Sonntag, 9. Februar 2025

Samstagsplausch KW 6/25: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXLXVI

Abendhimmel.
Dienstag sollte der Gatte aus dem Krankenhaus entlassen werden, aber dann stimmten zwei Blutwerte nicht. Nach harten Diskussionen konnte ich den Gatten überzeugen, auf die Ärztin zu hören und  wenigstens noch eine Nacht zu bleiben. Er wollte sich wieder mal entgegen ärztlichen Rat auf eigene Verantwortung entlassen. 

Ich war kurz vor dem Arztgespräch zur geplatzten Entlassung mit ihm in der Cafeteria, wo er anfing zu zittern, und mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich ihn so nicht mit nach Hause nehmen möchte. Deswegen bestand ich vehement darauf, dass der Gatte noch im Krankenhaus bleibt. Eine halbe Stunde bekam er richtig heftig Schüttelfrost und Fieber. Der Gatte befand, ich solle nach Hause fahren, er werde ja mit Antibiotika, Flüssigkeit und Decken versorgt, ich könne gerade eh nichts machen. Keine Viertelstunde später war das Fieber auf über 40°C Grad gestiegen, war er im Fieber-Delir und wurde vom Chefarzt höchstselbst auf die Intensivstation geschoben. Das bekam der Gatte schon nicht mehr mit. Der Blutdruck rauschte ab, die Nieren versagten, Eile war geboten.

Als mich der Chefarzt informierte, hatte sich der Blutdruck beruhigenderweise schon wieder stabilisieren lassen, aber Aufatmen war trotzdem noch nicht angesagt. Sicher war, dass der Gatte eine Infektion hat, aber wo, war die Frage. Mich erinnerte die Situation zu sehr an Ende 2020. Als ich das dem Arzt sagte, informierte er sofort die Intensivstation, damit die die Vorgeschichte der Schwerbehinderung auf dem Schirm haben und entsprechende Maßnahmen einleiten. Das klappte auch. Ich bin immer wieder erstaunt, dass die Kommunikation in diesem Krankenhaus funktioniert. Inzwischen hat das Krankenhaus auch alle Befunde von 2020 bis 2023, als der Gatte noch in Hamburger Krankenhäusern behandelt wurde.

Ich fing langsam an, aufzuatmen, als der Gatte sich Donnerstag von der Normalstation meldete. Dort liegt er nun solange, bis sich zwei Blutwerte stabilisierten. Der Infektionsherd war gefunden. Zusätzlich zu Infusionen, die der Gatte mehrmals täglich bekommt, wird mit den Tabletten gespielt, um zu gucken, dass der Gatte gut eingestellt ist, in der Hoffnung, dass das Einfluss auf die beiden Blutwerte hat. Der Gatte würde lieber heute als morgen nach Hause, hält sich aber noch tapfer.

Am Wochenende besuche ich den Gatten ja vormittags und nachmittags, und gestern Nachmittag kam er mir erstmals ohne Rollator entgegen! Heute Morgen wollte der Gatte schon ohne Stock los ... Die Wirkung der Stents ist verblüffend! Wenn das zweite Bein behandelt ist, hüpft der Kerl vermutlich durch die Gegend wie ein Flummi. Dennoch gilt: Solange zwei Blutwerte nicht im Normbereich sind, muss der Kerl im Krankenhaus bleiben. Das fällt ihm schwer, denn zum Lesen oder Kreuzworträtsel ist das Licht nicht gut, und er hat jetzt wieder ein Zimmer mit defektem Fernseher. Dafür ist er so viel wie möglich unterwegs. Aktuell liegt er sehr beengt in einem Dreibrettzimmer und zudem noch auf einer Station, auf der es keine Lounge gibt, in der er sitzen könnte. Aber es hilft nichts. Ich hoffe, er kommt nicht wieder auf die Idee, sich entgegen ärztlichen Rat zu entlassen. Das hatten wir zu oft. Dafür habe ich keine Kraft mehr. 

