Montag, 24. Dezember 2018

Die Gedenkstätte Bullenhuser Damm

Montags gegen Nazis.
Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm. 

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es nicht nur in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.

Wie es zu dieser Beitragsreihe gekommen ist, kannst Du hier nachlesenAlle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst. Aktuell pausiert das blau-braune Pack. Meinswegen kann es das auch für die nächsten 73 Jahre - mindestens.

Die Biographien der hier ermordeten Kinder werden in Koffern präsentiert.
Sie werden im Vernichtungslager Auschwitz buchstäblich bestellt: 10 Jungen und 10 Mädchen, die der SS-Arzt Dr. Kurt Heißmeyer für Tuberkulose-Experimente im KZ Neuengamme benötigt. Nach Auschwitz verschleppt werden sie aus ihren Heimatländern Frankreich, Italien, den Niederlanden, Polen und der Tschechoslowakei.  Am 29. November 1944 kommen die zwischen 5 und 12 Jahre alten Kinder mit dem Zug nach Neuengamme, begleitet von drei polnischen Krankenschwestern und einer belgischen Ärztin. Die Polinnen werden wenige Tage nach Ankunft des Transports erhängt, die Belgierin in ein anderes KZ verlegt.

Seitenansicht der Schule. Durch eine der Kellertüren werden die Kinder in die Heizungskeller gebracht, in denen sie später ermordet werden. Über der Uhr brütet jedes Jahr ein Turmfalke.
Die 20 Kinder werden abgesondert von den erwachsenen KZ-Häftlingen in einer Sonderbarracke untergebracht. Zwei niederländische und zwei französische Häftlinge werden abgeordnet, sich um die Kinder zu kümmern. Die Kinder werden von KZ-Ärzten in sehr schmerzhaften Versuchen mit Tuberkulose infiziert und erkranken schnell daran.

Den KZ-Häftlingen bleibt die Anwesenheit von Kindern nicht verborgen und so beschließen sie an Heiligabend 1944, ihnen eine Weihnachtsüberraschung zu bereiten. Wie das vor sich ging, kannst Du hier nachlesen. Zu diesem Zeitpunkt sind viele der Kinder sind schon zu schwach, um Weihnachten feiern zu können.

Blick auf die ehemalige Schule vom einstigen Schulhof aus. Links sind die Kellerräume, in denen die Kinder ermordet werden.
Vier Monate später, im April 1945, stehen die britischen Soldaten nur noch wenige Kilometer vom KZ Neuengamme entfernt auf dem Hamburger Stadtgebiet. Für die Nazis ist klar: Die Kinder müssen verschwinden - und "verschwinden" bedeutet nichts anderes, als die Kinder zu ermorden. Am Abend des 20. Aprils 1945 wird ihnen erzählt, sie kämen ins Ghetto Theresienstadt zu ihren Eltern und Geschwistern.

Blick in die Ausstellung.
Dass die meisten ihrer Angehörigen zu diesem Zeitpunkt bereits ermordet wurden, wissen die Kinder nicht. Gemeinsam mit ihren vier erwachsenen Betreuern werden sie in ein leerstehendes Schulgebäude im zerstörten Stadtteil Rothenburgsort gebracht. Hier befindet sich ein bereits geräumtes Außenlager des KZ Neuengamme.

Blick in die Ausstellung.
Im Laufe der Nacht werden die 20 Mädchen und Jungen im dortigen Heizungskeller erhängt, ebenso wie ihre erwachsenen Betreuer und mindestens 24 sowjetische Kriegsgefangene.

Durch einen Schreibfehler konnte der 12jährige Walter Jungleib erst 70 Jahre nach seiner Ermordung identifiziert werden. Seine Schwester Grete überlebt das KZ Auschwitz. Als sie 2015 von der Ermordung ihres kleinen Bruders erfährt, übergibt sie seine Briefmarkensammlung der Gedenkstätte.
Drei Jahre nach der Befreiung gehen wieder Jungen und Mädchen am Bullenhuser Damm zur Schule. Dass hier 48 Menschen ermordet wurden, wird jahrzehntelang verschwiegen. Ausschließlich die Überlebenden des KZ Neuengamme erinnern jährlich am 20. April mit einer Kranzniederlegung an die Kinder, ihre Betreuer und die sowjetischen Kriegsgefangenen. Ihre Mörder werden in den wenigsten Fällen verurteilt, sondern machen in der Bundesrepublik und in der DDR Karriere.

"Commemoration in Reflection" heißt das Kunstprojekt von Daria Filippova. Fotos von Opfern und Tätern werden von Spiegeln, in denen sich der Betrachter sieht, unterbrochen.
Günter Schwarberg, einem Journalisten des Magazins "Stern", ist es zu verdanken, dass seit 1979 Namen und Schicksale dem Vergessen entrissen werden. Ein Jahr später gründet sich ein Verein, der unter anderem die Einrichtung eines Gedenkortes in der Schule fordert. Ein Jahr später ist die Initiative erfolgreich. Inzwischen gehört das kleine Museum zur KZ-Gedenkstätte Neuengamme.

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