Montag, 22. April 2019

Stolpersteine für Jacob und Theophile Blanari in der Weidenallee 10

Montags gegen Nazis.
Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es nicht nur in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.

Wie es zu dieser Beitragsreihe gekommen ist, kannst Du hier nachlesenAlle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst. Aktuell phantasiert das blaubraune Pack darüber, durch Hamburg zu marschieren. Die für vorgestern in Harburg geplante Demo ließen sie allerdings wegen Zeitverzugs ausfallen. Ihre Zeit ist ohnehin seit 1945 vorbei.

Stolpersteine für Jacob und Theophile Blanari in der Weidenallee 10.
In einer Durchfahrt in der Weidenallee 10 liegen Stolpersteine für Jacob und Theophile Blanari. Das Paar hat vier Kinder und zieht um 1908 aus Berlin nach Altona bzw. Hamburg. Blanari stellt Haushaltsgegenstände und Möbel her, aber der finanzielle Erfolg scheint auszubleiben. Die Familie lebt in prekären Verhältnissen, zieht oft um. 

Als die Deutsch-Israelitische Gemeinde 1934 im Hinterhof Weidenallee 10a eine Lehrwerkstatt für Tischler einrichtet, übernimmt der 55jährige Blanari kurz darauf die Leitung. Im gleichen Gebäude gibt es auch eine Lehrwerkstatt für Schlösser. Jüdische Jugendliche werden hier in den beiden Handwerksberufen ausgebildet, um nach Palästina auswandern zu können.  

Die Blanaris sorgen dafür, dass ihre vier Kinder auswandern können, emigrieren selbst aber nicht. Im Oktober 1941 beginnen die Deportationen jüdischer Hamburgerinnen und Hamburger. Theophile und Jacob Blanari erhalten ihren Deportationsbefehl für den Transport am 8. November 1941. 

Blick in die Weidenallee 10a.
Am Morgen macht sich das Paar mit je einem gepackten Koffer auf zum Logenhaus auf der Moorweide, nicht ohne zuerst seinen Wohnungsschlüssel beim nächsten Polizeirevier abgegeben zu haben - sein Eigentum ist beschlagnahmt, und wenn die Habseligkeiten direkt aus der Wohnung heraus verkauft werden, will man sich nicht erst lange mit dem Aufbrechen des Türschlosses aufhalten.

Vom Logenhaus geht's in Polizeiwagen zum Hannvoverschen Bahnhof - nicht etwas klammheimlich nachts, sondern tagsüber, vorbei an denen, die später von nichts gewusst haben wollen. Insgesamt 1.000 Menschen werden am 8. November 1941 aus Hamburg deportiert. Sie verbringen dreieinhalb Tage eingepfercht in überfüllten Waggons. In Minsk angekommen, müssen sie erstmal die Leichen kurz zuvor erschossener jüdischer Weißrussen wegräumen und verbrennen. Die Männer, Frauen und Kinder wurden ermordet, um Platz zu machen für die Hamburger.  

In Minsk verliert sich die Spur des 61jährigen Ehepaares Theophile und Jacon Blanari.

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