Samstag, 25. Februar 2023

Samstagsplausch KW 8/23: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CLIV

Ich bin weiterhin über das Ende
meiner Kraft hinaus.
Sonntag wurde Mudderns Oberschenkelhalskopfbruch operiert. Laut Arzt verlief die OP "sehr, sehr gut". Als ich nachmittags ins Krankenhaus kam, war Mudderns einerseits auch guter Dinge, verstand aber nicht, warum sie noch nicht aufstehen darf, wo doch auch schon gleich ein Rollator parat stand. Andererseits dachte Mudderns, sie wäre immer noch im Pflegeheim und verstand nicht, was die vielen Menschen in ihrem Zimmer machen - sie lag in einem Dreibettzimmer, weil kein Privatzimmer frei war. Die Verwirrtheit sollte auch in den kommenden Tagen bleiben. 

Viel schlimmer ist, dass Mudderns nicht auf die Beine zu bekommen ist, nachdem sie Sonntag nicht aufstehen durfte. Sie will oder kann partout nicht laufen. Gestern wurde sie schon wieder ins Pflegeheim entlassen - von einer Reha war keine Rede mehr, eben weil die OP so gut verlief, weil meine Mutter sie komplett verweigert, sich im Krankenhaus weigerte, das Bett zu verlassen. Sie selbst beharrt darauf, dass sie einen Rollstuhl braucht. Ich bin gespannt, ob wir eine Verordnung bekommen oder den selbst kaufen werden, muss aber erstmal sehen, wann ich ihren Arzt erreiche, denn in den kommenden beiden Wochen habe ich selbst einige Arzttermine, muss den Gatten ins Krankenhaus begleiten (und "nebenbei" auch arbeiten), und diese Woche war ihr Arzt im Urlaub. Und wenn die Verordnung da ist, ist klar, dass das örtliche Sanitätshaus, das einzige, mit dem die Krankenkasse zusammenarbeitet, erst nach Monaten liefern wird - der Laden ist einfach unmöglich - und dass Mudderns das Krankenkassenmodell aus Prinzip nicht gefällt. Es wäre also einfacher und nervenschonender, einen Rollstuhl privat zu kaufen.

Da Mudderns sich weigert, das Bett zu verlassen, befürchte ich, dass sie jetzt endgültig zum Pflegefall wird. Diese Phasen, in denen sie nicht das Bett verlässt, hat sie seit sechs Jahren zwischen Januar und März. Bislang schaffte ich es immer, sie da raus zu bekommen, seit drei Jahren mit Hilfe ihrer  Gesellschafterin, aber jetzt habe ich keine Kraft mehr, dagegen an zu gehen. Jetzt, wo sie sich zusätzlich weigert, ihr Antidepressivum zu nehmen, kann ich einfach nicht mehr. Ich kann auch nicht, wie von ihr verlangt, täglich zu ihr kommen. Sie beharrt immer noch darauf, dass ich den Gatten "ins Heim gebe", meine Arbeit kündige und mich ausschließlich um sie kümmere.

Also bleibt Mudderns im Bett liegen, wofür sie mir die Schuld gibt, versorgt durch die Pflegekräfte, sofern sie die an sich heran lässt und nicht angreift. Sie isst immer weniger, nimmt immer weiter ab. Es ist schwer, das mit anzusehen, aber ich kann schlichtweg nicht mehr. Mudderns will nicht kooperieren, begreift nicht, dass sie sich mit diesem Verhalten am meisten schadet. Wenn ich sie besuche oder mit ihr telefoniere, werde ich die meiste Zeit über angeschrien, was ich nur begrenzte Zeit aushalte. Mudderns ist nach wie vor nicht dement, sondern handelt bei vollem Bewusstsein, und ich weiß nicht, ob es das besser oder schlimmer macht.

Hier gilt seit mittlerweile 154 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird. Er ist inzwischen schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Anfang Januar hatte er einen Schlaganfall, von dem er sich gerade erholt.

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter und seit der Übernahme meines früheren Elternhauses Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte.  