Die Woche war im Wesentlichen von der Sorge um den Gatten bestimmt. Das Vorgespräch für die Anschlusstherapie an die Reha-Nachsorge musste ich absagen, weil ich in Rufnähe des Krankenhauses bleiben, nicht 80 km entfernt sein wollte. Das interessiert den Psychotherapeuten natürlich nicht, so dass ich meinen Platz jetzt los bin. Okay, muss ich halt sehen, wie ich so zurecht komme. Der Platz war ein Sechser im Lotto, und ich habe aktuell keine Kraft, Shrinks hinterher zu telefonieren. Ich telefoniere ungern. Therapeuten sind ja nur telefonisch erreichbar, und das auch nur zwischen 7:00 Uhr und 7:01 Uhr, wenn Weihnachten und Ostern zusammen mit Vollmond auf einen 29. Februar fallen. Dafür habe ich einfach keine Nerven.

Unseren Hochzeitstagurlaub in Dänemark sagten wir ab. Der Gatte schlug es selbst vor, und ich war froh über so viel Vernunft. Krankenhäuser sind in der Gegend Dänemarks, in die wir fahren wollten, rar gesät, im Zweifel dauert es ewig, bis ein RTW da ist. Ich hoffe, wir bekommen vom behandelnden Arzt noch ein Attest, damit die Versicherung greift. Falls nicht, ist es halt so.

Bis vorgestern telefonierte ich täglich mit Schwiegermutter, was sehr anstrengend war. Sie wollte unbedingt ein paar Tage zu Besuch kommen, um dem Gatten Mut zuzusprechen - verständlich, aber nichts, was der Gatte möchte (und ich hätte quasi zwei Pflegefälle). Als ich ihm Mittwoch davon berichtete, wurde er gerade auf der Intensivstation überwacht, stieg sein Blutdruck in ungeahnte Höhen. Es war schwierig, den Pflegekräften klarzumachen, dass der eskalierende Blutdruck keine medizinische Ursache hatte. Zum Glück gelang es mir, Schwiegermutter den Besuch vorerst auszureden. Hätte der Gatte seine Mutter unbedingt sehen wollen, hätte ich das natürlich irgendwie geschafft. Vorgestern war dann wieder alles beim alten: Schwiegermutter redete in dem abendlichen Telefonat nur von sich. 

Hier gilt seit mittlerweile 256 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.

Gestern sah ich kurz die Freilassung der Hamas-Geiseln Eli Sharabi, Or Levy und Ohad Ben Ami. Die Bilder machten fassungslos! Die Männer sind nur noch ein Schatten ihrer selbst, und das, obwohl sie sicherlich Tage vor der Freilassung aufgepäppelt wurden. Erinnerungen an die Bilder von KZ-Überlebenden kamen auf. Es lässt nichts Gutes ahnen oder hoffen für die 73 Menschen, die noch in der Hand der Hamas sind, vor allem für Kfir und Ariel Bibas, einem Baby und einem Kleinkind. Bring them home now gilt unvermindert weiter. Immerhin sieht man, wohin die Hilfsgelder der letzten Monate flossen: In Fuhrpark, Waffen und Uniformen der Hamas. Dass die Lebensmittel, die kostenlos verteilt werden sollten, teuer auf den Märkten und in Supermärkten verkauft werden, interessiert außerhalb der jüdischen Community kaum jemanden. Immerhin haben die nicht-jüdischen deutschen Medien inzwischen mitbekommen, dass unter den Geiseln auch Deutsche sind.    

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse

Freitag, 7. Februar 2025

#WMDEDGT 2/25: Grau in Grau

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln! 

Die Nacht ist voller Beten und Bangen, denn der Zustand des Gatten, der seit einer Woche im Krankenhaus ist, verschlechterte sich gestern sehr schnell, so dass er auf die Intensivstation kam. Ich schlafe also mit Taschentelefon am Bett und liege ab drei Uhr wach. Davor träumte ich wirr. Zwar weiß ich seit fünf Jahren, dass keine Nachrichten gute Nachrichten sind, dass das Krankenhaus zuverlässig anruft, wenn sich der Zustand des Gatten verschlechtert, aber dennoch kann ich nicht einfach schlafen, als wäre nichts. Gestern Mittag sah es noch so aus, als könnte ich den Gatten mit nach Hause nehmen, und dann das. 

