Samstag, 21. Januar 2023

Samstagsplausch KW 3/23: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CXLIX

Diese Woche hatte es in sich. Wir beide hatten Arzttermine, und bei mir kamen noch anstrengende Büro-Tage dazu. Beim Gatten läuft die ambulante Schlaganfall-Therapie, und mir war es nach über drei Jahren endlich gelungen, bei einer anderen Endokrinologin einen Termin zu bekommen - hamburgweit haben die Praxen Aufnahmestopp, und im Umland gibt es keine, wird auf Hamburg verwiesen. 

Die neue Praxis ist riesig, Massenabfertigung pur, aber das scheint 'ne gut geölte Maschine zu sein. Alle, von den MFA über die Laborkräfte bis hin zu den Ärzten, waren freundlich. Die Endokrinologin wirkt, als habe sie einen Plan. Sie hatte den Anamnesebogen vor sich liegen, als ich ins Sprechzimmer kam, schon das ein Unterschied zur Horror-Hormon-Tante. Dann besprach sie das weitere Vorgehen mit mir. Kommende Woche werden die Labor-Ergebnisse besprochen, und dann sehen wir weiter. Vermutlich werden erstmal alle Hormone abgesetzt, um zu gucken, was passiert, denn nach über drei Jahren Hormon-Ersatztherapie könnte sich ja was getan haben (leider gibt es keinen Laborbefund aus der Zeit vor der Hormon-Ersatztherapie, weil die Horror-Hormon-Tante die Unterlagen nicht zur Verfügung stellt). Ein Hormon wurde schon jetzt reduziert. Natürlich habe ich Angst, dass ich ohne die Hormon-Ersatztherapie zunehme - seit Beginn der Hormonstörung waren es 80 Kilo, und ich bin sehr froh, dass 34 davon weg sind. Natürlich werde ich nie mehr so wenig wiegen wie mit Anfang 20, aber ich möchte nicht mehr zunehmen, ohne etwas dagegen tun zu können.  

Obwohl die Praxis so ausgebucht ist, fragte die Ärztin, ob mir ihr Terminvorschlag für die Laborbesprechung passe, ob ich so früh in der Innenstadt sein könne - auch das ein Unterschied zur Horror-Hormon-Tante, die mir einen Termin nannte mit dem Zusatz, das habe ich möglich zu machen, da habe ich pünktlich zu sein - als wäre ich ständig unpünktlich (und gerade bei Fachärzten mache ich alles möglich, weil die Termine so schwer zu bekommen sind). Auch die Besprechung der Labor-Ergebnisse ist neu - bei der Horror-Hormon-Tante musste ich immer hinterher sein, und die Dame vergaß dann auch immer Kreuze auf dem Laborzettel für bestimmte Hormone, gab dann mir die Schuld dafür, weil ich sie nicht daran erinnerte.

Kommende Woche bekommt der Gatte einen GPS-Tracker bzw. einen mobilen Hausnotruf. Damit kann er bundesweit geortet werden. Das soll ihm Sicherheit geben, falls etwas ist, wenn ich nicht da bin. In Hamburg ist es so, dass sofort ein RTW kommt, wenn er den Notruf auslöst und sich dann nicht meldet. Im Landkreis Harburg, wo wir zukünftig leben werden, ist es leider so geregelt, dass erst eine Bezugsperson kommen muss, die dann auch noch entscheiden muss, ob ein RTW notwendig ist, und der kommt nur, wenn durch die Beurteilung der Bezugsperson sichergestellt ist, dass ein Krankenhausaufenthalt notwendig ist. Da müssen wir noch eine Lösung finden, denn der Sinn des Notrufs ist ja gerade, dass schnell Hilfe eintrifft. Als meine Mutter den Notruf im Sommer auslöste, musste ich erst aus Hamburg kommen, und obwohl ich der Leitstelle sagte, dass ich mindestens eine Stunde unterwegs bin, brachte es sie nicht dazu, einen RTW zu schicken. Stattdessen rief sie alle paar Minuten bei mir bzw. beim Gatten an, wo ich denn bliebe. Hätte Mudderns damals einen Schlaganfall gehabt, wäre viel zu viel Zeit vergangen. Das örtliche DRK möchte, dass Nachbarn eingebunden werden, die dann nach dem Notfall schauen, aber das finde ich unzumutbar. Die Nachbarn sind nicht immer erreichbar, und welche Verantwortung bürdet man ihnen damit auf, zu entscheiden, ob ein Krankenhausaufenthalt erforderlich ist, denn nur dann kommt ja ein RTW?! Das geht so gar nicht, und solange wir keine Lösung für dieses Problem haben, sind wir beide auch nicht wirklich ruhig, wenn der Gatte alleine auf der Baustelle ist.  

Ansonsten sitzt der Schock angesichts des Schlaganfalls des Gatten bei uns beiden noch immer tief, versuchen wir noch immer, zu begreifen, was passierte. Hier gilt seit mittlerweile 149 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, auch wenn mir seine Wesensveränderungen seit seiner Erkrankung immer mal wieder zusetzen. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird. Er ist inzwischen schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter und seit der Übernahme meines früheren Elternhauses Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte.

Es ist uns inzwischen gelungen, einen Aufmaß-Termin mit dem Bodenleger zu vereinbaren - nicht nur, dass der ohnehin ausgebucht ist, der Verkäufer hatte auch vergessen, unseren Auftrag abzuschließen, so dass der Bodenleger nicht wusste, dass er einen Termin vereinbaren muss. Jetzt kommt er vier Wochen nach Auftragserteilung. Mal sehen, wann dann die Arbeiten beginnen (und während ich dieses tippsele, geht mir auf: Ich habe von der Firma auch noch keine Auftragsbestätigung gemailt bekommen). Elektriker, Heizungsbauer und Fliesenleger sind noch immer nicht in Sicht. Aber wenn die Wände gestrichen und der Boden verlegt ist, können wir den Umzug planen. Die Fliesen können evtl. später gelegt werden, auch wenn das mit doppelter Arbeit verbunden ist. Elektrik und Heizung können auch später kommen, wenngleich wir ohne Elektrik in der Küche keine Spülmaschine haben (oder mit interessanten Verlängerungen arbeiten müssen). 

