Anfang des Monats dachte ich noch, ich hätte viel Zeit zum Lesen, nicht nur während der täglich zwei bis drei Stunden in Bus und Bahn, sondern auch in Wartezimmern, im Krankenhaus und zu Hause.
In Wartezimmern und im Krankenhaus las ich tatsächlich viel, aber ab Monatsmitte fielen die täglichen zwei bis drei Stunden in Bus und Bahn weg, weil ich coronabedingt zu Hause arbeitete oder, falls ich dann doch mal persönlich zu einem Termin musste, mit den Auto fuhr. Da fahre ich maximal eine Stunde, kann aber nicht lesen. Irgendwas ist ja immer.
Momentan weiß ich gar nicht, was ich zuerst lesen soll. Tolino und Kindle sind voll. Mit dem Tolino tue ich mich übrigens noch immer schwer. Im Vergleich zum Kindle ist er nicht benutzerfreundlich. Es ist immer wieder überraschend, was passiert, wenn ich eine Seite umblättern, ein Buch laden oder ins Hauptmenü will. In den seltensten Fällen klappt das auf Anhieb. Mindestens einmal pro Tag will der Tolino resettet werden. Das Herunterladen von Büchern ist umständlich ohne Ende. Lese ich eine Serie, ist nicht gesagt, dass ich unterbrechungslos mit dem nächsten Band weitermachen kann.
Was mir wirklich gut gefällt, ist das beleuchtete Display. Ansonsten ist er unkomfortabler als mein fast zehn Jahre alter Billig-eReader - und auf den konnte ich sogar x Bücher gleichzeitig laden. Beim Tolino muss ich jedes Buch einzeln online suchen, mich jedes Mal in mein Onleihe-Konto einloggen und dann hoffen, dass der Download auch tatsächlich klappt. Das führt dazu, dass ich mich Zettel und Stift am PC sitze, um mit dem Onleihe-Konto abzugleichen, ob alle Bücher auf dem Tolino sind. Technik, die entgeistert.
Die Krönung war dann, dass sich ein Buch auf dem Tolino gar nicht öffnen ließ, sondern nur auf dem PC. Ich wollte den Tolino einerseits haben, um die Onleihe nutzen zu können, nicht mehr von Amazon abhängig zu sein, und andererseits, um auch eBooks bei kleinen, inhabergeführten Buchhandlungen kaufen zu können. Nur, wenn sich die Bücher dann nicht öffnen lassen, ist das Moppelkotze.
Also kaufe ich sie wieder bei Amazon, weil ich weiß, dass der Kindle problemlos funktioniert. Ich muss nur das wlan einschalten, schon kann ich überall ein Buch herunterladen. Ich muss mich in keinem PC einloggen, muss nicht die Bücherhallenkarte suchen, Nutzernummer und Geheimzahl mehrfach eingeben, bis ein Buch heruntergeladen ist, um dann festzustellen, dass sich das Buch zwar am PC öffnen lässt, nicht aber auf dem Tolino, warum auch immer.
So bleibt es also dabei, dass nur analoge Bücher weiter in kleinen, inhabergeführten Buchhandlungen gekauft werden, während eBooks bei Amazon gekauft werden. Ich hab's versucht, aber wenn der Tolino nicht will, will er nicht.
Den März-Lese-Anfang machte der vierte Band der Max-Heller-Reihe von Frank Goldammer, "Roter Rabe*". Die Reihe kam mittlerweile im Jahr 1951 an. Im Spätsommer kehrt Oberkommissar Heller mit seiner Familie aus dem staatlich genehmigten Ostseeurlaub nach Dresden zurück. Für seine Frau Karin geht die Fahrt gleich weiter, denn sie hat überraschend die Reiseerlaubnis in den Westen zu Sohn Erwin erhalten. Heller ist besorgt, ob sie zurückkommt.
Doch sein neuer Fall lässt ihm keine Zeit zum Grübeln: Zwei unter Spionageverdacht stehende Männer, Zeugen Jehovas, sterben in ihren Gefängniszellen. Und es geschehen weitere mysteriöse Todesfälle. Bei einem der Opfer wird eine geheimnisvolle Botschaft gefunden: "Eine Flut wird kommen." Heller beschleicht eine schreckliche Ahnung.
Auch wenn sich die Handlung gelegentlich ein bisschen planlos entwickelt und langatmig ist, nahm mich das Buch doch genauso gefangen wie die drei Bände davor. Ich freue mich auf die Fortsetzung "Juni 53*".
