Samstag, 2. Dezember 2023

Samstagsplausch KW 48/23: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CXCIV

"Sind wir das?" frug der Gatte, als
er das Schild sah. Ja, zwei Daten
sind für unseren Umzug.
Bevor wir Sonnabend zu unserem Wocheneinkauf aufbrachen (und sogar noch vor dem Frühstück) schleppte ich drölfzich Quadratmeter Fliesen vom zukünftigen Vorratskeller in meine zukünftige Werkstatt und putzte den zukünftigen Vorratskeller. 

Die Fliesen sollen zum größten Teil verkauft werden, aber darum kümmere ich mich im Frühjahr. Falls du Interesse an ca. 16 m² Fliesen in hübsch gesprenkelten Greige hast, melde dich gerne. Wir hätten auch eine kleine Gefrierbox* abzugeben, die aber gerne noch vor Mitte Dezember. 

Nach dem Wocheneinkauf wuchtete ich den Kühlschrank aus dem zukünftigen Wohnzimmer, wo er seit Mai wegen in der Küche zu verlegender Fliesen stand, zurück in die Küche - natürlich voll. Ich hatte keine Lust, ihn erst auszuräumen. Hinterher war der Inhalt neu sortiert ...

Das zukünftige Schlafzimmer habe ich zum xten Mal ausgemessen. Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass Bett und zwei schmale Nachttische in den winzigen Raum hineinpassen sollen, aber sie müssten. Für mehr ist allerdings kein Platz, wie der Gatte entsetzt feststellte, weil das Regal mit den Plüschis nicht mehr passt. Wir hatten Dialoge wie weiland beim Umzug seiner Mutter: "Wir stellen das Regal da erst mal hin. Vielleicht passt es doch!" Öhm, nein. Damals war es eine 120 cm lange Wand, die nicht plötzlich 40 cm länger wird, wenn man ein 160 cm langes Regal ran stellt. Diesmal ist es eine 12 cm tiefe Nische, die nicht 20 cm tief wird - außer, wir hängen die Schlafzimmertür aus, was bei mir nicht zur Diskussion steht. Bei solchen Diskussionen merke ich die Erkrankung des Gatten, denn früher hätten wir nicht darüber diskutieren müssen, waren wir ohne Worte einer Meinung. 

Wenn die Schlafzimmermöbel nicht passen, wird's interessant. Da dort aber seit einigen Monaten mein Pustebett steht, das in etwa so lang ist wie unser Doppelbett, sollte es passen. Nur das "in etwa" macht mir Sorgen.

Ich schaffte es zudem, noch vor dem 19. Januar 2024 einen Termin zum Tausch meines Führerscheins zu bekommen. Ich wusste, dass das ansteht, hatte es aber irgendwie verdrängt. Da ich nicht weiß, ob ich im LK Harburg oder in Hamburg richtig bin, habe ich sicherheitshalber zwei Termine. Mein erster Führerschein wurde im LK Harburg ausgestellt, alle weiteren in Hamburg. Der Logik nach müsste ich im LK Harburg richtig sein, aber dort bin ich noch nicht gemeldet. Wir werden sehen. Notfalls wird der Führerschein erst im Frühjahr getauscht, zahle ich das Verwarngeld. 

Sonnabend meldete sich auch der Tischler mit einem zweitägigen Termin für den Tausch der Türen und eines Fensters. Darauf warten wir ja auch erst seit dem Frühsommer. Sein Terminvorschlag scheiterte an meinem Unvermögen, mich zu klonen, und am nun gefundenen Termin müssen am ersten Tag Möbelpacker durch's Haus. Ich kann's nicht ändern und bat, mit Küche und Esszimmer anzufangen. Da sollte der Tischler ungestört sein. Ich hoffe, es klappt. Zum Glück ist es für den Gatten in Ordnung, den Sicherheitstechniker erst nach meiner Reha zu beauftragen. Ich versuche momentan zu schieben, was sich schieben lässt, um mich etwas zu entlasten.  

Als ich abends schlafen ging, musste ich schmunzeln, denn in der Häuserreihe gegenüber waren die Wohnzimmer noch hell erleuchtet. Man schaute "Wetten, dass ..?" Normalerweise werden hier gegen 22 Uhr spätestens die Schotten dicht gemacht. 