Um sechs Uhr stehe ich dann auf. Die Kaffeemaschine anwerfen, zum ersten Mal seit einer Woche. Bislang trank ich Nescafé, aber heute brauche ich mehr als einen Becher, da lohnt die Maschine. Duschen, dann ist der Kaffee durchgelaufen. Anziehen und mit Kaffee ab an den Schreibtisch.   

Anruf im Krankenhaus, aber auf der Intensivstation ist erst ab 10 Uhr jemand erreichbar. Also Geduld. Immerhin erfahre ich, dass ich den Gatten zwischen 15 Uhr und 18 Uhr besuchen darf.

Arbeiten inkl. Teamsitzung, bei der ich mit dem Protokoll dran bin. Die Kolleginnen bieten mir einen Tausch an, falls das zu viel für mich ist, aber das geht schon - ich habe jahrelang mit Protokollschreiben mein Geld verdient. Allerdings zickt die Technik, verstehe ich die Kollegen teilweise schlecht. Aber das lässt sich nacharbeiten. 

Mein Highlight ist der Kollege, der eine Situation zusammenfasste mit den Worten: "Ich versuche, eine Kommunikation aufzubauen, in der wir beide über dieselbe Sache reden."

Nach der Sitzung rufe ich auf der Intensivstation an, und obwohl die Sprechzeit schon abgelaufen ist, spricht eine Ärztin mit mir. Kurzfassung: Nichts Genaues weiß man nicht. Der Gatte muss noch mindestens eine Nacht auf der Intensivstation bleiben. Weitere Untersuchungen sind angesetzt, um sicherzugehen, dass mit seinem Herzen den Umständen entsprechend alles okay ist. Die Ärztin freut sich, dass ich die Befunde zur Herzerkrankung am Vortag an den Arzt, der den Gatten eigentlich behandelt, mailte und will gleich dafür sorgen, dass sie die bekommt. Ich bin immer wieder erfreut, dass die einzelnen Fachabteilungen miteinander kommunizieren. Das kenne ich leider anders. 

Schwiegermutter unterrichten. Sie möchte partout für ein, zwei Tage kommen, "um ihrem Sohn Mut zu zu sprechen", ihn zu sehen und mich zu entlasten. Grandios, dann habe ich zwei Pflegefälle. Ich kenne den Gatten gut genug, um zu wissen, dass er den Besuch nicht möchte, verstehe aber natürlich auch seine Mutter.

Weiterarbeiten bis zum Feierabend.

Normalerweise würde ich die Sachen für den Gatten zusammensuchen, die er am Vortag bestellte, will aber erstmal abwarten, wie die Situation auf der Intensivstation ist. Also packe ich nur den Ordner mit den Arztberichten ein, sicher ist sicher, und eine Dose Brause, nach der der Gatte fragte. 

Auf dem Weg ins Krankenhaus fahre ich bei der Buchhandlung vorbei, um ein bestelltes Buch abzuholen. Ich bin zu früh dran und kann noch eine Viertelstunde auf dem Krankenhaus-Parkplatz durchatmen. 

Der Weg zur Intensivstation ist schwer, denn hier musste ich vor anderthalb Jahren Abschied von meiner Mutter nehmen. Zum Glück liegt der Gatte nicht im gleichen Zimmer wie sie damals. Als ich komme, sitzt der Gatte auf dem Bett und ist genervt, dass er nicht aufstehen darf, weil er voll verkabelt ist. Kleinlaut murmelt er, es wäre wohl doch ganz gut gewesen, dass er sich am Vortag nicht auf eigenes Risiko entließ. Er berichtet, wie er auf die Intensivstation kam, soweit er das mitbekam, da im Fieber-Delir, und dass er völlig fertig war, weil ich nicht da war, nicht anrief. Er fühlte sich völlig verlassen, zumal auch die Schlafhasen nicht mitkamen. Erst seit dem Vormittag hat er seinen Nachttisch und die Hasen. Dass ich nicht anrufen konnte, ihn erst nachmittags besuchen durfte, kam nicht bei ihm an. Seit ich da bin, beruhigt sich sein Blutdruck zusehends - bis ich berichte, dass seine Mutter ihn besuchen will. Das treibt den Blutdruck in ungeahnte Höhen.

