Samstag, 29. April 2023

Samstagsplausch KW 17/23: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CLXIII

"Nach der OP kommst du in die Reha." - "Will ich aber nicht!" - "Du hast uns doch versprochen, dass du alles machst, um wieder laufen zu können." - "Will ich aber nicht!" - "Dann bleibst du bis zum Lebensende im Bett liegen. " - "Will ich aber nicht!" - "Also Reha." - "Will ich aber nicht!"

Vielleicht sollte ich es mal mit Maoam versuchen ...

Mudderns ist seit gestern wieder im Krankenhaus. Eigentlich sollte nur ihr Fuß wegen eines unerklärlichen Schiefstandes geröntgt werden, aber dabei kam heraus, dass sich die vor neun Wochen gesetzte Oberschenkelhalskopfprothese lockerte und entzündete. Das erklärt immerhin die Schmerzen, über die sie seit Wochen klagt und bei denen unklar war, ob sie tatsächlich Schmerzen hat. Also neue OP und neue Prothese trotz eines schwachen Herzens, denn es gibt keine Alternative. Mudderns muss einfach wieder auf die Beine kommen, falls das nach neun Wochen Liegen überhaupt noch geht. Der Arzt wies darauf hin, dass die anschließende Reha dringend erforderlich sei, aber Mudderns verweigert sie jetzt schon, wie bei der ersten OP vor neun Wochen. Das wird wieder ganz großartig. 

Als ich gestern ins Krankenhaus musste, um die OP-Einwilligung zu unterschreiben, fragte ich, was passiert, wenn ich nicht "mal eben" frei nehmen und 40 bis 80 km fahren kann für eine Unterschrift. Klare Antwort: Dieser Fall ist nicht vorgesehen. Heißt, ich kann keinen Urlaub machen oder mal selbst ins Krankenhaus müssen, bin immer auf Abruf, kann nichts planen. Ich werde versuchen, jemanden zu finden, der die Betreuung in medizinischen Fragen übernimmt, denn ich weiß inzwischen, dass es möglich ist, die Vormundschaft in Teilen abzugeben. Zusammen mit Mudderns Verhalten geht das einfach über meine Kräfte. Ich kann nicht mehr. Ich hoffe, über Kirchengemeinde oder Sozialverband findet sich eine Betreuung. Ideal wäre eine Betreuung durch ihre Gesellschafterin oder das Heim. Mal schauen, ob die das machen würden. Es muss nicht ehrenamtlich sein, nur will ich die Betreuung eben nicht ganz abgeben, denn Mudderns Finanzen hätte ich gerne selbst im Blick (auch wenn ich durch das Geflecht von Anlagen und Versicherungen noch immer keinen Überblick habe). Für Mudderns wäre es nicht schön, wenn jemand anderes die Betreuung in Teilen übernimmt, aber ich muss mich einfach schützen. Und vielleicht benimmt sie sich einem Dritten gegenüber anders, kooperativer.

Gestern nahm mir Mudderns Gesellschafterin sehr viel ab. Eigentlich sollte sie Mudderns nur zum Röntgen begleiten, aber als klar war, dass es eine OP wird, übernahm sie die Aufnahme, packte einen Koffer, besorgte einen aktuellen Medikamentenplan und blieb bei Mudderns, bis ich kam. Ich habe keine Ahnung, wie ich es ohne sie hätte schaffen sollen, und für Mudderns war es eine Bruhigung, dass ihre Gesellschafterin da war. Ihr versprach sie auch, alles zu unternehmen, um wieder auf die Beine zu kommen, diesmal die Reha zu machen, aber das Versprechen war hinfällig, als ich da war. 

Diese Woche wollten wir das vierjährige Zusammensein von Mudderns und ihrer Gesellschafterin bei Mudderns Lieblingsbäcker feiern, aber es war schon Tage vorher absehbar, dass das nichts wird. Mudderns verweigert weiterhin den Rollstuhl. Sie sagt, sie wolle nicht vorgeführt werden, alle würden sie anstarren und über sie reden. Wir vermuten, sie schämt sich. So liegt sie also seit neun Wochen nur im Bett, denn selbst im Heim will sie nicht in den Rollstuhl. Dass sie sich selbst damit schadet, kann oder will sie nicht einsehen. So trafen wir uns in ihrem Zimmer, hatte ich seit Dezember zum ersten Mal wieder Gelegenheit, in Ruhe mit Mudderns Gesellschafterin zu sprechen. 

