Donnerstag, 5. März 2020

#WMDEDGT 3/20: Lavendel

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln!

Die Nacht war schlecht. Ich schlief nur zwei Stunden, bin vorm Gatten wach, setze Kaffee auf, wecke den Gatten und mache mich bürofertig, denn in der kommenden Woche werde ich im Krankenhaus sein, und vorher muss ich noch möglichst viel für mein Mammutprojekt erledigen. Meine Wochenarbeitszeit habe ich diese Woche in weniger als drei Tagen geschafft.

Kaffee, Knäcke, den Gatten verabschieden, dann selbst zum Bus. Der Anschluss-Bus ist so verspätet, dass der Umstieg ohne Wartezeit klappt, ich zwei Minuten früher als fahrplanmäßig möglich an der Büro-Haltestelle bin.

Möglichst wenig nachdenken. Die ambulante OP in der kommenden Woche ist zwar eigentlich Routine, aber im Januar lehnte ein Chirurg eine ambulante Routine-OP in einer anderen Sache ab, weil ich zu fett sei, um die Narkose zu überleben. Das stimmt natürlich positiv. Zudem gingen in der Vergangenheit zwei andere OPs in der gleichen Sache, die in der kommenden Woche ansteht, schief.

Ich weiß, dass es keine Alternative zur OP gibt. Tabletten bekämpfen nicht die Ursache und auch die Symptome nur zum Teil. Ich kann nur hoffen, dass es keine größeren Komplikationen als eine wieder mal komplett zerschnittene Bauchdecke gibt, dass Gebärmutter, Blase, Darm intakt bleiben, dass ich nach den für die OP angesetzten 50 Minuten unbeschadet wieder aus der Narkose aufwache, dass ich tatsächlich nur eine Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben muss, dass meine Lavendelzeit noch nicht gekommen ist.



Im Büro kann ich mich durch Arbeit ablenken. Wie im letzten Monat muss ich Listen bearbeiten. Normalerweise wäre das ziemlich entspannt, hätte ich dafür bummelig zehn Tage Zeit, aber jetzt will ich binnen vier Tagen möglichst viel schaffen und sitze neun Stunden ohne Pause am PC. Mit Mühe denke ich daran, etwas zu trinken. Essen fällt aus. Ich knabbere ein paar Brocken Müsli, um nicht komplett zu unterzuckern.

Die vielgepriesene, eigentlich erprobte technische Lösung, die wir dieses Jahr auf Empfehlung erfahrener Kollegen zur Datenabfrage einsetzten, sorgt für Chaos. Knapp 700 Datensätze müssen händisch auf Doubletten abgeglichen werden, den Einreichern muss hinterher telefoniert werden, ob ihre Datensätze tatsächlich vollständig sind. Das ist schlimmer und unübersichtlicher als in den Vorjahren.

Das hätte nicht passieren dürfen und bringt uns zeitlich mächtig in die Bredouille. Ich beglückwünsche mich, dass ich einen Zeitpuffer einbaute. Der schrumpft zwar durch meinen Ausfall in der kommenden Woche, aber als sich das Technik-Drama vorgestern abzeichnete, erklärte sich ein Kollege gleich bereit, einzuspringen, und zwei Kolleginnen sind ebenfalls bereit, die Abfragen zu machen, während ich im Krankenhaus bin. Das Team ist, bis auf zwei unzuverlässige Totalausfälle, wirklich toll. 

Durch Urlaub und Krankheit ist das Team ausgedünnt, sind wir nur zu zweit. Meine Kollegin ist so nett, für die seit heute erkrankte Ladenkollegin einzuspringen, so dass ich meine Listen bearbeiten kann. Kurz sehe ich den eigentlich kranken Chef, der wissen will, was Sache ist. "Bin gerade dabei, dir 'ne Mail zu schreiben." - "Okay, alles klar."

Ich mag Menschen, die nicht darauf bestehen, alles erzählt zu bekommen, was sie Minuten später eh per Mail erfahren.

