Samstag, 6. August 2022

Samstagsplausch KW 31/22: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CXXV

Habt ihr mal versucht, Massen an Kleiderbügeln zu entsorgen? Viel Spaß! Kleiderbügel, die mit der Kleidung kommen, sind Verpackungsmüll. Metallbügel aus der Reinigung sollen dorthin zurück. Alle anderen sind Hausmüll. Wie soll ich das bei zum Teil 80 Jahre alten Bügeln wissen und mit zum Teil nicht mehr existierenden Geschäften ausdiskutieren?! Die Massen an Bügeln, die wir bei Mudderns im Haus finden, gehen also komplett in den Hausmüll. Aktuell haben wir einen Umzugskarton nur mit Kleiderbügeln, und es sind noch lange nicht alle Schränke auch nur ansatzweise leer ... 

Langsam ahnt man, wer hier wohnt.

Der Hausumbau bestimmt momentan unseren Alltag, und wir fragen uns weiterhin, ob wir das richtige tun. Aber alles andere als selbst in das Haus zu ziehen, macht keinen Sinn. Erste Gespräche mit der Bank wegen der Finanzierung verliefen positiv - was für uns eine Unsumme ist, ist für die Bank unter dem Mindestbetrag, um über eine Hypothek zu reden, wodurch wir eine größere Hypothek aufnehmen, als wir eigentlich möchten. So müssen wir nicht an unsere Rücklagen, haben etwas Puffer für Unvorhergesehenes, und davon gibt es reichlich, weil Mudderns das Haus systematisch verwahrlosen ließ. Letzte Woche war der einsturzgefährdende Balkon die böse Überraschung, diese Woche nicht schließende Kellerfenster - zum Glück waren wir beim Unwetter am Donnerstag vor Ort und bekamen mit, wie die Waschküche langsam voll lief. 

Wenn ich Mudderns darauf anspreche, heißt es: "Ja, das weiß ich. Deswegen gehe ich ja schon lange nicht mehr auf den Balkon." und "Ja, das weiß ich. Das Kellerfenster schließt nicht, damit die Ölheizung atmen kann." Ja, nee, is klaa. Sie hörte anscheinend irgendwann auf, mir zu erzählen, was kaputt ist, weil sie wusste, dass ich mich um Reparaturen kümmern würde, und da sie nur noch das Wohn- und Schlafzimmer nutze, konnte sie alles Defekte ignorieren. Und auch jetzt ignoriert sie, dass wir Reparaturen ausführen müssen, meint, wir würden alles Alte rauswerfen, weil wir dächten, es taugt nicht mehr. Es ist weiterhin schwierig, Informationen von ihr zu bekommen, zumal die klaren Momente selten sind.

Diese Woche nahm sich der Gatte des Heizungskellers an, der seine Werkstatt werden soll und den er deswegen als erstes braucht. In zwei Tagen schaffte er viel, entsorgte vier Ikea-Taschen voller Altpapier und sechs Müllsäcke voller Schlüssel und Schrauben. Irritiert war er von unzähligen einzelnen Schuhen - wir fragen uns, was Mudderns mit den Gegenstücken machte ... Ich war einen Tag da und kümmerte mich um Bücher, Kleidung und Geschirr. Wir haben immer wieder das Gefühl, kein Land zu sehen. Da hilft das Vorher-Nachher-Album, das der Gatte anregte, viel, genau wie meine Müllbeutel-Statistik. Langsam sind wir soweit, dass die dänischen Designklassiker, mit denen das Haus zum Teil eingerichtet ist, in den Verkauf gehen. Findet sich kein Käufer, werden wir das eine oder andere Möbelstück behalten. Im Herbst sind wir hoffentlich soweit, dass alle Schränke und Schubladen leer sind, ein professioneller Entrümpler kommen kann. Wir fanden inzwischen auch einen Altpapierhändler für die Massen an Büchern. Es dauert mich zwar, die wegzuwerfen, vor allem die aus dem 18. und 19. Jahrhundert, aber sie haben trotz ihres Alters keinen antiquarischen Wert.

