Montag, 10. März 2025

#WMDEDGT 03/25: Fast so was wie Alltag II

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln!

Seitdem der Gatte die ersten Stents hat und sein Diabetes einigermaßen eingestellt ist, sind unsere Nächte wesentlich ruhiger! Vor den Stents bekam er Krämpfe, sobald er lag, und vor der Insulin-Umstellung unterzuckerte er nachts mehr oder weniger ständig. So kam ich oft erst gegen fünf Uhr früh zur Ruhe - um sechs Uhr klingelt mein Wecker. Das war extrem kräftezehrend für uns beide. Um so glücklicher bin ich, dass ich heute bis fünf Uhr früh durchschlafen konnte! Und der Gatte ist auch glücklich und erleichtert, klar. 

Noch eine Stunde liegen bleiben, bis der Wecker klingelt, dabei glücklich registrieren, dass ich morgens kaum noch mit Verspannungen aufwache, seitdem ich das Wärmeunterbett* habe. Was bleibt, sind die nächtlichen Schmerzphasen, die mich immer mal wieder aufwecken, aber ich verpeile auch immer, vor dem Einschlafen Schmerztabletten zu nehmen. 

Aufstehen, duschen, dabei daran denken, dass ich bei Manar wieder Duschseife bestellen muss, Kaffee kochen, anziehen, den Gatten wecken, frühstücken. Diese Woche fahren die Züge nach Hamburg nach Regel-Fahrplan alle 20 Minuten, was den Morgen viel entspannter macht, denn ich habe 20 Minuten mehr Zeit, wenn nichts ausfällt.

Mich freuen, dass es inzwischen hell ist, wenn ich die anderthalb Kilometer zum Bahnhof trabe, und dass gerade Frühling ist, die Vögel zwitschern.

Der Zug hat Verspätung, ist aber einigermaßen leer. Ich habe Puffer bis zum ersten Termin, so dass es nicht schlimm ist, dass ich 20 Minuten später komme. Bevor ich ins Büro gehe, hole ich beim Bäcker noch einen Salat und ein Brötchen. Mittwochs ist Präsenztag, sollten alle im Büro sein, heißt: Es gibt ein Wichtig-Meeting nach dem anderen. Ich komme erst um 15 Uhr zum Mittagessen, eine Dreiviertelstunde vor Feierabend. 

Diesmal ist der Zug einigermaßen pünktlich, bekomme ich einen Sitzplatz. Wieder anderthalb Kilometer nach Hause laufen. Ich könnte auch mit dem Bus fahren, aber das ist weder schneller noch bequemer. Ich müsste eine Viertelstunde zu Fuß gehen, um eine Station mit dem Bus zu fahren, oder einmal umsteigen, beide Busse müssten pünktlich sein, und ich müsste mich beim Umsteigen am Bahnhof sputen, um den Zug zu erreichen (bzw. umgekehrt). Einen Bus eher zu nehmen, ist keine Option, denn die Busse fahren nur alle 30 Minuten. Der Fußweg vom Haus zum Bahnhof dauert zwei Minuten länger als die Fahrt mit zwei Bussen inkl. Fußwegen, wenn ich keine Bankpause mache, um Eichhörnchen und Vögel zu beobachten.

Im Vorgarten begrüßt mich ein einsamer gelber Krokus. Mal gucken, ob auch noch andere Zwiebeln kommen. Verlass ist auf die Schneeglöckchen, die schon meine Eltern setzten, und die dieses Jahr besonders üppig blühen.

Der Gatte ist etwas durch den Wind, und ich bin froh, dass ich jetzt schon zu Hause bin und nicht wie sonst drei Stunden später wegen der Therapiegruppe. Die ist jetzt ja beendet. Jedenfalls fand der Gatte nichts zum Mittagessen, weil er vergaß, dass eine große TK-Box mit Bohnensuppe in der Küche steht, und aß deswegen nichts. Außerdem wollte er die Spülmaschine ausräumen, weil das Schild* auf Grün stand (ich hatte vergessen, es auf Rot zu schieben), aber dann war das Geschirr nicht sauber, und das warf ihn dann komplett aus der Bahn. Dann wusste er nicht, ob er was zum Abendessen vorbereiten muss, weil er vergaß, dass der Essensplan an der Tafel im Flur steht. Normalerweise schreibe ich dem Gatten einen Zettel für den Tag, aber das war länger nicht notwendig, weil er seinen Tag selbst strukturieren konnte. Als ich am Vorabend wie vor jedem Hamburg-Tag fragte, ob er einen Zettel braucht, verneinte er.

Ich kann nicht verhindern, dass seine Stimmung komplett ins Negative kippt, so dass der Nachmittag und Abend sehr angespannt werden. Diese Stimmungsschwankungen sind Folge seiner Erkrankungen und ausgesprochen anstrengend, für alle unangenehm. 

Positiv ist: Der Gatte dachte daran, seine Tabletten zu nehmen! Das ist nicht immer der Fall, wenn niemand da ist, um ihn daran zu erinnern (und die Einnahme zu kontrollieren).

Immerhin schaffe ich es, den Gatten zum Pflasterwechsel zu animieren und mit mehr oder weniger Hilfe von ihm Wochenplan und Einkaufszettel zu schreiben. Am kommenden Tag muss ich den Gatten sehr früh zu einem Arzttermin fahren und möchte auf dem Rückweg beim Autobahn- und AfD-nahen Edeka einkaufen. Den Laden vermeide ich seit dem AfD-Outing, aber am kommenden Tag spart er mir zehn Kilometer Umweg angesichts von vier Stunden Fahrtzeit / Arzttermin gefolgt von sechs Stunden Arbeit. Alternativ könnten wir am Freitag einkaufen, aber da haben wir auch Termine, und um sonnabends einzukaufen, bin ich zu fertig. Den Tag brauche ich zum Schlafen.

Hausarbeit, Abendessen, dann das versehentlich ausgeräumte und schmutzige Geschirr wieder zusammen suchen, die Spülmaschine einräumen, anstellen und diesmal nicht vergessen, das Schild* umzustellen, Tagesschau gucken, etwas stricken, dann früh ins Bett. Bevor ich ins Bett gehe, gucke ich vom Balkon aus glücklich in Mond und Sternenhimmel. Das sind die kleinen, gar nicht so seltenen Momente, in denen ich weiß, warum wir umgezogen sind. Mit verspannten Schultern auf's Wärmeunterbett* kuscheln und länger lesen*

Der Blick zurück in die ersten fünf Corona-Jahre: Am 5. März 2020 stand mir eine OP bevor. Fünf Jahre später verweigere ich mich noch immer der Hysterektomie, zu der mich viele Ärzte drängen, weil das ihre einzige Therapie gegen Wechseljahrsbeschwerden ist. Am 5. März 2021 war ich noch bei der Horror-Hormon-Tante in Behandlung - zwei Jahre später gelang endlich der Wechsel zu einer vernünftigen Ärztin. Der Gatte und ich hatten Impftermine und bekamen Atteste, die uns als Angehörige der Risikogruppe 2 zur Impfung berechtigten. Wir hatten noch die Hoffnung, Corona würde sich mit der Impfung quasi erledigen. Am 5. März 2022 beschäftigte uns der Ukrainekrieg. Am 5. März 2023 hatten wir plötzlich ein Haus, bereiteten alles für die Bodenverleger vor, während meine Mutter immer mehr Abschied vom Leben nahm. Am 5. März 2024 waren wir endlich umgezogen und hatten erstmals so was wie Alltag. / *Affiliate links 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.