Sonntagabend fuhr ein Heißluftballon über den Garten des alt-neuen Hauses. |
Hier gilt seit mittlerweile 127 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird. Er ist inzwischen schwerbehindert und berufsunfähig verrentet.
Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte. Wir sind natürlich geimpft, aber angesichts unserer Vorerkrankungen ist trotz Impfung eine Corona-Infektion wenig ratsam. Angesichts der steigenden Infektionszahlen ist sie aber unvermeidbar, und ich kann nur hoffen, dass es uns dann nicht zu hart trifft.
Eigentlich wollten wir dieses Wochenende ins Kino, Guglhupfgeschwader gucken, aber der Gatte befand, keine Lust aufs Masketragen im Kino zu haben und ohne Maske nicht ins Kino zu wollen, weil Corona ... Es sind diese Momente, in denen wir die Pandemie einfach über haben. Nur: Nützt ja nichts. Dass er auf der Anreise nach Mallorca bald bummelig acht Stunden Maske tragen wird, ignoriert der Gatte geflissentlich.
Bei der Sanierung des alt-neuen Hauses kämpfen wir uns Schritt für Schritt vorwärts. Der Statiker, der den einsturzgefährdeten Balkon beurteilen soll, kommt tatsächlich schon kommende Woche! Beim Vorgespräch hielt er sich ja bedeckt, ob er es dieses Jahr überhaupt noch schaffe. Bei seinen Stundensätzen bekam ich als Geisteswissenschaftlerin allerdings mal kurz Schnappatmung ... Das wird ein teures Vergnügen, das wir uns hätten sparen können, wenn Mudderns die Reparaturbedarfe nicht ignoriert hätte. Immerhin gab sie inzwischen tatsächlich zu, dass sie Reparaturen ignorierte, während sie bislang meinte, wir wollten alles Alte ersetzen, nur, weil es alt sei. Die Kosten müssen wir nun tragen, und der Balkon wird einen Großteil der Hypothek verschlingen (so wir denn eine bekommen). Wir möchten aber beide einen Balkon haben - mal gucken, ob wir noch immer so denken, wenn die Kosten feststehen.
Internet bekommen wir vermutlich schon im Oktober (und damit einhergehend auch Telefon und Fernsehen), weil wir auf den Montageservice verzichteten - andernfalls gäbe es frühestens im kommenden Jahr einen Termin. Aber der Gatte meint, die Verkabelung bekommt er selbst hin, machte er hier in der Wohnung ja auch. Dann kann ich zumindest vom alt-neuen Haus aus arbeiten. Länger als zwei Tage werden wir dort aber kaum bleiben wollen, denn es gibt noch kein Heißwasser zum Duschen, bis der Durchlauferhitzer erneuert wird (und wann das ist, steht in den Sternen).
Als ich diese Woche einen Besichtigungstermin mit dem örtlichen Entrümpler für Oktober vereinbaren wollte, stellte sich heraus, dass der noch immer Corona-Probleme hat - deswegen kamen wir schon im Juli nicht zueinander. Momentan kann eine Vorbesichtigung frühestens im November stattfinden, und das auch nur mit Glück, und wann dann genug Personal für die Entrümpelung da ist, steht in den Sternen. So kommen wir nicht weiter.
Mir wurde dann eine Firma empfohlen, die zwar nicht vor Ort ist, aber einen weiten Aktionsradius hat, und beim Telefonat zur Terminabsprache schon einen sehr guten Eindruck machte. Allerdings hätte sie es gerne gehabt, wenn wir nicht schon vieles in Umzugskartons verpackt hätten, damit sie die Kosten besser schätzen können. Die ursprünglich angedachte Firma hingegen wollte alles verpackt und zerlegt haben. Heißt, wir hören ab sofort mit dem Packen auf, entsorgen nur noch Müll, und für das Dutzend Umzugskartons mit Porzellan und Glas finden wir hoffentlich vor Ort eine Lösung. Die Firma nimmt auch Bücher und Schallplatten mit - eine wirkliche Entlastung. Falls die dänischen Designermöbel und die afghanischen Teppiche niemand haben möchte, gehen sie auch dorthin.
Der Gatte kann schon mal anfangen, den Keller zu fliesen, und mit Glück kann er sich dann ab November Raum für Raum hocharbeiten. Ich kann mich darauf konzentrieren, die ominösen Münz- und Briefmarkensammlungen zu finden und die Papiermassen zu sichten. Darunter finden sich Schätzchen wie eine Projektarbeit meiner Mutter zu Adenauers Moskaureise 1955 oder ein Zeitungsartikel zur Goldenen Hochzeit meiner Großeltern, in dem auch stand, wie sie sich kennenlernten. Diese Sichtung würden mir die Entrümpler auch abnehmen, nur weiß ich gar nicht, was sich in dem Chaos verbirgt, muss deswegen selbst da durch. Mudderns kann nichts Bedrucktes wegwerfen, und ich bin froh, dass sie die Zeitungen an einen Nachbarn weitergab. Sonst wären da auch noch 61 Jahrgänge dreier Tageszeitungen zu entsorgen. Inmitten von Papiermüll finde sich dann plötzlich Rentenunterlagen oder Wertpapiere, also muss alles durchgesehen werden.