Ich habe Glück und komme rechtzeitig zur Nachmittagsvisite. Die Ärzte freuen sich über den Ordner mit den Befunden und beauftragen eine Schwester, alles relevante zu kopieren. Ansonsten gibt es noch keine klare Diagnose oder Prognose, aber es zeichnet sich eine neue Baustelle ab. Der Gatte mag nicht mehr, verständlicherweise, nur: Nützt ja nichts.

Ich flitze auf die Normalstation, wo die Sachen des Gatten verpackt auf mich warten, denn man kann sein Bett nicht freihalten, bis er von der Intensivstation kommt. Ich flitze zum Auto, um die Sachen zu verladen, und dann zurück zum Gatten, um noch ein Stündchen mit ihm zu verbringen. 

Nach Hause fahren, Sachen ausladen und sichten. Ein Teil geht gleich in die Wäsche, ein Teil muss zurück ins Krankenhaus, denn dem Gatten wurden Sachen seines Bettnachbarn eingepackt. Die Waschmaschine anwerfen, dann für zwei Stunden zurück an den Dienstrechner. Es ist gerade sehr viel zu tun, und ich möchte meiner Kollegin, die am kommenden Tag dran ist, nicht alles überlassen. Sie hat schon genug zu tun. 

Schwiegermutter auf den neusten Stand bringen, dann ein Stück Blumenkohl-Auflauf in die Mikrowelle geben und die restlichen vier Stücke einfrieren. Den Kamin anheizen und mit dem Abendessen auf's Sofa fallen. Ich merke, wie erschöpft ich bin. 

Fernsehen und stricken. Gestern war ich dazu nicht mehr in der Lage, heute geht es einigermaßen. Während des heute journals in den Keller zur Waschmaschine. Ich merke, dass ich zu erschöpft, die Wäsche aufzuhängen, und nehme nur die Teile raus, die der Gatte am kommenden Tag mit ins Krankenhaus gebracht haben möchte, falls er dann schon wieder auf die Normalstation darf. Die Teile trocknen vor dem Kamin, während ich mich bettfertig mache. 

Einmal mehr freue ich mich über das Wärmeunterbett*. Meine Verspannungen sind seitdem sehr viel weniger geworden. Der Gatte hat inzwischen auch eines, konnte es wegen des Krankenhausaufenthaltes aber noch nicht ausprobieren, freut sich hoffentlich bald darüber. Das Taschentelefon in Griffweite legen, hoffen, dass die Nacht ruhig wird und vor dem Einschlafen noch etwas lesen*.

Der Blick zurück in die ersten fünf Corona-Jahre: Am 5. Februar 2020 erfasste uns langsam die Coronahysterie in Form von vergriffenen Desinfektionsmittel, ging ich noch davon aus, dass mein Mammutprojekt noch ein paar Monate analog bleibt. Am 5. Februar 2021 gab's schon einen Impfstoff gegen Corona, hatten wir noch die Hoffnung, dass der Gatte gesund wird. Am 5. Februar 2022 wussten wir schon, dass der Gatte nicht mehr gesund wird, waren noch immer mit der Schlafzimmerrenovierung beschäftigt. Am 5. Februar 2023 lebte meine Mutter schon ein halbes Jahr im Pflegeheim, versank immer mehr in Aggression und Wut und nahm langsam vom Leben Abschied. Am 5. Februar 2024 war ich zur Reha. Die könnte ich jetzt auch wieder machen ... / *Affiliate links / Das Rezept zum Tag gibt's demnächst in der Kombüse.