Sonntag schlief ich anscheinend nach langer Zeit mal wieder eine Nacht durch und wachte um sechs Uhr hellwach auf. Warum passiert so was nicht unter der Woche?! Jedenfalls war es eine Wohltat, mal nicht nur halbstundenweise zu schlafen, sondern ein paar Stunden am Stück. Der Gatte fühlte sich endlich mal wieder fit und erledigte noch vor dem Frühstück den Abwasch. Nach dem Frühstück überlegten wir, wie wir was im zukünftigen Vorratskeller unterbringen. Spätnachmittags sollte sich zeigen, dass das, was theoretisch passt, praktisch nicht passt. Ein Regal steht auf der Revisionsklappe, etwas, was wir unbedingt vermeiden wollten, weil wir nicht wissen, wie oft wir da ran müssen und welches Gewicht die Klappe aushält. Es ist aber die einzige Möglichkeit, überhaupt ein Regal unterzubringen. Insgesamt haben wir weniger Platz für Vorräte als vorher, weiß ich nicht, wo ich die drölfzich Zentner Lebensmittel, die der Gatte partout aus Hamburg mitnehmen will, unterbringen soll. Mir ist es ein Rätsel, wieso der Gatte so hamstert. Das kenne ich nur von Menschen, die Krieg und Hunger erlebten. Der Gatte ist da auch nicht kompromissbereit oder einsichtig, leider - auch eine Folge seiner Erkrankung. 

Jedenfalls schafften wir es Sonntag, ein Vorratsregal aus dem Esszimmer in den Keller zu bringen, und der Gatte verlegte alle Kabel dort, wo in einer Woche Schränke stehen werden - großartig! Ich werde also eine LAN-Verbindung im zukünftigen Arbeitszimmer haben! Dem Gatten war deutlich anzusehen, wie sehr es ihn anstrengte, aber jetzt hatte ihn der Ehrgeiz gepackt, wollte er unbedingt so weit wie möglich fertig werden.  

Noch in der Nacht rächte sich der Arbeitseifer des Gatten. Es ging ihm gesundheitlich schlecht. Es geht ihm auch jetzt noch schlecht. Ich hoffe, er übersteht den Umzug. Es werden Erinnerungen an den Herbst 2020 wach, als seine Erkrankung begann. Ich hoffe sehr, der Gatte muss nicht wieder ins Krankenhaus. Davor hat er Angst - so viel, dass er es auch vehement ablehnt, zum Arzt zu gehen. Ich versuche, es ihm so ruhig wie möglich zu machen. Es bringt nichts, den Umzug zu verschieben, und dass er umziehen will, da ist sich der Gatte ganz sicher. Also müssen wir da jetzt irgendwie durch. 

Montag fuhren wir das letzte Mal in die Wohnung zurück. In fünf Tagen kommen die Möbelpacker, werde ich zum letzten Mal im provisorischen Schlafzimmer übernachten - alleine. Das wird eine Herausforderung. Ich hätte das Haus gerne in einem ordentlichen Zustand zurückgelassen, aber dafür reichten meine Kräfte nicht. Ich muss also früh morgens möglichst viel schaffen, bevor die Möbelpacker mit Ess- und Schlafzimmer kommen. Um den Umzug weniger anstrengend zu machen, ziehen wir ja zimmerweise um. So hat der Gatte zwischendrin immer einen Tag zum Ausruhen. 

Diese Woche kam endlich der Bescheid über die Erbschaftsteuer, und ich fiel aus allen Wolken. Eigentlich erbe ich nicht genug, um Erbschaftsteuer zahlen zu müssen. Uneigentlich legt das Finanzamt genau wie beim Haus irgendeinen Multiplikator zugrunde, so dass ich doch Erbschaftsteuer zahlen muss. Es ist mir ein Rätsel, wie das Finanzamt auf die Höhe der Erbschaft kommt kommt und woher ich die Steuersumme binnen drei Wochen bekommen soll, denn alle finanziellen Mittel, die wir haben, sind verplant, und das Geld, das ich laut Finanzamt geerbt haben soll, gibt es schlichtweg nicht. Ich kann natürlich zur Bank gehen und mal freundlich fragen, wo das Vermögen, das ich angeblich erbte, ist ... Spätestens jetzt hätte ich schlaflose Nächte, aber ich schlafe ja ohnehin nur sehr selten mal eine Nacht durch. Mal gucken, ob ich den alten Steuerberater reaktivieren kann. 

