Samstag, 16. Mai 2020

Samstagsplausch KW 20/20: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten IX

In dieser Woche war ich mehr in diesem Draußen als in den acht Wochen zuvor und merkte, dass mir neue Eindrücke abseits der gewohnten Wege doch fehlten. Wir sind mittlerweile seit neun Wochen weitgehend zu Hause; ich im Homeoffice, der Gatte in Kurzarbeit. Der Gatte ist einmal wöchentlich im "echten" Büro und ansonsten auf Abruf, während ich an meiner zum Schreibtisch umfunktionierten Werkbank arbeite, wenn im "echten" Büro nichts anliegt, was persönliche Anwesenheit erfordert.

Diese Woche war ich zwei mal im "echten" Büro, zufällig auch an dem Tag, an dem es unerwartete Entwicklungen gab. Da war es praktisch, dass wir uns kurz zu viert zusammensetzen und absprechen konnten. Das bedeutete aber auch, dass ich an einer spontanen Videokonferenz aus dem Büro heraus teilnehmen musste, mit dem Dienstrechner, auf dem die Software dafür nicht funktioniert.

Aber ich habe herausgefunden, wie ich mich mit dem Diensttelefon in einer Telefonkonferenz einwählen kann. Ein technikaffiner Kollege scheiterte daran, und deswegen dachten wir, das geht wohl nur auf Leitungsebene (als Sekretärin war das Einwählen in Telkos für die Blaumänner fast mein täglich Brot), aber nicht auf Arbeitsebene. Doch, es geht, wenn man sich erst in die Videokonferenz einwählt und wartet, bis die Software abstürzt. Dann bekommt man eine neue Telko-PIN, mit der die Einwahl klappt. Nimmt man gleich die erste Telko-PIN, klappt es nicht. Technik ist schon toll.

Wir konnten bei der Digitalisierung des Mammutprojekts einige Hürden nehmen, und vorgestern Abend ging ich beruhigt in ein langes Wochenende. Ich versuche aktuell ja, Überstunden abzubauen, aber die kommen schneller zusammen, als ich sie abbauen kann, obwohl eigentlich weniger los ist.

Dass ich zwei Tage im "echten" Büro war, lag am Gatten, denn der wollte unbedingt mal wieder einen Einkaufsbummel machen, und so nahm ich ihn im Auto in die Innenstadt mit, damit er nicht den ÖPNV nutzen musste.

Seit Mittwoch können zwar alle Geschäfte unabhängig von der Größe wieder öffnen, aber nicht alle setzten das so schnell um, und so fand der Gatte den Stadtbummel bedrückend und entnervend. Er musste erstmal eine Stunde überbrücken, denn die Geschäfte öffnen erst um 11 Uhr statt wie sonst um 10 Uhr. Erfolgreich war der Bummel dennoch: Wir haben jetzt das Lego-Minions-Set!

Sonnabend war ich nach acht Wochen das erste Mal wieder im großen Einkaufszentrum. Ich mag Einkaufsbummel schon zu normalen Zeiten nicht, aber jetzt mag ich sie noch weniger. Mich nerven die Schlangen vor den Geschäften, die Einbahnstraßenregelungen im Zentrum und in den Geschäften und das Masketragen. Dennoch ist mir das allemal lieber, als online zu bestellen, was ich möglichst vermeide. Aber Einkaufen bleibt einfach anstrengend (und wird es sicher noch für viele Monate bleiben).

Sonntag waren wir nach 12 Wochen endlich mal wieder bei Mudderns. Das war schön! Sie lehnte bislang alle Besuche wegen der Ansteckungsgefahr ab, wünschte sich jetzt aber, dass wir zum Muttertagsfrühstück kommen. Normalerweise wären wir brunchen gegangen, aber das war noch nicht möglich. So brachten wir dann alles mit. Sie hält sich tapfer. Aber sie ist auch gebrechlicher als vor 12 Wochen.

Schön war auch die Fahrt über Land zu Mudderns, die anderen Eindrücke abseits der gewohnten Wege wie blühende Rapsfelder. Die sehe ich besonders gerne, und die fehlten mir in diesem Jahr.

Der Tapir ist der Maßstab.
Andere Eindrücke gab's auch gestern bei Hagenbeck. Tante wünschte sich einen Zoobummel, nachdem das seit letzter Woche wieder möglich ist. Maximal 2.000 Besucher dürfen gleichzeitig auf's Gelände. Es gibt die Bitte, Nies- und Hustenetikette einzuhalten (was kaum gemacht wurde), Masken zu tragen (was kaum gemacht wurde), Abstand zu halten (Kinder liefen kreuz und quer, rempelten dabei auch gerne mal alles an, was im Weg war, wie die Tante mit dem Rollator). Rücksichtnahme gab's kaum.