Montag, 3. Februar 2025

#pmdd2025: Der 28. Januar 2025

An jedem 28. eines Monats ist Picture my Day-Day, kurz pmdd. Ich finde, das ist ein schönes Tagebilderbuch. Mitmachen ist einfach: Fotos vom Tag machen, bloggen oder mit #pmdd2025 auf Twitter oder Instagram einstellen. Gesammelt wird alles auf dieser Seite.

Ich darf schlafen, bis es hell ist, aber dann besteht Schnuffi auf's Aufstehen.

Ich mag den Blick aus dem Schlafzimmerfenster.

Ich habe endlich mal wieder mehr als drei Stunden geschlafen - was für eine Wohltat!

Kaffee und die morgendliche Tablettenration für den Gatten.

Schnell noch Post für einen lieben Menschen auf den Weg bringen.

In den letzten Tagen stolperte ich mal wieder darüber, dass man die Endstücke von Staudensellerie in Wasser setzten und so neuen Sellerie bekommen kann. Das scheint tatsächlich zu klappen. 

Ich habe heute frei, weil ich einen späten Arzttermin in Hamburg mit einem Besuch bei Schwiegermutter verbinden will. Der Gatte begleitet mich - eine schöne Abwechslung, denn sonst bin ich diejenige, die ihn zu Arztterminen begleitet. So kann er vor der anstehenden OP am kommenden Tag nochmal seine Mutter sehen.

Ein Schutzengelchen macht sich auf den Weg.

Auf den Arzt warten und lesen*. #wazifubo

Eine Kirche in einem anderen Dorf.

Gegen 12 Uhr komme ich endlich dazu, etwas zu essen. 

Das späte Frühstück ist gefolgt von Mittagessen in Form von Hühnersuppe bei Schwiegermutter. Die Kuchenschlacht wartet im Hintergrund. Hätte ich das geahnt, hätte ich auf's späte Frühstück verzichtet.

So ein Hamburg-Tag ist anstrengend für Landeier wie uns, und so sind wir froh, als wir nachmittags wieder zu Hause sind. Der Gatte packte zum Glück schon gestern für's Krankenhaus und kann sich ausruhen, während bei mir Hausarbeit ansteht. Der Abend wird ruhig. Wir sind angespannt, weil wir nicht wissen, was die kommenden Tage bringen werden. 

Der Gatte wünschte sich mal wieder eine Snack-Box über Too good to go, und diesmal passte es, dass wir den Umweg machen konnten.

Die Spülmaschine möchte ausgeräumt werden.

Fast-Abendhimmel.

Der Blick zurück in die ersten vier Corona-Jahre: Einen Tag vorm 28. Januar 2020 war der erste deutsche Corona-Fall bekannt geworden, dachte ich noch, mein Mammutprojekt könne wie geplant analog umgesetzt werden, war der Gatte noch gesund. Die beiden Pullis, an denen ich damals strickte, sind mir beide viel zu weit und müssen neu gestrickt werden - ich habe durch Hormonersatztherapie zwischenzeitlich 40 Kilo abgenommen. Am 28. Januar 2021 versuchte ich, einen Impftermin für Schwiegermutter zu bekommen, hofften wir noch, dass der Gatte wieder gesund wird. Am 28. Januar 2022 waren wir mit der Schlafzimmerrenovierung beschäftigt, nicht ahnend, dass wir sechs Monate später ein ganzes Haus renovieren würden. Am 28. Januar 2023 hatte der Gatte gerade einen Schlaganfall überstanden, waren wir noch immer damit beschäftigt, das Haus zu renovieren. Am 28. Januar 2024 waren wir endlich umgezogen, wenn auch auf eine Baustelle, war ich in der dringend benötigten Reha, von der ich noch immer zehre.

Heute war es nach längerer Zeit mal wieder so sonnig, dass die Lichterkette auf dem Balkon leuchtet.

Ich kann mir nicht mehr vorstellen, dass wir mal keinen Kamin hatten.

Abendessen ...

Ich mag gerade nicht mehr häkeln. Trifft sich, dass der Gatte neue Handschuhe braucht.

