Samstag, 5. Januar 2019

#WMDEDGT 1/19: Lustige Witwen

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln!

Wir starten spät in den Tag: Mir sitzt die kurze, aber heftige Arbeitswoche in den Knochen, und der Gatte ist durch eine Entzündung und das Medikament dagegen angeschlagen. Am frühen Nachmittag machen wir die Wochenplanung, dann fährt der Gatte einkaufen. Wir brauchen eigentlich nur Milch und Koriander, das schafft er auch alleine. Ich lege mich noch mal eine Stunde hin. 

Der Gatte bringt Kuchen mit, wir trinken Tee, ich male mir ein Lächeln auf, der Gatte legt sich hin. Als ich zum Bus gehe, schließe ich leise die Tür, um den Gatten nicht zu wecken, aber der wird trotzdem wach, sprintet zum Auto und sammelt mich an der Bushaltestelle auf, weil: "Ich hab' dir doch gesagt, ich fahr' dich!" So sind wir im Handumdrehen und ganz kommod bei Schwiegermutter, Tante und den Hunden. Die Hunde werden abgeliebelt, dann sind auch die Damen theaterfein, und der Gatte bricht wieder auf.

Schwiegermutter liest die Uhr falsch ab und scheucht uns zum Bus, so dass wir einen früheren als geplant erreichen und entsprechend früh in der Kammeroper im Allee Theater sind. Zu unserer Überraschung sind im Bistro alle Tische besetzt! Das Team ist aber so nett, uns in der Bar im Foyer einen Tisch für die Pause zu reservieren, und ich notiere gedanklich, beim nächsten Kartenkauf gleich einen Tisch zu reservieren. 

Die Besucher trudeln langsam ein, nicht ganz so aufgerüscht wie in der großen Oper, aber zumindest doch so, dass eine Frau und ein Mädchen aus der Masse herausstechen. Schwiegermutter schürzt ungehalten die Lippen angesichts ihrer eher abgetragenen Alltagskleidung und des Turnbeutels, in dem das Mädchen ihre Habseligkeiten dabei hat, aber ich vermute, die beiden haben sich die Tickets erspart. Sie zählen Kleingeld, stellen erfreut fest, dass es für zwei Brezen reicht, und setzen sich damit  vorsichtig auf die Kante der neuen Sofas im goldglänzenden Foyer. 

Heute Abend gibt's "Die lustige Witwe". Die Vorstellung ist wunderbar, das Ensemble, allen voran Miriam Sharoni, eine ideale Besetzung für die Gräfin Glawari, und Titus Witt, ebenfalls ideal für Graf Danilo, ist voller Spiel-, Sanges- und Tanzlust. Lehár sorgte für viele Ohrwürmer, und ich gucke mich mehrfach um, weil ich erwarte, dass um mich herum geschunkelt und geklatscht wird, aber man wahrt die hanseatische Etikette. 

In der Pause erfreuen wir uns an wohltemperiertem Grauburgunder und an Elsässer Flammkuchen. Frau und Mädchen knabbern wieder an Brezen, und ich mache mir gedanklich Notizen für den kommenden Bürotag, denn im neuen Projekt beschäftige ich mich u.a. damit, Jugendliche ins Theater zu bekommen, wobei mir besonders die am Herzen liegen, die wenig Geld für Theaterbesuche haben. Ich habe die Zeiten, in denen ich rechnen musste, ob ich lieber was Gutes esse oder mir eine Opernkarte kaufe, nicht vergessen. Oft fiel die Entscheidung für die Operkarte. Ich notiere, dass es zu jeder Karte eine Pausen-Brezel geben muss.

Nach der Pause legen Ensemble und Stück noch mal ordentlich an Tempo zu, und ich wundere mich, dass es das Publikum auf den Sitzen hält, dass nicht beim Schlussapplaus nach Zugaben gerufen wird. "Die lustige Witwe" wird noch bis zum 27. Januar gespielt, Tickets gibt's hier. Hin da!

Musik- und weinselig geht's nach Hause zurück. Die Busfahrt könnte entspannt werden, allein, der Busfahrer muss aufgrund einer Straßensperrung durch einen Unfall eine Umleitung fahren. Er gibt sich Mühe, alle Fahrgäste so abzusetzen, dass sie weiterkommen, aber einer jungen Frau samt Kleinkind im Kinderwagen reicht das nicht. Sie attackiert den Busfahrer sehr aggressiv verbal und, als wir den Busfahrer verteidigen, auch uns. 

Der Busfahrer versucht, eine Lösung für sie zu finden, aber sie beharrt darauf, er müsse den regulären Linienweg fahren, weil sie den Kinderwagen dabei habe, was der Busfahrer aufgrund der Straßensperrung nun mal nicht kann. Und an einer der Bushaltestellen an der Hauptstraße will sie auch nicht aussteigen - sie habe den Kinderwagen dabei, das sei ihr nicht zuzumuten. An der Endhaltestelle dreht sie noch mal richtig auf, fotografiert uns alle und will den Busfahrer anzeigen. 

Ich gebe dem Busfahrer sicherheitshalber meine Visitenkarte, falls es zu einer Anzeige kommt, sage der pöbelnden Frau sehr ruhig, dass sie mir leid tut, weil sie weder Anstand noch Respekt kennt, winke ihr zum Abschied zu und bringe Schwiegermutter und Tante den jetzt sehr langen und für die beiden Frauen sehr anstrengenden Weg nach Hause - pöbelnde Frau und verschrecktes Kleinkind im Kinderwagen eisern hinter uns her. 

Am Taxistand steht ein Wagen, aber Schwiegermutter besteht darauf, zu Fuß zu gehen, und Tante, die kaum laufen kann, muss mit. Irgendwann wird die Frau des Pöbelns müde, sind Schwiegermutter und Tante sicher zu Hause.  

Da die pöbelnde Frau aber in Sichtweite bleibt, uns beobachtet und sich in Bewegung setzt, als sie sieht, dass ich mich alleine auf den Weg zur Hauptstraße mache, angle ich lieber das Telefon aus der Tasche und gebe die 110 wählbereit ein. Ich bin nicht ängstlich, aber die Dame ist mit 'ne Spur zu aggressiv und unberechenbar. 

Ich atme erst auf, als ich an "meiner" Bushaltestelle bin, dort einige Leute sind und die Pöbel-Frau abschiebt. Ihr Kind tut mir leid. Ich wünsche ihm, dass es Menschen hat, die ihm gut tun. Ohne uns zu verfolgen, wäre die Frau sicher schon lange in einem anderen Bus nach Hause und das Kind im Bett.

Zwanzig Minuten später schleiche ich mich in die Wohnung, aber der Gatte schläft doch noch nicht und fragt besorgt, warum ich ihn nicht zur Hilfe gerufen habe, als er hört, warum ich so spät komme. Er hätte uns doch von der Haltestelle abgeholt und nach Hause gefahren ... Nun ja, ich wähnte ihn schlafend. 

Mit Strickzeug und einem Glas Arak auf's Sofa, Der Kommissar gucken - aber jetzt ist eigentlich schon der 6. Januar. 

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