Dafür sind wir mit dem Garten weiter: Montag wurde der Apfelbaum beschnitten, Dienstag der Kirschlorbeer aus dem Vorgarten entfernt, und Mittwoch zogen Apfelbäumchen, Magnolie, Schneeball und Hortensien aus dem Hamburger Garten um. Damit ist dann das erledigt, was bis Ende Februar erledigt werden musste. Hoffentlich wächst alles gut an. 

Wir sind schon sehr gespannt, wie es aussieht, wenn wir das nächste Mal im Haus sind. Der alte Apfelbaum wurde um die Hälfte gekürzt, da ist der Anblick sicher ein Schock. Aber es führte kein Weg daran vorbei. Im Hamburger Garten ist der Blick auf die Nachbarn (und von den Nachbarn auf uns) frei - ein seltsames Gefühl. Die Bolz- und Brüll-Blagen können jetzt wieder ungehindert eines unserer Fenster und die gegenüberliegende Haustür als Fußballtore und unseren Garten als Spielfläche nutzen. Wir sind gespannt, wann sie das Vogelfutterhäuschen zerschossen haben - es wäre nicht das erste. Vermutlich ist es klug, das schnell umziehen zu lassen, genauso wie eine bepflanzte Statue aus Schwiegermutters ehemaligem Garten und die Nistkästen. 

Im Büro wartete nach einer Woche Abwesenheit viel Arbeit auf mich, und ich schaffte es noch nicht, alles aufzuarbeiten. Zudem gab's die Nachricht, dass unsere Abteilung einer anderen Organisationseinheit zugeordnet wurde, was bedeutet, dass Chef jetzt zwischen zwei Standorten pendelt, wir evtl. an einem anderen Standort zusammengelegt werden. Die Stimmung könnte besser sein, auch, weil sich Verhaltensweisen einschleichen, die durch die neuen Chefs überwunden schienen. So leierte die Interimschefin eine Veranstaltung an, die personalintensiv und anstrengend ist, nimmt aber nicht selbst daran teil, sondern reicht Urlaub ein, so dass eine Kollegin sehen kann, wie sie zurecht kommt.  Bei mir ist immer noch nicht offiziell, dass ich nicht mehr Projektleitung bin, weil sich eine neue Kollegin mein Projekt unter den Nagel riss, um selbst erfolgreich dastehen zu können. Dieses So-tun-als-ob macht mir zu schaffen. Ich denke immer öfter an Frührente oder Beurlaubung, muss das nach dem Umzug mal durchrechnen. Der Baukredit muss ja gestemmt werden.

Den Müttern und Tante geht's gut. Bei Mudderns ist alle naslang etwas zu klären, so dass ich nicht wirklich zur Ruhe komme. Ich hatte mir das mit dem Pflegeheim irgendwie einfacher, entspannender vorgestellt, aber zum einen verweigert sich Mudderns weiterhin der Einsicht, dass sie nicht mehr  alleine leben kann, zum anderen hat das Heim damit Probleme, dass Mudderns zwei Mal in der Woche von ihrer Gesellschafterin zum Spazierengehen abgeholt wird. Das gibt auf allen Seiten Gezicke. Aktuell führt das Heim auch keine Corona-Tests durch, muss die Gesellschafterin in ein Testzentrum, was jede Woche eine Stunde mehr Zeitaufwand bedeutet. Einen Grund für diese Maßnahme gibt es nicht. Nun könnte Mudderns auch vor dem Heim auf ihre Gesellschafterin warten, aber zum einen will sie das nicht, zum anderen kann sie sich eben nicht mehr selbst straßentauglich anziehen, läuft in Schlafanzug und Hausschuhen raus, wenn sich niemand um adäquate Kleidung kümmert. Vermutlich könnte das Heim dafür sorgen, dass Mudderns adäquat angezogen wartet, aber zum einen will Mudderns das nicht, zum anderen lehnt das Heim die Besuche durch die Gesellschafterin ab. Es läuft immer wieder auf die Quadratur des Kreises hinaus. Hinzu kommt, dass ich mich um Mudderns persönliche Angelegenheiten kümmern muss, ihre Bankgeschäfte und Steuern im Blick haben muss, was mich belastet, weil ich davon keine Ahnung habe. Mein Albtraum ist, dass die Unterlagen in dem ganzen Räum- und Renovierungschaos total durcheinander geraten, denn ich habe noch immer kein System gefunden, habe noch immer nicht alles durchsehen können. Mudderns zu befragen, hat keinen Sinn mehr. Aber doch ja, sie kann noch alleine leben.

Schwiegermutter plant Tantes 90. Geburtstag, was dieses ganz alleine könnte. Allerdings möchte Tante in Bayern feiern, während Schwiegermutter an Nord- oder Ostsee feiern möchte, weil ihr das Klima in Bayern angeblich nicht bekommt. Dass der Gatte überlegt, sich einzuschalten, um Tante den Rücken zu stärken, sagt eigentlich alles. Normalerweise hält er sich heraus, aber hier ist er schwerst genervt und auf Seiten seiner Tante. Jedenfalls werden wir uns die Tage um Tantes Geburtstag irgendwie freihalten, um mit ihr feiern zu können, wo auch immer. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse   

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