Der Plan für die kommende Woche, der mehrfach umgeworfen werden wird, weil der Gatte länger als geplant im Krankenhaus bleibt.

Der Plan für diese Woche.

Das Rudel liest* vor dem Einschlafen.

Das Rezept zum Tag gibt's demnächst in der Kombüse. / *Affiliate links.

Sonntag, 2. Februar 2025

Samstagsplausch KW 5/25: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXLXV

Was für eine Woche! 

Mittwoch kam der Gatte wieder ins Krankenhaus. Donnerstag gab's die erste OP, die erfolgreich verlief. Danach prallte er dann hart mit der Wirklichkeit zusammen: Ihm wurde klar, dass als nächstes amputiert wird. Das ist schon seit Wochen im Gespräch, aber bei jedem Arztgespräch machte der Gatte einen abwesenden Eindruck, blendete diese Tatsache komplett aus. Noch vor zwei Wochen meinte der Chirurg, er habe den Eindruck, der Gatte nähme das nicht wahr, und vorgestern bat er mich, bei dem Gespräch mit dem Gatten dabei zu sein. Für den Gatten brach eine Welt zusammen. 

Die OP war gestern, und als ich nachmittags zum Gatten kam, ging's ihm psychisch schon wesentlich besser, war er dabei, das Geschehen zu verarbeiten. Er hat jetzt drei Stents mehr und einen Zeh weniger. Die Stents zeigten übrigens sofort Wirkung: Das linke Bein ist plötzlich warm, wird durchblutet. Das rechte Bein ist weiterhin eiskalt. Das kommt bei den Stents aber auch noch zeitnah an die Reihe. 

Der Gatte muss noch bis kommende Woche im Krankenhaus bleiben, muss strikte Bettruhe halten, damit die Wunde heilen kann. Sich nicht bewegen zu dürfen, ist die Hölle für ihn, und sein Bettnachbar ist zudem recht unausstehlich. 

Zu Hause müssen wir dann gucken, wie es mit dem Laufen wird, und dann haben wir ja ein Haus voller Treppen. Laut Arzt braucht der Gatte weder Physio (Gehtraining) noch Reha. Wir sind gespannt. Wir hätten gerne einen Pflegedienst für den Verbandswechsel, denn wir können nicht beurteilen, ob die Wunde gut heilt, aber es gibt keinen Pflegedienst. Der Aufwand für Verbandswechsel ist im Vergleich zu den erstatteten Kosten zu hoch, selbst, wenn wir das privat zahlten. Ich muss schauen, dass ich eine Lösung finde, denn wir hätten schon gerne jemand, der weiß, was er tut, im Gegensatz zu mir.    

Gestern telefonierte der Gatte mit seiner Mutter, die überglücklich war, seine Stimme zu hören, denn seit Mittwoch musste sie mit mir Vorlieb nehmen. Wir waren Dienstag noch bei ihr, und sie merkte, wie angespannt der Gatte wegen der OP war (da dachte er ja auch noch, es wird nur eine). Er war so angespannt, dass er den Rosenkranz annahm, den seine Mutter ihm gab, und den sogar mit ins Krankenhaus nahm. Die Erleichterung, dass der Gatte alles gut überstand, ist auch bei ihr groß!

Aktuell bin ich zwei Mal am Tag für je zwei, drei Stunden im Krankenhaus beim Gatten. Zwischendrin arbeite ich, versuche mich am Haushalt und suche fehlende Steuerunterlagen zusammen ... Es ist mal wieder einfach zu viel, wie ich an nächtlichen Panikattacken merke. Nur: Nützt ja nichts.

Ohne den Gatten ist das Haus so leer. Wir haben außerdem in diesen Tagen Silberjubiläum, das wir getrennt voneinander feiern müssen. Aber das können wir nachholen, also ist alles gut, wie es ist. Der Gatte überlegt, unseren Hochzeitstagsurlaub zu stornieren, beschloss aber, abzuwarten. Seeluft würde ihm auf jeden Fall gut tun, und ein barrierefreier Strandzugang mit einem Bänkchen wird sich finden.