Die Restaurants sind geschlossen, aber die Sitzmöbel stehen draußen und wurden ohne Rücksicht auf Abstand belegt. Die Imbisse sind geöffnet, man soll aber im Umkreis von 50 m nichts verzehren, nur stehen da halt auch Sitzmöbel ...

Vor beliebten Attraktionen wie den Elefanten oder dem Eismeer bildeten sich trotz Aufsicht schnell größere Gruppen, und überhaupt waren hauptsächlich Gruppen unterwegs: Befreundete Familien aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein, nach den Gesprächen untereinander anscheinend Eltern mit ganzen Kita-Gruppen. Wer braucht schon Kontaktbegrenzungen auf zwei Haushalte?! Corona ist doch vorbei!

Bei uns läuft aktuell jeden Tag mindestens einmal die Spülmaschine. Wir brauchen mehr Geschirr, weil wir ja den ganzen Tag zu zweit zu Hause sind und weil ich öfter backe als sonst. Das heißt, morgens doppeltes Frühstücksgeschirr (der Gatte frühstückt sonst im Büro), mittags Geschirr (wir essen sonst beide im Büro), nachmittags jeden Tag Teegeschirr (statt sonst nur am Wochenende) und natürlich das übliche Geschirr zum Abendessen.

Gefühlt läuft auch täglich die Waschmaschine, obwohl wir weniger Kleidung brauchen, weil die Freizeitkladage reicht. Aber da ich ohnehin zu Hause bin, lasse ich den Wäscheberg nicht so stark anwachsen wie sonst, denn ich kann zwischendrin ja immer mal eine Maschine waschen. Und ich nutze die Zeit, um Wolldecken oder Vorhänge zu waschen, was ich sonst nur im Urlaub mache.

Der Stepper wurde diese Woche fast täglich genutzt, denn meine Beine bekamen bis auf den Ausflug "nach Hagenbeck" wieder viel zu wenig zu tun. Das Freiluft-Kursabgebot unseres Turnvereins wird mehr, aber bislang passte es noch nicht mit meinen Arbeitszeiten - und dann sind da ja auch noch die gesundheitlichen Einschränkungen durch die seit Januar andauernden Wechseljahrsbeschwerden, die viel Bewegung verhindern.

Das Kursprogramm für die kommende Woche liegt dennoch schon mal ausgedruckt hier, und wenn ich merke, ich kann nicht mehr, kann ich ja gehen. Nur ist da dann das schlechte Gewissen, dass ich einen der raren Plätze beanspruche, ihn dann womöglich nicht komplett ausnutze und ihn jemandem wegnehme, der nicht eingeschränkt ist ... Irgendwas ist ja immer.

Ansonsten schlafen wir noch immer viel und sind grundsätzlich erschöpft, aber in dieser Woche klappte es zumindest einigermaßen mit einem gemeinsamen Tagesablauf. Und ich bekam einen langen handgeschriebenen Brief von einer lieben Freundin, um die ich mir schon Sorgen machte, weil ich weder auf die Oster- noch auf die Geburtstagskarte etwas hörte, was untypisch ist. Aber es ist den Umständen entsprechend alles in Ordnung, und ich werde im Laufe des Wochenendes mit einem langen Brief antworten.

Mit den Strick-Ufos geht's voran. Aktuell stricke ich eine Jacke und merkte beim rechten Vorderteil immerhin schon nach neun Reihen, dass ich gerade ein zweites linkes stricke ... Die Strickliste wächst dennoch unaufhörlich: Ich habe zu viel Zeit zum Stöbern, sehe zu viele neue Projekte, und der Gatte braucht weitere Hütten- und Handschuhe - krankheitsbedingt sind Füße, Beine und Hände auch bei tropischen Temperaturen oft kalt.

Was mir erst diese Woche richtig auffiel, ist der fehlende Flugverkehr. Im Hamburger Westen gehören wir zu Einflugschneise, und insbesondere bei Schwiegermutter merkt man das sehr. Aber seit Wochen ist paradiesische Ruhe. Das ging so weit, dass Tante gestern erstaunt "Was ist das denn für ein Geräusch?!" fragte, als über uns ein Flieger war.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea - vielen Dank für's Sammeln! Über's Einkaufen und Kochen in der vergangenen Woche berichte ich in der Kombüse. Bleibt zu Hause, bleibt gesund, passt auf euch und eure Lieben auf.

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