Diese Woche holten wir aus dem Haus 4 Ikea-Taschen voller Altpapier, 2 Müllsäcke voller Müll, diverse Taschen, 8 Müllsäcke voller Textilien und einen Kofferraum samt Ladefläche voller Sperrmüll.
Da noch ungewiss ist, wann Mudderns in ein Einzelzimmer umziehen kann, überlege ich, die wenigen Möbel, die sie mitnehmen könnte, einlagern zu lassen. Davor muss der Gatte aber prüfen, ob sie sich zwei Schränke ab- und wieder aufbauen lassen oder ob sie dann auseinanderfallen, denn die sind auch schon bummelig 50 Jahre alt. Der Gatte schlug zu recht einen Neukauf vor, aber es geht ja darum, dass Mudderns etwas Vertrautes hat, und den Sessel, den sie gerne mitnehmen möchte, bekommt sie nicht, weil sie selbst sagt, mit dem kippt sie immer um. Bleiben noch ein paar kleine Tischchen, Lampen, Bilder, Stehrümchen, Bücher und ihre geliebte Puppe. Ich hoffe, für die finde ich noch jemanden, der sie repariert.
Wenn das alt-neue Haus entrümpelt ist, geht's in der Wohnung weiter, und da werden die gleichen strengen Maßstäbe angesetzt - andernfalls ziehe ich noch mit 400 Kronkorken um.
Mudderns realisiert langsam, dass sie im Pflegeheim nicht eingesperrt ist. Sonntag verzichteten wir auf das Eisessen, weil es einfach zu heiß war, aber dann bat sie mich, sie bis zur Tankstelle zu begleiten, um sich eine Zeitung zu kaufen. Das sind zwar nur 300 m, aber sie schaffte sie nicht ganz, also ging ich den Rest alleine und holte uns neben der Zeitung Eis am Stiel, das wir auf der Straße aßen - nicht das Geplante, aber es tat ihr gut. Ich hoffe, sie traut sich auch bald wieder in die Kirche. Mudderns ist wieder in der Phase, dass sie mit mir nicht zu Fuß gehen möchte, während sie mit ihrer Gesellschafterin auch weiteste Strecken zu Fuß macht ...
Im Pflegeheim hat sie viele Kontakte geknüpft, und der strukturierte Tagesablauf tut ihr weiterhin gut. Die Personalsituation ist aber weiterhin desolat, die Tablettenversorgung klappt nicht. Wir haben überlegt, die Heimaufsicht einzuschalten, was Mudderns aber nicht möchte. Sie will ihre Tablettenversorgung wieder selber machen - chaotischer als die durch's Heim kann das auch nicht werden ... Ein anderes Heim kommt für sie nach wie vor nicht in Frage. Die beiden Alternativen liegen zu dezentral; sie möchte die Möglichkeit haben, alleine in die Stadt, zur Kirche oder zum Friedhof zu gehen.
Die Dame, mit der sich Mudderns das Zimmer teilt, bekommt nie Besuch. Als ich dem Gatten sagte, wie traurig ich es fände, dass sich niemand kümmert, gab er zu bedenken, dass es vielleicht niemanden gibt, der sich kümmern kann, dass sie vielleicht ganz alleine ist, keine Angehörigen hat. Das führte uns vor Augen, dass uns genau das auch erwarten wird, da wir kinderlos sind. Nun, es ist ja, wie es ist, und wir hoffen, dass wir noch lange zusammen sein können.
Im Büro sind wir inzwischen wieder vollzählig und coronafrei. Zum September kommt eine neue Kollegin, und die Stelle der seit einem Jahr verrenteten Kollegin wird hoffentlich auch bald wieder ausgeschrieben. Wenn die Stelle wieder besetzt ist, kann ich einige zeitfressende administrative Aufgaben wieder abgeben. Ansonsten gab's viel Lob für meine Arbeit am Mammutprojekt - so was höre ich ja immer gerne.
Die Hitze machte uns auch diese Woche sehr zu schaffen - und nicht nur uns: Mittwoch, als ich im Garten gießen wollte, fand ich eine völlig entkräftete Meise, die hechelte! Piepsen konnte sie nicht mehr, zur Wasserschale oder zum Futter schaffte sie es nicht mehr. Ich goss ihr erst Wasser vor die Füße, stellte ihr dann eine zweite Wasserschale und ein paar Mehlwürmer hin - keine Ahnung, ob das richtig war. Jedenfalls hatte sich die Meise irgendwann soweit berappelt, dass sie ins Spalier am Hochbeet flattern konnte.
Gedanken machen uns weiterhin die gestiegenen Lebenshaltungskosten, vor allem bei Gas und Strom. Wie viele andere auch haben wir keine Ahnung, wie wir die Preissteigerungen wuppen sollen. Auch deswegen möchten wir baldmöglichst ins alt-neue Haus einziehen, denn so bleibt uns wenigstens der volle Zeitraum der Gasumlage erspart. Ich rechne täglich mit einem Schreiben unseres Vermieters wegen einer höheren Nebenkostenvorauszahlung.
Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.
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