Samstag, 17. Oktober 2020

Samstagsplausch KW 42/20: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten XXIX

Im Harburger Binnenhafen.
In dieser Woche hatte ich seit Monaten tatsächlich mal wieder einen dienstlichen Auswärtstermin. Dafür gondelte ich drei Stunden mit dem HVV durch Hamburg. Mit dem Auto wäre es in einem Drittel der Zeit gegangen, aber dann müsste ich monatelang wegen der Übernahme der Parkkosten diskutieren, die die Buchhaltung trotz Genehmigung der Chefs verweigert, weil man in meiner Entgeltgruppe gefälligst den HVV zu nutzen habe. 

Meine Arbeitszeit ist zwar teurer als die Parkkosten, zumal ich auch Überstunden machen muss, wenn ich den halben Arbeitstag in Bus und Bahn sitze, aber das ist der Behörde nicht verständlich zu machen. Vorschrift ist Vorschrift. 

So gondelte ich erst zwei Stunden vom Hamburg Westen in den Hamburger Süden, entdeckte vom Bus aus die idyllischen Seiten von Georgswerder, Kirchdorf und Wilhelmsburg, und landete dann bei dieser Schönheit links im Bild. Zurück nach Mitte ging's dann schneller, denn ich erwischte einen Regionalexpress. 

Der Termin selbst war toll: Engagierte, talentierte Kinder und Jugendliche, ebensolche Teamer - mit dem Projekt habe ich hoffentlich noch öfter zu tun.

Die drei Projekte, für die ich beruflich verantwortlich bin, sind alle auf unterschiedliche Art und Weise von der Pandemie betroffen, und so verfolgte ich auch diese Woche die Entwicklung der Inzidenzzahlen, MPK und KMK ganz genau. Wenn die Weihnachtsferien verlängert, die Sommerferien verkürzt werden, die Frühjahrsferien ausfallen, muss ich zwei Projekte "mal eben schnell" neu konzipieren. Ich habe dieses Jahr schon ein ganzes Alphabet an Alternativ-Plänen konzipiert. Beim dritten Projekt steht in der kommenden Woche eine Veranstaltung an. Meine Kollegin hat schon vorgedacht und ein Hygienekonzept erstellt, so dass wir sie trotz verschärfter Coronaregeln nach derzeitigem Stand durchführen können. Mal schauen, wie's aussieht, wenn spätestens Dienstag der Inzidenzwert bei 50 ist. 

Es gilt weiterhin: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause, inzwischen seit 31 Wochen. Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt. Der Gatte ist im siebten Monat Kurzarbeit, was ihm inzwischen ganz schön zu schaffen macht. Es gibt ja keine Perspektive. Diese Woche war er drei Tage im Büro, aber bald wird es wieder nur einer sein. Ich bin drei Tage im echten Büro und zwei Tage im Heimbüro. Mein Arbeitsplatz an sich ist sicher, anders als beim Gatten. Das ist eine große Erleichterung, und wir wissen, dass wir in vielerlei Hinsicht privilegiert sind. Da wir die Situation nicht ändern können, hilft nur Gelassenheit.

Zu Beginn der Kurzarbeit kam sie uns ganz gelegen, weil sich der Gatte um Haushaltsauflösung und Umzug seiner Mutter kümmern konnte. Jetzt ist sie gelegen, weil sich der Gesundheitszustand des Gatten verschlechterte. Montag bekam er die sich schon vor vier Wochen ankündigende negative Diagnose. Kommende Woche fahre ich ihn in eine Augen-Klinik, wo er erfährt, wie die Behandlung weitergeht. Selbst fahren kann er nicht, und mit dem HVV wäre er fast zwei Stunden unterwegs (mit dem Auto sind es 30 Minuten). 

In der Klinik gibt es keine Termine, man muss sich morgens um 8 Uhr in eine Schlange einreihen und hoffen, dass man bis 12 Uhr dran kommt - wenn nicht, kommt man am nächsten Tag wieder ... Ich hoffe, die eigentliche Behandlung kann dann bei uns im Westen in einer Arztpraxis stattfinden. Und ich hoffe, der Gatte findet den Rückweg mit dem HVV, denn ich kann ihn in der Klinik wirklich nur absetzen, muss dann zu einer Besprechung ins "echte" Büro. Notfalls muss er ein Taxi nehmen.