Diese Woche hatte ich eigentlich Urlaub, wie immer um diese Zeit, wenn möglich. Dass der Urlaub nicht erholsam würde, war von Anfang an klar, denn wir wollten Malerarbeiten erledigen, möglichst viel schaffen, bevor die Bodenleger kommen. Dann kam noch Mudderns Krankenhausaufenthalt dazu. Dienstag merkte ich, ich habe für die Renovierung keine Kraft mehr, würde nie und nimmer rechtzeitig fertig werden können. Die Erkältung, die mir letzte Woche zu schaffen machte, war mit Wucht zurückgekommen, ich hustete, bekam keine Luft, hatte Fieber und Halsschmerzen, wollte nur noch ins Bett. Der Gatte war auch nicht richtig einsatzfähig, kämpft noch mit seiner Bronchitis, von seinen sonstigen Beschwerden ganz abgesehen. Wir schlafen mal wieder keine Nacht durch. So kamen wir nicht zum Arbeiten. Ich kann auch nicht viel alleine machen, denn mir fehlt halt die Kraft. Ich möchte einfach nur noch schlafen. 

Wir entschieden uns, über myhammer einen Maler zu suchen, hatten Glück, fanden einen, der spontan Zeit hatte und einen akzeptablen Preis für vier Zimmer und einen Flur machte. Er legte sogar schon diese Woche los, so dass das Obergeschoss schon gestrichen ist. Das Erdgeschoss kommt in den nächsten Tagen dran, und wenn der Bodenleger kommt, ist das erledigt. 

Eigentlich sollte das Geraffel, das noch im Wohnzimmer stand, schon auf Keller, Küche und Dachboden verteilt sein, damit die Bodenleger arbeiten können, aber in der Nacht zu Freitag verabschiedete sich vier Tage vor Ablauf der Garantie die Pumpe des Luxus-Luftbetts* des Gatten mit einem Knall, lag er auf dem Boden. Wir entschieden uns, schon gestern nach Hause zurückzufahren, müssen dafür morgen wieder ins Haus, um umzuräumen. Mein Discounter-Luftbett verabschiedete sich schon letzte Woche, ich habe inzwischen ein neues. Für den Gatten haben wir inzwischen ein einfaches Bett gekauft, das später Gästebett wird. Da wir nicht zwei Gästebetten brauchen, hoffe ich, dass mein Luftbett noch etwas durchhält.

Wir haben auch ohne die Malerarbeiten noch genug zu tun, müssen doch die Paneele im Treppenhaus noch lackiert werden, müssen zwei Treppen neu gemacht werden, müssen Fliesen lackiert werden. Das würde der Maler natürlich auch machen, aber der Gatte hat den Ehrgeiz, das Treppenhaus selbst zu schaffen, und ich habe Lust, die Fliesen zu lackieren. In dieser Woche schaffte ich es immerhin im Obergeschoss, die letzte Zimmertür zu lackieren, lackierte die Türrahmen und einen Handlauf und tapezierte. Vor allem bei letzterem zeigte sich, dass der Gatte und ich einfach ein gutes Team sind. Für Küche und unteren Flur werden wir wohl wieder den Maler engagieren, wenn's so weit ist. 

Als nächstes müssen wir einen Elektriker finden, der sich um den Kurzschluss in der Küche kümmert, und einen Fliesenleger, wobei wir uns vorher erstmal für Fliesen entscheiden müssen. Das gestaltet sich schwierig, denn wir können uns auf keine einigen. Immer, wenn einem eine Fliese gefällt, fragt der andere: "Gibt's die auch in hübsch?!" Wenn Küche und Flur gefliest sind, der Kurzschluss beseitigt ist, können wir uns um die neue Küche kümmern. Inzwischen ist auch klar, dass der Bodenleger unsere Kellertreppe erneuern kann. Weil aber die Setzstufen einen Knick haben und deswegen nicht verblendet werden können, müssen sie anschließend gestrichen werden. Das sollte zu schaffen sein, entweder durch uns oder durch den Maler. Vielleicht verzichten wir auch auf den Anstrich, denn die Setzstufen sind nicht das Problem, sondern die Trittstufen. Im Vergleich zum Verlegen von Kork- und Laminatboden ist die Erneuerung der Kellertreppe unverhältnismäßig teuer, aber wir haben keine Wahl. Mir reicht es schon, zwei Holztreppen selbst zu erneuern, sprich Teppich zu entfernen, die Trittstufen abzuschleifen und neu zu lackieren. 

Im Garten ging's weiter. Ich nutzte den sonnigen Sonntag, um unzählige mulsche Äpfel und Laub aufzusammeln - eine Biotonne und drei Grünabfallsäcke wurden voll (und die Biotonne riecht auch nach der Leerung noch wie eine Mosterei). Misstrauisch beäugt wurde ich dabei von Amseln. Eine hüpfte fast in die Tonne. Kein Wunder, dass die Amseln verrückt nach den Äpfeln sind, so vergoren, wie die waren. Außerdem setzte ich Narzissen, Krokusse, Schneeglöckchen und Hyazinthen, die ich aus dem Hamburger Garten mitnahm, in den Vorgarten. Was soll ich sie da lassen?! Der Garten ist ansonsten eine Wundertüte. Ich bin gespannt, was uns im Laufe des Jahres blüht. Auf dem Rasen strecken aktuell Krokusse ihre Köpfe heraus und in den von Fallobst und Laub befreiten Beeten scheinen Tulpen herauszukommen. Da Mudderns sich jahrelang nicht um den Garten kümmerte, waren die Blumen unter den Laubschichten lange nicht zu sehen.

