Montag, 2. Mai 2022

Ausgelesen: Bücher im April 2022

Zwei Mitleser.
"Dass du noch Zeit zum Lesen hast!", sagte Mudderns erstaunt, als ich ihr Ostern die ersten beiden Frau Helbing-Bände* schenkte und meinte, den dritten bekäme sie, wenn ich ihn gelesen hätte, also vermutlich zum Muttertag. Doch, das mit der Zeit zum Lesen klappt ganz gut, zum Beispiel abends vorm Einschlafen. Da lese ich meist eine halbe Stunde oder mehr, um runter zu kommen. 

In diesem Monat merkte ich wieder, welche Erleichterung es ist, dass Mudderns einen Ausweis für die Stadtbücherei hat, denn zu oft wählte ich in den Monaten davor meine Lektüre danach aus, ob sie auch ihren Lesehunger stillen kann, und wenn ich gerade kein Buch für sie hatte, war das Gejammer groß. Jetzt kann ich lesen, wonach mir ist, und wir beide freuen uns, wenn ich Krimis entdecke, die ihr gefallen.

Den April begann ich wieder mit Krimis. "Enna Andersen und der falsche Täter*" ist der vierte Band der Reihe von Anna Johannsen* um die Leiterin einer Cold-Case-Ermittlungseinheit. Der Fall Rieke Erken, die vor einigen Jahren in der Nähe der ostfriesischen Kreisstadt Leer tot im Wald gefunden wurde, ist solide konstruiert. Vieles deutete damals auf ihren Ehemann als Täter hin. Doch Hajo Erken wurde aufgrund einer offensichtlich manipulierten DNA-Spur vor Gericht freigesprochen. Ennas Team macht sich daran, den Fall komplett neu aufzurollen. Die intensiven Zeugenbefragungen ergeben, dass das Opfer jahrelang unter dem krankhaften Kontrollwahn des Ehemanns litt und händeringend nach einem Ausweg suchte. Damit rückt Riekes Mann wieder in den Fokus der Ermittlungen – doch welche Spur führt zum tatsächlichen Mörder? Die Lösung ist überraschend. Ich hoffe auf einen fünften Band.

Bei der Insel-Krimi um Thies Detlefsen und Nicole Stappenbek von Krischan Koch* hinke ich ein wenig hinterher, und so las ich den neunten Band, "Der weiße Heilbutt*" erst jetzt. Die Clique um die "Hidde Kist", den Fredebüller Schnell-Imbiss, und das halbe Dorf machen Strandurlaub auf Amrum, als plötzliche eine Welle dem kleinen Finn einen abgetrennten Frauenfuß auf seine Schaufel spült. Alle starren gebannt aufs Wasser, wo ein riesiger Fisch gerade eine Luftmatratze rammt. Statt ausgelassener Ferienstimmung herrscht jetzt Massenpanik. Hat der Killerfisch bereits eine Frau getötet? Das eingespielte Duo Detlefsen und Stappenbek ermittelt in alle Richtungen. Zwischen Touristenhorden, demonstrierenden Umweltaktivisten, exzentrischen Starköchen, rachsüchtigen Immobilienmaklerinnen und einem verirrten Riesenraubfisch suchen sie fieberhaft nach einem Frauenmörder. Das Buch macht wieder großem Spaß, und der zehnte Band, "Mord im Nord-Ostsee-Express*, ist in der Bücherhalle vorbestellt.

Als Einstimmung auf den hoffentlich stattfindenden Mallorca-Urlaub las ich "Liebe, Mord und Mandelblüten: Eine Auszeit auf Mallorca*" von Carsten Philipp*. Im Mittelpunkt steht Carlos, der nach 15 Jahren das erste Mal wieder in seine alte Heimat Mallorca zurückgekehrte. Er hat sich ein Jahr Auszeit genommen, um sich von seinem stressigen Job als Kriminalhauptkommissar in Deutschland zu erholen. Doch der Mord an einem Deutschen Geschäftsmann und der Hilferuf seiner spanischen Kollegen machen ihm einen Strich durch die Rechnung. Und dann ist da noch sein Erbe, das er von einem alten Freund seiner Mutter erhalten hat und das ein lang gehütetes Geheimnis zu Tage bringt. Es ist der erste Band einer fünfteiligen Reihe. Teilweise hatte ich den Eindruck, einen Reiseführer zu lesen, aber das war okay, und ich freue mich auf die anderen vier Bände.  

Bei "Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch*" von Marina Lewycka* war ich mir unsicher, ob ich das Buch nicht schon kannte - das ist einer der Gründe für diese Reihe. Im Mittelpunkt stehen Nadja und ihre Familie. Als Nadias verwitweter Vater ihr mitteilt, dass er wieder heiraten will, löst er eine gewaltige Familienkrise aus. Seine zukünftige Ehefrau ist eine üppige Blondine, aus der Ukraine wie er auch, mit einer Vorliebe für grüne Satinunterwäsche, Fertiggerichte und hochtechnisierte Kücheneinrichtungen. Nadia ist sofort klar, dass diese Frau vor nichts haltmachen wird, um ihre ehrgeizigen Träume zu verwirklichen. Etwas Gutes hat die Angelegenheit: Nadia und ihre Schwester Vera sprechen seit Jahren das erste Mal wieder miteinander, verbunden durch das gemeinsame Ziel: Ihr Vater muss aus den Klauen der Glücksritterin gerettet werden! Doch auch der alte Mann arbeitet zielstrebig an der Erfüllung seiner Träume. Unter anderem schreibt er an einer 'Geschichte des Traktors auf Ukrainisch', die nicht weniger als die Geschichte der industrialisierten Welt behandelt …  

Mir gefielen die Charaktere und der Stil, so dass ich weitere Titel von Lewycka vorbestellte. Inzwischen habe ich so viele Vormerkungen in der Bücherhalle laufen, dass ich den Überblick verlor ...