Langsam haben ich Lust, mal wieder ins Theater zu gehen, aber bei der aktuellen Infektionslage gilt einmal mehr Einigeln. Ich will weder den Gatten noch die Mütter in Gefahr bringen. Für den kommenden Monat ist ein Betriebsausflug mit Museumsführung und Essengehen geplant. Ich habe erst zugestimmt, finde das inzwischen aber immer unangemessener und bin unsicher, ob ich mitgehe. Notfalls zahle ich meinen Anteil und bleibe zu Hause. Erst dachte ich, ich gehe ja auch privat essen, dann kann ich das auch mit den Kollegen, nur privat bin ich ausschließlich mit den Menschen zusammen, zu denen ich, da Familie, kaum Abstand halte, während wir im Dienst sehr aufs Abstandhalten wert legen. Nur sitze ich im Restaurant ja nicht anderthalb Meter von meinen Kollegen entfernt ... Aber wer weiß, vielleicht sind wir in vier Wochen schon längst wieder im nächsten Shutdown.

Ich habe wieder angefangen, Masken zu nähen. Ich selbst habe ja nur sieben Stück, da ich mehr zu Hause bin als der Gatte, aber da seit Montag im Büro verschärfte Maskenpflicht gilt, brauche ich Nachschub, vor allem, wenn ich im Laden einsetzt werde und gut fünf Stunden durchgehend Maske tragen muss. So eine Maske ist ja nach spätestens zwei Stunden durch und muss ersetzt werden. Ja, ich weiß, es gibt Menschen, die wechseln ihre Maske nicht. Das ist eklig. Als erstes habe ich mir die fünf Dienstmasken, die mir mein Arbeitgeber zur Verfügung stellt, geholt, und  die Bänder so versetzt, dass es Ohrenschlaufen sind, ich sie nicht binden muss. Die Dienstmasken trage ich ungern, weil sie sich nicht gut unter die Brille schieben lassen, aber für's Büro, für den Laden geht's.

Irgendwie hatte ich gehofft, wir würden dieses Corona-Gedöns über den Sommer los, aber dem ist ja leider nicht so. Also Masken nähen. Momentan komme ich nur nicht dazu, welche für mich zu gestalten, denn der Gatte und Mudderns waren von ihren so begeistert, dass sie Nachschub wollen. Die müssen aber erst mal warten, ich muss an mich denken.

Übrigens braucht man sicher nicht so viele Masken, wenn man sie abends bügelt oder heiß durchwäscht. Für mich ist es aber am praktischsten, sie in die Sechzig-Grad-Wäsche zu geben, und das mache ich nicht mit ein oder zwei Stück. Also haben wir so viele Masken, dass sie normalerweise erst am Wochenende alle in einem Rutsch gewaschen werden müssen. Außerdem macht mir das Gestalten und sogar auch das Nähen Spaß.

Sonnabend waren wir bei Mudderns. Sie ist momentan wieder schlechter drauf, verfängt sich in Verschwörungsideen, was Unterhaltungen etwas anstrengend macht. Aber wir konnten miteinander frühstücken, über den Markt bummeln, anschließend dann sogar noch in einen Sonderpostenmarkt - das ist für sie immer ein Highlight, da sie dorthin nicht zu Fuß kommt und den ÖPNV nicht nutzen will. Inzwischen scheint es auch bei ihr angekommen zu sein, dass sie Einmalmasken nicht tragen kann, bis sie zerfallen, dass sie Stoffmasken waschen muss - jetzt muss sie es nur noch umsetzen. Ansonsten ist sie immer schlechter zu Fuß. Und sie möchte, dass ich sie alle zwei Wochen besuchen komme, was ich aktuell nicht schaffe, zumal mein Auto gerade Fehlermeldungstourette hat und erst mal in die Werkstatt muss, bevor ich wieder eine längere Strecke damit fahre. Und ich hätte gerne mal viel Zeit für mich, ohne mich um die Mütter oder den Gatten kümmern zu müssen. Nur: Is eben nich. 

Schwiegermutter lebt sich weiter in der Wohnanlage ein. Ich bin gespannt, wie lange der Gatte sie noch besuchen kann. Aktuell muss er sich nicht nur anmelden und den Zapfenstreich beachten, sondern bekommt auch Zeitfernster zugeteilt, damit nicht zu viele Besucher auf einmal in der Anlage sind. Tante wartet auf zwei OPs, und wir hoffen, beide können zeitnah durchgeführt werden, aber die Krankenhäuser schieben ja vermeidbare OPs schon wieder auf, um Corona-Kapazitäten zu haben. Schwiegermutter fährt dann zu Tante, um sich um sie, vor allem aber um den Dackel zu kümmern. Da Bayern aktuell das Beherbungsverbot ausgesetzt hat, sind wir vorsichtig optimistisch, dass wir zusammen bei Tante Weihnachten feiern können. Wir müssen halt von Tag zu Tag sehen, wie sich die Lage entwickelt.

Zum Glück mucken meine Wechseljahre zurzeit wenig. Ich bin weiter gespannt auf die Diagnose der Hormon-Tante, muss aber noch zuwarten bis zum Termin. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Einkaufen und Kochen berichte ich in der Kombüse. Bleibt zu Hause, bleibt gesund, passt auf euch und eure Lieben auf.

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