Später kurze Abstimmung auf dem Flur. "Alles weitere besprechen wir übernächste Woche, wenn du wieder da bist."

Falls ich wieder da bin. Ich habe das Mammutprojekt sicherheitshalber so vorbereitet, dass ich nicht nur länger, sondern auch ganz ausfallen kann.

Immerhin meldet sich heute ein Vierteljahr nach Antragsstellung unsere Beschaffungsabteilung: Es schaut so aus, als bekäme ich für mein Mammutprojekt doch noch Papier, Druck und Logistik. Bislang hatte ich nur Graphiker, Korrektorin und Illustrator - immerhin. Da ich Zugriff auf so ziemlich alle Drucker des Betriebs habe, habe ich einen Plan B. Das Druckerzeugnis des Mammutprojekts hätte dann zwar das falsche Format, der Betrieb wäre verstimmt, aber irgendwas ist ja immer.

Und nach mehr als einem halben Jahr nach Antragsstellung sieht es sogar so aus, als könnte es tatsächlich noch in diesem Jahr etwas mit der digitalen Umsetzung des Projektes werden. Sollten wir heute tatsächlich zwei Kamele durch das Nadelöhr "Beschaffungsstelle" bekommen haben?

Muddern ruft kurz an, hört, dass es mir schlecht geht und sagt deswegen nur kurz, dass es ihr gut geht. Beschränkung auf's Wesentliche.

Nach elf Stunden bin ich wieder zu Hause, wo mich der Gatte mit "Ich war übrigens den ganzen Nachmittag hier" begrüßt. Äh, bitte was? Er bekam neben seinem seit ein paar Tagen andauernden Schnupfen im Büro Sehstörungen und Kopfschmerzen und fuhr mittags zum Arzt.

Der Arzt ließ den Gatten in der Praxistür stehen wegen der Corona-Ansteckungsgefahr, untersuchte ihn nicht, fragte nicht nach Symptomen, sondern ließ ihm durch die Arzthelferin eine Krankschreibung für zwei Tage aushändigen. Es ist der selbe Arzt, der den Gatten sonst bei jedem Nieser mit Verdacht auf Lungenentzündung oder Grippe ins Krankenhaus einweist und mit Antibiotika füttert. Alle bekloppt.

Während der Gatte die Bohnensuppe vom Vortag aufwärmt, gucke ich schon mal, was ich für das Krankenhaus einpacken muss, was evtl. noch gewaschen werden muss. Nach den Erfahrungen der beiden letzten OPs rechne ich mit einer Woche Krankenhaus und angesichts der zerschnittenen Bauchdecke, von der ich ausgehe, weil es bislang trotz anderer Aussagen nie ohne ging, brauche ich weite Klamotten ohne Nähte im Bauchbereich. Das ist gar nicht so einfach, vor allem bei der Unterwäsche.

Ich überlege, ob ich auf Verdacht noch was zwei Konfektionsgrößen größer bestelle, beschließe dann aber, erstmal abzuwarten, ob ich überhaupt noch neue Unterwäsche brauche. Falls doch, kann notfalls der Gatte los muss oder ich bestelle vom Krankenbett aus online und lasse direkt ins Krankenhaus liefern - so'n Smartphone ist schon schön.

Abendessen, Tagesschau, Donnerstags-Krimi, heute journal, dann ab ins Bett. Eigentlich müsste ich mich noch um Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht kümmern, aber dafür habe ich heute keine Kraft mehr.

Noch etwas lesen*, und das war's dann mit diesem 5. März.

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3 Kommentare:

  1. Drücke Dir die Daumen. Geht bestimmt alles gut.

    Andrea

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  2. Alles Gute für dich!!!
    Lieben Inselgruß
    Kerstin

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  3. Vielen Dank für Eure guten Wünsche! Die OP ist tatsächlich wie geplant verlaufen (endlich mal).

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.