Hier gilt seit mittlerweile 163 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird. Er ist inzwischen schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter und seit der Übernahme meines früheren Elternhauses Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. Weder der Gatte noch ich haben Lust, zur Entlastung der Rentenkassen beizutragen.

Im Büro merke ich immer öfter, wie schlecht es mir geht. Immer mehr entgleitet mir. Es ist eine Frage der Zeit, bis etwas gründlich schief geht. Ich kann mich einfach nicht mehr konzentrieren. Natürlich hole ich mir Hilfe bei Kolleginnen, bekomme netterweise auch Unterstützung, aber das ist kein Dauerzustand. Ohne diese Unterstützung wäre ich aber kaum noch in der Lange, sinnvolle Texte zu schreiben. Ich habe keine Ahnung, wie ich in diesem Zustand die zum Sommer kommenden Presse-Gespräche überstehen soll. Immerhin schaffe ich es im Büro noch, Sachen richtig zu machen, anders als privat, wo ich es niemandem recht machen kann, von allen Seiten angeschrien werde. Kommende Woche habe ich den Arzttermin wegen meines Reha-Antrages. Ich bin gespannt, ob die Hausärztin mitzieht und ob der Antrag bewilligt wird. Der RV Fit-Antrag wurde ja bewilligt, aber vorgestern teilte mir die Reha-Klinik, die die DRV auswählte mit, dass sie an dem Programm gar nicht mehr teilnimmt. Somit hat sich das auch erledigt. Ich müsste mich jetzt durch die DRV-Liste mit RV-Fit-Kliniken telefonieren - wenn ich denn irgendwann mal die Kraft dazu finde. 

Auf der Baustelle geht's langsam weiter. Ich schaffe meine Aufgaben weiterhin nicht - zu erschöpft. Aber ich versuche wenigstens, zwei Haushalte in Ordnung zu halten - leidlich erfolgreich. Der Elektriker war wegen des angebohrten Kabels in der Küche da und befand, Schrumpfschlauch reiche. Der Gatte begann damit, Klick-Laminat im Eisenbahnzimmer zu verlegen und verzweifelt an dem System. Er ist sehr froh, dass ich mich durchsetzte und er nur dieses eine Zimmer auslegt. Er muss außerdem Laminat nachkaufen, denn der Bodenleger maß vier Quadratmeter weniger aus als der Gatte, was erst jetzt beim Verlegen auffiel. Zwei von drei fehlenden Türbeschlägen sind wieder aufgetaucht. Ich fürchte, der dritte wurde mit Müll entsorgt, aber ich habe den ersten Stock noch nicht wieder komplett aufgeräumt. Wir haben jetzt passende Türmatten, und vielleicht schaffe ich es am Wochenende endlich, Fenster zu putzen und die Plissees zu montieren. Es tat mir ganz gut, dass ich vier Tage am Stück auf der Baustelle sein konnte. So konnten der Gatte und ich auch etwas Zweisamkeit genießen.

Wir sind endlich in dem Stadium des Baukredits angelangt, in dem wir festgesetzte Raten zahlen. In den letzten drei Monaten zahlten wir ja "Strafzinsen", weil wir nicht verstanden hatten, dass die festgesetzten Raten erst beginnen, wenn die gesamte Kreditsumme abgerufen wurde. Jetzt können wir wieder mit einem festgelegten monatlichen Budget planen. In Hamburg kam von den Wasserwerken eine Rückzahlung, während der Stromanbieter den monatlichen Abschlag um 100 Euro erhöhte. Das muss die Strompreisbremse sein. Im alt-neuen Haus hoffen wir, genug Rücklagen für die Nachzahlungen zu haben. Ich muss beizeiten mal gucken, ob ich da die Abschläge erhöhen kann. Erfreulicherweise sind wir mit dem Öl ausgekommen. Da wir bislang keine Ölheizung hatten, fehlte uns die Erfahrung im Verbrauch. 

In den kommenden beiden Wochen wird sich auf der Baustelle nicht so viel tun. Beim Gatten stehen Untersuchungen für eine Nierenbiopsie an, und langsam kann auch er nicht mehr vor sich verbergen, dass ihn die Termine belasten. Es droht schließlich Dialyse. 

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Tante kommt kommenden Sonnabend, und ich freue mich schon sehr.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.  

2 Kommentare:

  1. Ich bin über Andrea zu deinem Blog gekommen. Puh, Du hast ein ganz schönes Paket zu tragen, das ist schon kein Päkchen mehr. Viel viel Kraft wünsche ich Dir und das Du die Reha bewilligt bekommst.

    Herzliche Grüße
    Elke von elkevoss.de

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