Auf den dritten Band der Kajsa-Coren-Reihe von Trude Teige freute ich mich und wurde nicht enttäuscht. "Die Frau, die verschwand*" steht den beiden ersten Bänden in nichts nach und wurde in einer langen Krankenhausnacht gelesen. Zwar waren mir die Zusammenhänge relativ schnell klar, aber die Geschichte ist atmosphärisch spannend
Die Journalistin Kajsa Coren hat sich auf eine Insel bei Oslo zurückgezogen, als ein Mann sie aufsucht, um sie auf das Schicksal einer verschwundenen Frau hinzuweisen. Wenig später wird dieser Mann tot aus dem Meer gefischt. Offenbar hat ihn jemand betäubt und ins Wasser geworfen. Kajsas Interesse erwacht. Der Fall, dem sie nachgehen soll, liegt Jahre zurück. Damals ist Julia, eine junge Frau, verschwunden – und nun ist ihre Mutter, eine Psychiaterin, auf die Insel zurückgekehrt.
Die Geschichte spielt im psychiatrischen Krankenhaus Dikemark, taucht tief in die Geschichte der Psychiatrie ein, aber auch in die Zeit der deutschen Besatzung Norwegens. Der Maler Edvard Munch spielt auch eine Rolle, und es gibt Anklänge an Süskinds "Parfüm"*. Hier gibt es ausführlich Infos auf Norwegisch und Fotos. Dieser norwegische Youtube-Beitrag ist ebenfalls sehr informativ.
"Tante Poldi und die Schwarze Madonna*" ist der vierte Band der Reihe von Mario Giordano. Ich tat mich mit dem dritten Band, "Tante Poldi und der schöne Antonio*" schon schwer, und so war ich skeptisch, ob mir die Fortsetzung gefiele. Ich sach ma so: Hätte ich mir das Buch gekauft, hätte ich mich über die Geldverschwendung geärgert, aber da es aus der Onleihe kam, musste ich mich zumindest darüber nicht ärgern.
Worum geht's? Als in Rom eine junge Ordensschwester vom Dach des Apostolischen Palastes stürzt, gerät Poldi unter Verdacht. Einziger Hinweis auf den Täter: die Schwarze Madonna. Und diesmal hat es Poldi mit sehr gefährlichen Leuten zu tun. Als sich dann noch in Torre Archirafi auf einmal alle von ihr abwenden, reicht es ihr. Sie findet heraus, warum ihre Freundin, die Signora Cocuzza, immer so traurig ist, und gerät mit dem Commissario ihres Herzens voll ins Visier der Mörder.
Die Handlung ist phasenweise sterbenslangweilig, dann wiederum voller haarsträubender Wendungen - das ist wirklich nur was für Fans, die hart im Nehmen sind.
Letzten bleib ich im Fernsehen beim ersten Kommissar-Pascha-Krimi hängen und fragte mich, warum ich eigentlich nie die Bücher von Su Turhan gelesen hatte. Ich hatte Glück und bekam alles sechs Bände (den sechsten Band musste ich dann allerdings kaufen, weil der Tolino die Öffnung verweigerte).
Zügig las ich "Kommissar Pascha*", "Bierleichen*", "Kruzitürken*", "Anstich*", "Getürkt*" und "Mordlust pur*", womit ich in den April ging. Im Mittelpunkt steht Kommissar Zeki Demirbilek, der als 12jähriger aus Istanbul nach München kam und nun ein Münchner Türke ist. Bei der Polizei leitet er die Spezialeinheit Migra, zuständig für Todesfälle unter Migranten. Demirbilek pflegt einige Eigenheiten und macht damit seinem Team zu schaffen.
Privat liebt der Mittvierziger nach wie vor seine erste Frau, was jede neue Beziehung unmöglich macht. Er ist Vater erwachsener Zwillinge und wird schnell zum Großvater.
Die Bücher haben viel Münchner und Istanbuler Lokalkolorit, was langweilen kann, mir aber gefällt, und sind voller Klischees - muss man mögen. Mir war's gelegentlich zu viel, aber ich fand es nicht so störend, dass ich nicht weiterlesen wollte, sondern mich auf den Montag erscheinenden siebten Band, "Tödliche Auszeit*" freue.
Was mich allerdings störte, war, dass die letzten beiden Bände deutlich gewalttätiger waren als die anderen, und dass überraschende, gelegentlich haarsträubende Wendungen zunahmen. Ach ja, und störend ist auch, dass das Rezept für Zekis berühmt-berüchtigtes Zitronenhühnchen fehlt. Da muss ich wohl selbst ran.
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