Den halbwegs sonnigen Mittwoch nutzte der Gärtner, um die schmale Gartentreppe so zu verbreitern, dass wir Biotonne, Rasenmäher und perspektivisch auch Rollator von der Terrasse in den Garten schieben können. Nächster Schritt ist dann, dass wir uns auf Palisaden und Gartenhäuschen einigen, damit der Asbestschuppen abgerissen und an seiner Stelle ein Gewächshaus aufgestellt werden kann. Bislang wissen wir nur, welches Gewächshaus wir möchten ... 

Der Heizungsbauer war da, und zum Glück gab's keine böse Überraschung. Nicht, dass wir eine erwarteten, denn um die Heizung kümmerte sich Mudderns anscheinend wirklich, aber bei einem alten Haus weiß man ja nie. Es gibt ein Dutzend neuer Thermostate und einen Hydraulikabgleich. Für den gibt es zwar eine Förderung, aber die Anträge sind derart kompliziert, dass ich sie nicht verstehe und wir vermutlich darauf verzichten werden. Mal gucken, wann der Kostenvoranschlag kommt, wie er aussieht und wann die Arbeiten ausgeführt werden können. Es eilt ja nicht, die Heizung läuft außer in zwei Räumen (und der Heizungsbauer veränderte die Einstellungen etwas, so dass wir nicht mehr 24 Grad haben, ob wir wollen oder nicht). In den beiden Räumen, in denen die Heizung streikt, müssen nur die Thermostate ausgewechselt werden, nicht die Heizkörper. Mit Glück kann der Heizungsbauer auch den alten Kohleofen ausbauen, brauchen wir dafür keinen Kaminbauer (den brauchen wir zwar ohnehin, weil ein Kamin eingebaut werden soll, aber so wäre das schon mal erledigt).

Gegenüber des alt-neuen Hauses zieht eine Kindheitsnachbarin aus. Das überlegte sie schon länger, weil das große Haus ihr zusehends zu mühsam wird, aber jetzt ist es tatsächlich so weit. Ich werde die Nachbarin vermissen, ihre Energie und ihre positive Art, vor allem auch ihr umfangreiches Gartenwissen. Immerhin, sie bleibt im Dorf, so dass wir uns vielleicht mal beim Einkaufen sehen. Es ist schön, ihre Freude über die neue Wohnung zu hören und sehen. Sie ist 79, lebte über 50 Jahre im Haus und wagt nun den Neuanfang. Ein wenig wehmütig bin ich, weil ich denke, dass hätte auch Mudderns sein können, hätte sie sich dafür entschieden, dass es ihr gut gesehen soll. Anstelle der alten Dame zieht nun ein junges Paar mit Baby ein, und die alte Dame lässt es sich nicht nehmen, jetzt nochmal den Garten frühlingsfein zu machen. Die unzähligen bunten Stiefmütterchen sind eine Freude für's Auge, und ich hoffe, die neuen Nachbarn haben Sinn dafür. 

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Beide waren die, die dieses Woche an unseren 21. Hochzeitstag dachten. Von meiner Mutter ist das nicht mehr zu erwarten. Sie wütet nur noch.

Der Januar brachte einen Schlaganfall, der Februar einen Oberschenkelhalskopfbruch. Ich kann den März kaum erwarten.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse. / *Affiliate link

2 Kommentare:

  1. Puh, so ein Pensum zu schaffen, Respekt!
    Ich kümmere mich auch um meine alte Mutter, daher weiss ich, wie sehr einen das nervlich belasten kann.Das schüttelt man nicht so eben ab, die ungerechtfertigen Sätze.
    Und auch wir haben einen Hausbau hinter uns gebracht.
    Bitte vergiss dich nicht selbst über alldem !!
    Liebe Grüsse von deiner neuen Leserin Silke

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  2. Oh man, was ihr da wuppt ist echt eine Menge. Ich drücke die Daumen, das Muddern vielleicht doch noch auf die Füße kommt.
    Liebe Grüße
    Andrea

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.