Ich packe meine Jugendbücher für den Altpapierhändler ein und widerstehe tapfer der Versuchung, sie vorher alle noch einmal zu lesen. 

Ich bin sehr froh, dass der Gatte mir das Wegwerfen abnimmt, denn wie Mudderns neige ich zum Horten und würde bei jedem 50 Jahre alten Schulheft überlegen, ob ich es nicht doch aufbewahren möchte. Der Gatte ist da skrupellos, weiß aber gleichzeitig, dass Mainzelmännchen-Mobile, Kuscheldackel und Puppenstube nicht in den Müll dürfen, und wenn er unsicher ist, fragt er. Er rettete sogar eine Tüte mit Puppenstubenmöbeln!

Hier gilt seit mittlerweile 125 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Der Gatte wurde im ersten Corona-Jahr schwerkrank, ist inzwischen berufsunfähig verrentet und schwerbehindert. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, und gerade in der aktuellen Situation merken wir wieder einmal, welch ein gutes Team wird sind.

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte. Wir sind natürlich geimpft, aber angesichts unserer Vorerkrankungen ist trotz Impfung eine Corona-Infektion wenig ratsam. Angesichts der steigenden Infektionszahlen ist sie aber unvermeidbar, und ich kann nur hoffen, dass es uns dann nicht zu hart trifft. 

Im Büro ist eine von zwei infizierten Kolleginnen wieder fit. Die zweite ist immerhin schon negativ getestet, hat aber noch heftigste Erkältungssymptome und verzweifelt an der Erreichbarkeit der Ärzte. Einen Tag, nachdem wir darüber sprachen, wurde die telefonische Krankschreibung wieder eingeführt, was ihr aber auch wenig hilft, da ihre Ärzte ja nicht telefonisch erreichbar sind. Bei dieser Kollegin lässt sich faszinierenderweise die Infektionskette lückenlos nachvollziehen: Eine Barfrau steckte Gäste an. 

Ansonsten ist es in meinem Bereich im Büro gerade recht ruhig - die Ferien sind endlich spürbar. Vor der Digitalisierung war mit dem ersten Ferientag nichts mehr los, konnte sich meine Vorgängerin um den Einkauf für das Weihnachtsgeschäft kümmern. Mit der Digitalisierung ist kaum noch zu merken, dass Ferien sind, und ich bin froh, dass ich anderes als meine Vorgängerin nur noch das Mammutprojekt habe, nicht mehr drei, wodurch u.a. der Einkauf für's Weihnachtsgeschäft wegfällt. 

Das neue Infektionsschutzgesetz nahmen wir nur am Rande war. Wenn ich es richtig verstehe, wird es ab 1. Oktober schwieriger für uns, essen zu gehen oder auszugehen, weil wir dann einen Test brauchen, denn unsere vierte Impfung liegt länger als drei Monate zurück, und eine fünfte ist ja noch nicht geplant. Tests bleiben kostenpflichtig, die offiziellen Infektionszahlen sollen schließlich niedrig bleiben. Maskenpflicht in einigen Bereichen ist gut, allerdings tragen wir ohnehin immer Maske, wenn wir unter Leuten sind. Heimarbeitspflicht wird's allenfalls geben, um Gas zu sparen, nicht, um Infektionen zu verhindern. Die Maßnahmen sind vermutlich das Maximum, das unter der FPD-Regierung möglich ist, da die anderen Parteien in der Regierungskoalition keine cojones haben. 

Im Pflegeheim, in dem Mudderns seit vier Wochen lebt, zeigen sich immer öfter die negativen Seiten. In dieser Woche wurden Mondbeträge von Mudderns Konto abgebucht, die sich überhaupt nicht nachvollziehen lassen, zumal wir keine Rechnung bekommen haben. Ich ließ erstmal alle Abbuchungen zurückgehen, und sobald ich eine ordentliche Rechnung habe, stelle ich einen Dauerauftrag. Ich bin gespannt, wann diesem Chaos-Haufen die Rückbuchungen auffallen ... Mudderns war angesichts der Höhe der Abbuchungen natürlich sofort panisch, glaubt, sich das Pflegeheim nicht leisten zu können, und will in eine Wohnung ziehen. Ich werde sie nicht daran hindern, aber ich werde sie dabei nicht unterstützen, denn sie ist definitiv nicht mehr in der Lage, alleine zu leben. 

