ist trotz Impfung eine Corona-Infektion wenig ratsam. Angesichts der steigenden Infektionszahlen ist sie aber unvermeidbar, und ich kann nur hoffen, dass es uns dann nicht zu hart trifft. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

4 Kommentare:

  1. Ach du meine Güte,
    nach dem lesen deines ausführlichen Posts merke ich erst mal wieder, wie gut es mir doch geht !
    Du hast ganz schön viel zu wuppen, meine Hochachtung.
    Weiterhin viel Durchhaltevermögen wünscht dir
    Jutta

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    1. Danke dir, liebe Jutta! Ich versuche, so viel wie möglich abzugeben. Das fällt allerdings oft schwer.

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  2. Erstaunlich, wenn man es aufschreibt, dann war es gar keine ruhige Woche...
    Ihr habt echt Glück mit dem Handwerker. Die sind so selten...
    Liebe Grüße und ihr schafft das
    Andrea

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.