Als ich Freitag Abend aus dem Krankenhaus kam, dankbar und glücklich, dass der Gatte auch die zweite OP gut überstand, blickte ich in einen zauberhaften Sternenhimmel. Es ist so schön, dass wir hier einen Sternenhimmel sehen können! Das war in Hamburg höchstselten möglich.

Diese Woche war ich in meiner ehemaligen Frauenarztpraxis, nachdem es in der lindgrünen Hölle ja keine Alternative zu der Ärztin gab, mit der ich nicht zurecht kam. Die bisherige Praxis ist eine Gemeinschaftspraxis, und so landete ich bei dem Arzt, bei dem ich schon mal, der der Meinung war, der Horror-Hormon-Tante gehöre die Approbation entzogen. Er findet die Hormon-Ersatztherapie zwar nicht optimal, weil es bei dem gewählten Präparat das Risiko einen Hirn-Tumors gibt, verschreibt sie mir aber weiterhin, weil meine Blutwerte vierteljährlich überwacht werden, man eine Krebserkrankung also rechtzeitig erkennen könnte. Wobei: Angeblich habe ich ja ohnehin seit Jahren Krebs ... Ich übe mich einmal mehr in dem Versuch, gelassen zu bleiben. Die große Hoffnung ist, dass ich zeitnah in die Wechseljahre komme und keine Hormone mehr brauche. Wenn ich allerdings nach meiner Mutter komme, wird das noch einige Jahre dauern. 

Mittwoch war der Tag, an dem die Demokratie zerbrach. Morgens beging der Bundestag eine Feierstunde zur Erinnerung an den 80. Jahrestag der Befreiung des KZ-Auschwitz, ließen sich CDU-Politiker mit #weremember-Schildern vor dem Bundestag fotografieren, und nachmittags bejubelten sie mit Nazis einen im Prinzip völlig irrelevanten Entschließungsantrag (irrelevant, weil nicht umsetzbar). Heuchler galore. Vorgestern scheiterte zwar das CDU-Vorhaben, ein in großen Teilen rechtswidriges Gesetz mithilfe der Nazis durchzubringen, aber die Weichen für eine blau-schwarze oder schwarz-blaue Regierung sind gestellt (und die Gelben würden sich nur zu gerne beteiligen, wenn sie denn wieder in den Bundestag kommen). Es ist erschreckend, wie CDU und FDP eins zu eins AfD-Sprech übernehmen und schamlos lügen, Verbrechen wie Gruppenvergewaltigungen erfinden, um Stimmung zu machen. Die kommenden tausend Jahre werden grauenvoll.

Dass jetzt wieder so viele Menschen auf die Straße gehen, ist schön. Ich bezweifle allerdings, dass es etwas bringt. Der Wille der Politik, die Sorgen der Zivilgesellschaft ernst zunehmen, fehlt. Der Zeitpunkt für ein AfD-Verbot ist vorbei. 

Diese Woche wurden elf Geiseln der Hamas freigelassen, nach 15 Monaten. Die Inszenierungen rund um die Übergabe waren teilweise an Grausamkeit nicht zu überbieten und erinnern an einen Lynchmob. Grausam ist auch, dass das Schicksal von Shiri Bibas und ihren Söhnen Kfir und Ariel weiterhin unklar ist. Absprache war, dass die noch lebenden Frauen und Kinder zuerst freikommen, und dass die Bibas' nicht darunter sind, lässt befürchten, dass sie ermordet wurden. Was für eine Folter für Yarden Bibas, der gestern freigelassen wurde und nicht weiß, was mit Frau und Kindern ist! Bring them home now gilt weiterhin, bis die letzte Geisel befreit ist!

Hier gilt seit mittlerweile 255 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.

Im Büro meldete sich gerade wieder eine Kollegin mit Corona krank. Im Krankenhaus wird gebeten, Maske zu tragen, gibt es zahlreiche Isolationszimmer. Aber Corona ist ja vorbei, und Grippe ist nicht so schlimm.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.