Bislang dachte ich, wenn jemand in einem Pflegeheim lebt, werden die Angehörigen entlastet. Stattdessen kümmere ich mich um Rezepte, Verordnungen, Arzttermine, soll mal eben 80 km fahren, um die Krankenkassenkarte zum Arzt zu bringen - ist das normal? Bei mir sind es nur 80 km - wie machen das Angehörige, die weiter weg sind? Von der Apotheke gelieferte Medikamente verschwinden irgendwo im Heim, genauso wie Post und Zeitungen, und eine richtige Auskunft bekomme ich nicht, auch, weil es keine Ansprechpartner gibt. Ich wüsste beispielsweise gerne, ob ich Mudderns Wäsche etikettieren muss, jetzt, wo sie vollstationär aufgenommen wurde, für sie gewaschen wird, und wann sie in eines der vielen leerstehenden Einzelzimmer umziehen kann. Zum Glück kommt Mudderns Gesellschafterin weiterhin zwei Mal in der Woche, was eine große Unterstützung ist. Mudderns allerdings versucht, uns beide gegeneinander auszuspielen und will durchsetzen, dass ausschließlich ich mich um sie kümmere. Sie verfolgt weiterhin die Idee, dass ich den Gatten ins Heim einweise, meinen Job kündige und zu ihr in ihr Haus ziehe, verkennt, dass da niemand mitspielt.   

Sorge macht, dass Mudderns die falschen Medikamente bekommt, wobei sich nicht sagen lässt, ob das tatsächlich so ist, denn sie kann nicht sagen, welche Tabletten fehlen, außer, dass es "die kleinen" sind. Der Gatte schlug vor, dass wir ihr Wochenboxen fertig machen, aber da sich Mudderns nicht merken kann, welcher Wochentag ist, hilft das nur bedingt. So nahm sie teilweise täglich 20.000 mg Vitamin D, weil sie dachte, es wäre schon wieder Sonntag. Da ist die tägliche Zuteilung durch das Heim sinnvoller - wenn sie denn die richtigen Medikamente bekommt. 

Der Wechsel des Pflegeheims ist keine Alternative. Mudderns akzeptiert nur dieses, weil es als einziges mitten im Dorf ist, sie in der gewohnten Nachbarschaft bleibt, alleine zur Kirche gehen kann, wenn sie es sich wieder zutraut. Momentan verlässt sie das Heim nur in Begleitung, was gut ist, denn so kommt sie nicht auf die Idee, in ihrem ehemaligen Haus vorbeizuschauen. Sie würde einen Schock bekommen, denn sie glaubt, wir leben in ihren Möbeln und Sachen. Gerade verlangte sie nach einem Buch, "das blaue, das rechts auf dem Sofa liegt" - dusseligerweise sind die Bücher schon gepackt. Kommende Woche suche ich die betreffende Bücherkiste durch und hoffe, ich werde fündig.      

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Beide machen im September zusammen Urlaub, was Tante aufgrund ihrer Einschränkungen sichtlich mehr fordert als Schwiegermutter. Ich hoffe, die beiden verbringen schöne Tage, obwohl die Reise für Tante sehr anstrengend wird. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

2 Kommentare:

  1. Die Art der Belastungen verändert sich im Pflegeheim. Wäsche etikettieren ist wichtig, denn sonst verschwindet viel. Manche Heime machen das, aber oft bleibt es den Angehörigen. Dann unbedingt ein System verwenden, das ein Heraustrennen der Etiketten verhindert. Wenn es keine Ansprechperson gibt, dann Heimbeirat einschalten. Der ist verpflichtend. Rezepte, Verordnungen, Arzttermine: Ist eigentlich Aufgabe des Heims. Auch Wochenboxen und die Überwachung der Einnahme von Medikamenten wäre Sache des Heims.

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    1. Vielen Dank für den Tipp mit dem Heimbeirat! Darum kümmere ich mich.

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.