In meinen eng getakteten Zeitplan schaffe ich es immer noch irgendwie, zusätzliche Termine rein zu quetschen, die sich nur mit viel Mühe oder Verzögerung verlegen lassen, diese Woche u.a. die Mammographie. Ich erschrak sehr, als der Brief mit dem Befund schon zwei Tage später da war statt der üblichen sieben bis zehn, denn seit April 2021 gibt es einen ominösen Krebsverdacht, ist aber kein bösartiger Tumor zu finden. Seitdem bin ich nervös. Gott sei Dank war die Mammographie ohne Befund!  

Hier gilt seit mittlerweile 194 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch  vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. Weiterhin gibt es im Umfeld reichlich Infektionen. In dieser Woche wirbelte Corona einige dienstliche Veranstaltungen durcheinander. Ich habe meine Teilnahme an drei Weihnachtsfeiern abgesagt - keine Zeit, keine Kraft, kein Bock auf Corona. In Hamburg gibt es aktuell drei Mal so viel Corona-Infektionen wie Grippe, Rhino, RSV.

Aktuell kämpfe ich viel mit meiner Trauer, denke oft an meine Mutter, die Umstände ihres Todes, dass sie gerne gesehen hätte, was wir aus ihrem Haus machten, ertappe mich dabei, wie ich ihr das eine oder andere erzählen oder mit ihr besprechen möchte, sie etwas fragen möchte. Es sind Kleinigkeiten, die die Trauer hervorrufen, zum Beispiel der Staubsauger, der, warum auch immer, nach ihr riecht. So zog mit dem Saugen plötzlich der Duft meiner Mutter durch's Haus. Schon ein bisschen unheimlich. 

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Schwiegermutter freut sich, dass wir morgen wie früher zum ersten Advent zu ihr kommen, zum Teetrinken und Wunschzettelschreiben. Im letzten Jahr fiel das erstmals in 23 Jahren aus, weil wir auf der Baustelle waren. Dieses Jahr richtete ich es so ein, dass wir in Hamburg sind. Wer weiß, wie oft wir dieses Ritual noch pflegen können. Der Gatte meint, seine Mutter sei ziemlich wirr geworden. Ich bin gespannt, denn ich sah sie zuletzt Ende August. 

Mit dem bevorstehenden Umzug gehen 40 Jahre Leben in Hamburg und 23 Jahre Leben in den Elbvororten zu Ende. Aktuell mache ich vieles zum letzten oder vorletzten Mal. Das ist ein merkwürdiges Gefühl, auch, wenn ich mich auf die alt-neue Heimat freue. Mittwoch verabschiedete ich mich mit einer Karte mit unserer neuen Adresse und Telefonnummer von der neunzigjährigen Nachbarin im Wohnblock gegenüber. Ich bekam einen herzerwärmenden Brief zurück. Ich würde mich freuen, wenn wir in Kontakt blieben und sei es über Weihnachts- und Osterkarten.

In dieser Woche kam ich kaum zum Stricken, weil ich abends das Taschentelefon kaum aus der Hand legen konnte und erst ins Bett ging, wenn ich wusste, dass die freigelassenen Geiseln wieder sich auf israelischem Territorium angekommen waren. 110 Männer, Frauen und Kinder sind wieder in Sicherheit, um 137 weitere wird noch gebangt. Es heißt, die Hamas weigerte sich, die übrigen etwa 20 Frauen freizulassen aus Angst, sie könnten darüber sprechen, was sie in der Geiselhaft erlebten und weil sie in keinem vorzeigbaren Zustand seien. Die wenigen Informationen, die bislang von den Befreiten an die Öffentlichkeit gelangten, lassen Schlimmstes vermuten. Unter den Menschen, die auf Medikamente angewiesen sind, sind auch Diabetiker - sie dürften acht Wochen ohne Medikamente kaum überlebt habe. Das IKRK bekam zwar von Verwandten Medikamente übergeben, verweigerte aber die Weitergabe. Die Hamas hielt sich erwartungsgemäß nicht an die Vereinbarung, dem IKRK Zutritt zu den Geiseln zu gewähren, und nutzte die Feuerpause, um aufzurüsten. Erschreckend ist, wie viele Zivilisten das Verhalten der Terroristen unterstützen.

Noch fünf Tage bis Umzug. Hoffentlich.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

*Affiliate link

2 Kommentare:

  1. Ich wünsche für die kommende Zeit viel Kraft!

    AntwortenLöschen
  2. Moin, ich drücke die Daumen, dass alles klappt.
    Zum Führerschein: wenn Du den Termin in HH wahrnehmen möchtest benötigst Du eine Karteikartenabschrift aus Harburg. Kannst Du formlos per E-Mail beim StVA beantragen. Schönen 1. Advent.

    AntwortenLöschen

Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.