Da eine Reihe von den Kollegen aus einem anderen Leben in den letzten Wochen "Meines Vaters Heimat: Was er mir nie erzählte*" von Torkel S. Wächter* las, wurde ich neugierig und bestellte ich mir das Buch in der Bücherhalle. Die Biographie von Walter Wächter war mir aus dem anderen Leben grob bekannt, sein Leben als Michaël Wächter hingegen nicht. Torkel S. Wächter beschreibt das Leben seines Vaters aber auch sein eigenes schonungslos offen - keine leichte Kost, aber absolute Lese-Empfehlung!

Nach dem Tod seines Vaters Michaël fanden Wächter und seine Schwester ein paar vergilbte Briefen aus dem KZ Fuhlsbüttel auf dem Dachboden ihres Elternhauses in Stockholm. Als Wächter verstand, dass der Absender und sein Vater ein und dieselbe Person waren, begann eine Reise zu sich selbst und den eigenen Wurzeln. Auf vier Kontinenten suchte er nach Wegbegleitern des Vaters, die ihr Zuhause verlassen mussten, weil sie gegen die Nazis kämpften oder weil sie Juden waren – oder beides. Er hat sie besucht und kennengelernt, ihren Geschichten zugehört und neue Freundschaften geschlossen. Er ist auf den Spuren seines Vaters durch Europa gefahren und hat seine Flucht 1938 rekonstruiert. So ist dieser Roman entstanden, der sowohl im Hier und Jetzt als auch im heißen Vorkriegssommer 1938 spielt und der vor allem eines klarmacht: Dinge, die verloren gingen, müssen nicht für immer verloren bleiben.

Zwei vorgemerkte Titel von Marina Lewycka trafen ein, so dass ich mit ihr den Lesemonat April beendete. In "Das Leben kleben*" geht's um die Familie von Georgie Sinclair, die gerade ihren Mann Rip vor die Tür setzte und nun mit Sohn Ben alleine wohnt. Als sie Rips Sachen auf den Müll wirft, trifft sie auf Naomi Shapiro, die ganz anders heißt, und den Müll nach Nutzbarem durchwühlt. Die alte Frau lebt in der Nachbarschaft, und die beiden Frauen freunden sich an. Shapiro ist Jüdin und im Zweiten Weltkrieg nach London geflohen. Als sie ins Krankenhaus muss, bittet sie Georgie, sich um das baufällige Haus zu kümmern. Gleich mit ihrer ersten Tat setzt sich Georgie gehörig in die Nesseln: Der Handwerker, den sie mit Reparaturen beauftragt, ist keineswegs Pakistani, wie sie dachte, sondern Palästinenser. Eine potenziell heikle Konstellation. Zusätzliche Komplikationen ergeben sich durch zwei geldgierige Immobilienmakler, eine arglistige Sozialarbeiterin, den plötzlich auftauchenden Sohn der echten Naomi, und Georgies Familie.

Ich lese wieder in Gesellschaft.
Abgesehen von einem zweiten Handlungsstrang, in dem Georgie versucht, einen Roman zu schreiben, macht das Buch Spaß (und die Teile mit den Romanversuchen überblätterte ich einfach).   

Da mir Lewyckas Stil gefiel, las ich als nächstes "Die Werte der modernen Welt unter Berücksichtigung diverser Kleintiere*". Im Mittelpunkt stehen Serge, Clara und ihre Mutter Doro. Die Nachricht ihrer Eltern, nach 35 Jahren doch noch heiraten zu wollen, trifft die Geschwister wie ein Schock. Vor allem Serge steckt in der Bredouille. Schon seit Längerem dient er als Investmentbanker dem elterlichen Feindbild schlechthin: dem Kapitalismus. Sein glorioses Lügengebäude gerät ins Wanken, zeitgleich mit der Welt der Hochfinanz, denn das Buch spielt nicht nur während der Bergarbeiterstreiks 1984/1985, sondern auch während der Finanzkrise 2008

Lewycka hat einen Hang, verschiedene Handlungsstränge nicht zu Ende zu bringen, sondern ins leere laufen zu lassen, die Handlung abrupt enden zu lassen. Es wirkt, als sei die vorgeschriebene Seitenzahl erreicht. Das störte mich schon bei den beiden vorherigen Titeln, aber hier besonders. So bleibt die Brandstiftung samt Misshandlung / Vergewaltigung in der Kommune unaufgeklärt, bleibt im Dunkeln, wie Clara plötzlich zu einem Millionenvermögen kam, ist ihr Vater plötzlich schwerkrank. 

Ich brauche erstmal eine Lewycka-Pause und gehe mit der Miss-Merkle-Reihe von David Safier in dem Mai. "Mieses Karma*" fand ich ja herzlich überflüssig, aber "Miss Merkel: Mord in der Uckermark*" lässt sich ganz gut an. 

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