Diese Woche brachte einen Ausflug in die Zeit vor Corona: Ich war zwei Tage in Schleswig-Holstein, und da trug zumindest im Dorfgasthof niemand Maske, interessierte sich niemand für die Kontaktnachverfolgung. Auch die Schulkinder und ihre Eltern, die morgens im Rudel auf den Bus warteten, waren maskenlos. Erst sehr befremdlich, dann aber sehr logisch: Ich sah mehrfach sogenannte Friedensfahrzeuge Patrouille fahren. Die Nichtdenker- und Coronaleugnerdichte scheint hoch im Alstervorland.
Die Nazis versuchen gerne, sich in der Provinz breit zu machen. Sülfeld wehrt sich dagegen (siehe auch hier). |
Kontrastprogramm war die Lungenklinik, in der der Gatte war: Dort achtete man penibelst auf die Maskenpflicht. Die wissen schließlich, was Corona kann. Ohne Impfung hätte ich den Gatten auch nicht in die Klinik begleiten dürfen - das war das erste Mal, dass wir unsere Impfpässe brauchten, nicht nur die Kopie der Impfbescheinigung.
Durch den Klinikaufenthalt des Gatten war es eine extrem ruhige Woche, denn ich beschloss, ihn zu begleiten, damit ihm tagsüber nicht die Decke auf den Kopf fällt, wenn keine Untersuchungen sind. Das Klinikgelände ist riesig, lädt zu stundenlangen Spaziergängen ein, und Bänkchen zum Ausruhen gibt es außerdem. Alternativ hätte ich alleine die schöne Gegend für Spaziergänge genutzt und wäre ein wenig zur Ruhe gekommen. Mein Aufenthalt wurde allerdings kürzer als gedacht, denn der Gatte wurde nach einer Nacht ohne Befund entlassen. Das ist prinzipiell gut, sofern sein Lungenarzt hier das genau so sieht.
Hier gilt seit mittlerweile 74 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. Der Gatte ist seit Dezember schwerkrank, immer wieder im Krankenhaus, wartet auf die Entscheidung seines Rentenantrags, denn es ist klar, dass er nicht mehr arbeitsfähig wird. Er darf sitzen, atmen, spazierengehen und schwimmen - wenn dieser Ist-Zustand so bleibt, ist schon viel erreicht. Der Gatte ist ungeduldig und würde gerne wieder in den Kraftraum, aber so weit ist er noch lange nicht. Diesen Monat gab's wieder eine Laboruntersuchung. Nächste Woche wissen wir, ob er ggf. wieder ins Krankenhaus muss oder stabil ist.
Bei meinem Arbeitgeber gingen wir im letzten Jahr sofort zum 16. März geschlossen ins Home Office und sind dort mit Unterbrechungen noch immer. Inzwischen gilt zwar wieder Präsenzpflicht, aber mein Arbeitgeber ist vorsichtig, setzt auf mobiles Arbeiten. Ich bin vorerst einen Tag im Laden, einen Tag im Büro und die übrige Zeit am heimischen Schreibtisch, sofern keine Termine Präsenz erfordern. Außerdem wird auf meine private Situation Rücksicht genommen: Wenn es Termine bei mir oder dem Gatten erfordern, kann ich zu Hause arbeiten, spare die zwei bis vier Stunden Fahrzeit ins Büro.
Mein Chef ist seit März 2020 Teil des Corona-Krisenstabs, was zwei Vollzeitstellen bedeutet. Das ist auch immer wieder im Team spürbar, denn Projektentscheidungen werden verschoben und verschoben und verschoben. Das sorgt für Frust und schlechte Stimmung, weswegen ich froh bin, dass meine beiden Projekte laufen, ich viel zu Hause arbeiten kann, kaum etwas von den anderen Projekten mitbekomme. Mein drittes Projekt ruht seit der Schließung der Theater und Kulturbetriebe, müsste neu konzipiert werden, und vermutlich gebe ich es ganz an eine Kollegin ab, aber da der Chef kaum ansprechbar ist, kann keine Entscheidung gefällt werden. Corona ist Moppelkotze, auf so vielen Ebenen.
Der Kurzurlaub diese Woche war der erste seit einem Jahr! Ich wollte es kaum glauben, als ein Kollege mich darauf aufmerksam machte. Eigentlich wären wir im September wieder nach Dänemark gefahren, aber der Gesundheitszustand des Gatten lässt es nicht zu. Vielleicht fahre ich alleine, wenn Schwiegermutter die Gattenbetreuung übernimmt. Mal schauen. Ich brauche dringend Ruhe, Luft- und Tapetenwechsel.
In der kommenden Woche stehen bei mir wieder reichlich Arzttermine an, denn seitdem klar ist, dass mein Übergewicht nicht von zu vielem Essen, falscher Ernährung kommt, sondern eine Hormon- und Stoffwechselstörung dahinter steckt. gibt es einen ominösen Tumorverdacht aufgrund eines auffälligen Blutwertes. Das wird mich noch einige Zeit beschäftigen, und dadurch lerne ich viele Fachärzte kennen. Es gibt schönere Hobbies.
Durch den Kurzurlaub diese Woche gingen sowohl das Verkehrschaos des Bahnstreiks als auch das am Stadtderbytag an mir vorbei. Letzteres war hier zwar spürbar, weil es sich bis zu uns staute, aber da wir nicht in die Stadt oder Richtung Autobahn mussten, konnten wir den Stau umfahren. Die angekündigte Fortsetzung des Bahnstreiks macht mir ein wenig Sorge, denn Tante will Ende des Monats zum runden Geburtstag des Gatten zu Besuch kommen und ist auf den Zug angewiesen. Ich bin schon darauf eingestellt, nach München zu fahren und sie abzuholen oder einen Flug zu buchen. Coronabedingt haben wir Tante zuletzt im Mai 2020 gesehen und vermissen sie sehr. Außerdem ist sie fast 90, da weiß man nie, wie oft man sich noch sieht.
Diese Woche klappte es zwei Mal mit dem Frühschwimmen, und gestern kam sogar der Gatte mit! Ich musste ihn noch nicht mal wecken, im Gegenteil: Er weckte mich. Ich habe mich sehr gefreut, dass er mitkam. Ich kann dann zwar maximal eine halbe Stunde schwimmen, weil seine Kondition nicht länger reicht, aber immerhin reicht sie schon wieder für eine halbe Stunde. Angesichts der steigenden Inzidenzen (in Hamburg werden wir nächste Woche die 100er-Grenze überschreiten) nutze ich jede Gelegenheit zum Schwimmen und zum Krafttraining, denn wer weiß, wie lange das noch möglich ist. Vor der Wahl wird's zwar kaum zu Schließungen kommen, aber wer weiß das schon so genau.
Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.
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