Sonntag, 29. Dezember 2024

Samstagsplausch KW 52/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXLX

Die letzte Woche verbrachten wir in Hammelburg und Dachau, um Weihnachten bei Tante zu sein und ihr die beschwerliche Anreise nach Hamburg zu ersparen. Die Anreise war entspannt und schön, aber wir waren noch keine zehn Minuten bei Tante, als Schwiegermutter eskalierte. Sie keifte quasi durchgehend bis zu unserer Abreise am Freitag. Laut Tante geht es so seit Schwiegermutters Ankunft. Wir hätten am liebsten Tante mitgenommen, die Schwiegermutter noch eine Woche aushalten muss. Zum Glück schliefen wir im Hotel, so dass wir uns immer wieder von Schwiegermutter erholen konnten, aber den Gatten nahm die Reise sehr stark mit. 

Wir hatten uns so auf die Tage bei Tante gefreut, hatten Scrabble, Yatzee und Rummy für Spiele-Nachmittage mit, denn das machte uns allen vor drei Jahren Spaß. Diesmal verweigerte Schwiegermutter das Mitspielen, obwohl sie vorher noch betonte, wie sehr sie sich darauf freue. Jetzt lamentierte sie, sie könne bekanntlich weder hören noch sehen, nein, Brille oder Hörgerät wolle sie nicht nutzen, andere Hilfe wolle sie auch nicht. Sie wolle uns aber nicht stören, sondern gucke halt zu - was sie erkennbar missgelaunt tat. Tante und wir quälten uns trotzig durch eine Runde Scrabble, bevor ich alle Spiele wieder einpackte. 

So wurde die gemeinsame Zeit quälend lang, denn Schwiegermutter duldete auch keine Gespräche. Sie war die einzige, die reden durfte.  Sobald wir versuchten, uns mit Tante zu unterhalten, eskalierte Schwiegermutter. Da sie die Hörgeräte verweigert, mussten wir schreien, was jedes Gespräch erschwerte. Sie mäkelte an allem, seien es der Fernseher, das Radio, der Herd, die Einrichtung, das Essen - alles war unter ihrem Niveau. Es ist kein Wunder, dass sie es inzwischen sehr schwer hat, in ihrer Seniorenwohnanlage Kontakt zu finden, weil kaum noch jemand etwas mit ihr zu tun haben möchte. Wenn sie nicht auf Tante rumhackte, dann auf ihrem Sohn oder auf mir. Ich kann damit um, meine Mutter ließ 56 Jahre kein gutes Haar an mir, aber für Tante und Gatten war's schwer.

Kein Wunder, dass wir alles taten, um nicht über den geplanten Dänemark-Urlaub zu Schwiegermutters 90. Geburtstag im Mai zu sprechen. Das würde keiner von uns aushalten, außer, Schwiegermutter bekäme ein Haus für sich - so weit wie möglich von dem für Tante und uns entfernt. Schwiegermutter sprach das Thema nicht von sich aus an, und so hoffen wir, dass es vom Tisch ist. Klar ist allerdings, dass wir nicht um einen gemeinsamen Urlaub im Mai herum kommen, denn verständlicherweise will Schwiegermutter etwas Besonderes zu diesem besonderen Geburtstag machen.

Neben dem immer mehr zunehmenden aggressiven Verhalten meiner Schwiegermutter besorgt mich, dass sie sich zunehmend Geschichten über uns ausdenkt. Das kenne ich von meiner Mutter, die Jahrzehnte in einer Parallelwelt lebte, aber bei Schwiegermutter ist das neu. So erzählte sie Tante in allen Farben, wir würden nach München in einen besonderen T-Shirt-Laden fahren, um T-Shirts mit Motiven von Rockbands zu kaufen. Das würden wir immer machen, wenn wir in München sind. Dem Gatten und mir war das komplett neu. Wir wüssten gerne, wo dieser ominöse Laden ist. Sie erzählt außerdem von unserer Weihnachtsdeko, die so entzückend sei, dass Kinder bei uns klingeln, uns Lieder vorsingen und dafür Süßigkeiten bekommen. Ja, nee, is klaa. 

Dazu kommen Kontrollsucht und Vergesslichkeit, worunter der Gatte litt, als Schwiegermutter ihn ausschloss, als er auf dem Balkon rauchte. Kurz vorher war sie noch auf dem Balkon, um zu kontrollieren, dass er keine Zigaretten raucht, sondern Pfeife, und kaum wieder im Wohnzimmer, sperrt sie ihren Sohn aus.  

Schwiegermutter lehnte zudem alle sorgfältig ausgesuchten Ausflüge ab. Sie müsse Tante beim Kochen und im Haushalt helfen, das Wetter ist zu kalt, zu nass, zu neblig ... Es war ein Elend!  

Den Gatten kostete die Reise unwahrscheinlich viel Kraft, so dass die geplanten gemeinsame Unternehmungen wie Bummel durch München und Dachau oder durch die Schleißheimer Schlossanlagen kaum möglich waren. Seine Beine versagten einfach, er hatte große Schmerzen. Er wollte noch nicht mal in die Modelleisenbahn-Läden, die er sich vorher ausgesucht hatte. Ich hätte natürlich alleine los können, aber wann hatte ich zuletzt die Chance, ganze Tage im Bett zu verbringen, Märchenfilme zu gucken, zu lesen, Juleskum zu futtern und zu häkeln?! So war es dann für mich irgendwie auch erholsam. Eine Nacht konnten wir sogar durchschlafen, weil der Gatte keinerlei Beschwerden hatte!

Die Häkelkrippe kam mit zu Tante, die sie sehr bewunderte. Über Weihnachten schaffte ich immerhin Stern und Engel. Heute wurde Melchior fertig.

Wir hoffen, dass der Gatte nach der OP Mitte Januar wieder besser laufen kann, hoffentlich auch schmerzfrei ist. Aktuell fällt ihm jeder Schritt schwer. Der Aufenthalt in Hammelburg, wo er vor 40 Jahren als Soldat stationiert war, aber auch die Zeit in Dachau, wo Station gemacht wurde auf dem Weg zu den Wanderurlauben in Südtirol, erinnerten ihn an die Zeiten, als es ihm körperlich noch viel, viel besser ging. Das ist schwer auszuhalten. Immerhin geht es ihm nach einem Tag zu Hause inzwischen wieder besser.  

Die Krippe ist noch eingepackt. Damit es auf der Fensterbank nicht so leer ist, stehen dort ein kleiner Weihnachtsbaum und die Weihnachtsgrüße der Nachbarn, die uns bei der Rückkehr erwarteten.

Ansonsten genossen wir es, nach Wochen voller Tag-Nacht-Grau endlich mal wieder Sonne zu sehen! Die begleitete uns auch gestern noch - bis Walsrode. Ab da versank die Welt im Nebel, der so unglaublich dicht war, dass ich die Nebelschlussleuchte nutzte. 

Hier gilt seit mittlerweile 250 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.

Kommt gut in ein glückliches, gesundes neues Jahr!

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

2 Kommentare:

  1. Ach mensch... Ich hoffe ihr erholt euch gut und genießt jetzt zu Hause ein paar friedliche Tage. Fühl dich gedrückt!

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  2. Ohweh, ich kann sie förmlich hören, deine Schwiegermama,das kenne ich auch so ähnlich in der Familie. Und man fühlt sich hilflos und ausgeliefert..
    Ich wünsche euch gute Erholung! LG, Silke

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